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  • 25.06.2001 12:48

McLaren-Mercedes beschließt Radikalkur

Nach einer Krisensitzung aller Beteiligten steht fest: In allen Bereich besteht dringener Verbesserungsbedarf

(Motorsport-Total.com/dpa) - Der englisch-schwäbische Patient hängt weiterhin am Tropf. Eine Radikalkur soll den schwächelnden Silberpfeilen möglichst schnell wieder auf die Beine helfen. Professor Dr. Jürgen Hubbert kündigte - teilweise schmerzhafte - Eingriffe an Haupt und Gliedern an. "Wir haben in Stunden langen Diskussionen die Sachlage analysiert und uns für Maßnahmen entschieden", erklärte das im Hause DaimlerChrysler auch für die Formel 1 verantwortliche Vorstandsmitglied nach der regelrechten Vorführung der McLaren-Mercedes beim Heimrennen auf dem Nürburgring. Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug räumte ein: "Wir haben Nachholbedarf in allen Bereichen."

Titel-Bild zur News: Newey und Häkkinen

Adrian Newey und Mika Häkkinen lassen alte Stärken vermissen

Der grundlegende Heilungsprozess wurde noch am Sonntagabend nach den Pleiten gleich kommenden Plätzen drei und sechs von David Coulthard bzw. Mika Häkkinen in Gang gesetzt. Laut Hubbert müssen in allen Bereichen Verbesserungen erreicht werden: "Auto, Motor, Reifen, Elektrik, Fahrer, Team." Dieser Rundumschlag soll jedoch keine personellen Konsequenzen haben, sondern in erster Linie strukturelle Veränderungen zur Folge haben. "Ron, Norbert, Mario, David und Mika brennen. Durch neue Gesichter ist das Problem nicht zu lösen", stellte sich der Top-Manager hinter Teamchef Dennis, Haug, Motorchef Illien und die Piloten.

Für Dennis liegt eine Ursache für den derzeit schlappen Zustand in fehlender Harmonie und zu wenig Durchschlagskraft. "Wir haben keinen guten Job gemacht", bilanzierte der Brite nüchtern die erste WM-Halbzeit. "Für konstante Resultate braucht man Harmonie. Wir sind im Moment nicht das Team, das wir waren, und auch nicht das Team, das wir wieder sein werden." Die nervenaufreibende Schlammschlacht um Star-Designer Adrian Newey hat offensichtlich Spuren hinterlassen.

Auch sonst scheint bei den britisch-schwäbischen Perfektionisten menschlich wie sportlich einiges im Argen zu liegen. "Manchmal hat man das beste Material und fährt nicht gut, und manchmal ist es leider umgekehrt", wies Coulthard frustriert auf Defizite hin. Nicht nur Ferrari fährt momentan Kreise um McLaren-Mercedes, auch Williams- BMW rückt immer näher und hatte im direkten Vergleich bei den beiden letzten Grand Prix jeweils deutlich die Nase vorn. "Der Spruch 'Best of the rest' trifft heute zu. Wir hoffen, bald die Leistungen von früher wieder zeigen zu können", sagte der mit 24 Punkten Rückstand auf Michael Schumacher im Titelrennen bereits weit zurückliegende Schotte. "Momentan muss man akzeptieren, dass andere ein besseres Gesamtpaket haben."

Haug pflichtete zähneknirschend bei: "Wir haben als Team die schlechteste Arbeit der Saison abgeliefert. Wir sind zur Zeit nur die dritte Kraft." McLaren-Mercedes sei auf dem Nürburgring nicht in der Lage gewesen, um den Sieg mitzufahren. "Wir müssen schneller werden, um wieder zu gewinnen." Durch Sofortmaßnahmen soll bereits beim nächsten Grand Prix am Sonntag im französischen Magny-Cours Besserung eintreten.

Ob die Operationen den von Beginn an kränkelnden Problemfall noch in dieser Saison ganz auf die Beine bringen, ist fraglich. "Es war von Anfang an erkennbar, dass unser Paket nicht die Sensation war, die wir schon mal hatten", wies Hubbert auf Mängel gegenüber den beiden Titeljahren 1998/99 hin. "Wir wollen um Siege und die WM mitfahren. Ob der Titel dieses Jahr realistisch ist, wird sich zeigen." Auch wenn der "Krankenstand" eher länger dauern dürfte, kann laut Hubbert nicht von "Katastrophe" gesprochen werden. "Es gab schon schwierigere Situationen. Die Welt geht nicht unter, und wir hören nicht auf, Rennen zu fahren", bekräftigte er den Fortbestand der Partnerschaft. Und Dennis garantierte: "Wir werden niemals in Panik verfallen."