McLaren: Kommt die nächste Wunderwaffe?

McLaren-Chefingenieur Goss kündigt an, dass auch das neue Reglement Nischen birgt und schildert, welche Hürden das F-Schacht-System überwinden musste

(Motorsport-Total.com) - 2010 musste sich McLaren trotz eines verheißungsvollen Saisonstarts und des genialen F-Schacht-Systems mit den Plätzen vier und fünf in der Fahrer-WM begnügen. Damit landetem Lewis Hamilton und Jenson Button im WM-Fünfkampf klar auf den Verliererplätzen. Doch diese Niederlage ist in Woking längst abgehakt: Die Truppe von Martin Whitmarsh möchte nächstes Jahr zurückschlagen und sagt Red Bull den Kampf an.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner beäugte den McLaren-Boliden

Dass Chefingenieur Tim Goss und Chefaerodynamiker Doug McKiernan gestern Abend bei den Autosport-Awards für die Erfindung des F-Schachts mit dem Preis für Innovation und Pionierarbeit ausgezeichnet wurden, kann der Motivation nur zuträglich sein. Während Red-Bull-Designgenie Adrian Newey bereits klagte, dass das neue Reglement die Möglichkeiten für Innovationen einschränken, ist Goss gegenüber 'Autosport' anderer Ansicht: "Es gibt immer noch diese Nischen. Es gibt im Reglement immer Platz für Innovationen - genau darum geht es doch, wenn man ein Auto baut, das die Weltmeisterschaft gewinnen soll."

Wo man bei McLaren diesmal seine Innovationskraft einsetzt, will er nicht verraten: "Es sieht sehr gut aus. Wir können derzeit nicht viel verraten, aber Doug (McKiernan, Anm.) und sein Team haben großartige Arbeit geleistet und die aerodynamische Plattform für das Auto errichtet."

FIA wusste von Anfang an Bescheid

Dieses Auto wird wohl auch nächstes Jahr von der Konkurrenz mit besonderem Interesse beäugt werden. Schon 2010 setzte man das F-Schacht-System bei den Wintertestfahrten ein - lange blieb die McLaren-Innovation für viele ein Mysterium. "Vielleicht haben einige der anderen Teams und ein paar Aerodynamiker erkannt, was hier los ist, doch die Motorsport-Presse hat bis zum ersten Rennen nicht wirklich durchgeblickt", erinnert sich Goss. Für ihn war es eine Überraschung, dass man so lange im Dunkeln tappte: "Als wir das Auto präsentierten, dachte ich, dass es ziemlich offensichtlich ist."

"Die Motorsport-Presse hat bis zum ersten Rennen beim F-Schacht nicht wirklich durchgeblickt." Tim Goss

Er bedankt sich für die faire Zusammenarbeit mit der FIA: "Mein Kompliment geht an Charlie Whiting und die FIA, die uns nicht den Rücken zugedreht haben. Sie hörten sich die Argumente an, glaubten uns und ließen uns arbeiten. Sie wussten komplett Bescheid, bevor wir damit antraten." Doch auch teamintern musste man für die Idee erst einmal Überzeugungsarbeit leisten, ehe sie von allen mitgetragen wurde.

Wie man den F-Schacht teamintern durchsetzte

"Das war viel harte Arbeit", blickt Goss zurück. "Wir hatten eine verrückte Idee. Um so etwas umsetzen zu können, benötigst du Menschen, die an die Aerodynamiker glauben. Aerodynamiker kommen öfter mit einer Idee daher, die ziemlich blöd wirkt. Und wenn einer sagt, 'Wir werden den Fahrer verwenden, um beim Heckflügel irgendwie einen Strömungsabriss zu verursachen', dann wird es viele Zweifler geben."

Wie man diesen Zweiflern gegenübertrat? "Man muss Argumente sammeln, die besagen, dass es legal ist, dass es das Auto schneller macht, dass wir es hinkriegen und dass es Zeit, Aufwand und Ressourcen rechtfertigt, die dafür benötigt werden. Wir mussten einen ganzen Haufen Aerodynamikentwicklung und Ingenieursarbeit abschütteln, um etwas umzusetzen, das damals bloß aus einer Idee und ein paar Zeichnungen bestand."

Chefaerodynamiker McKiernan ist ähnlicher Ansicht: "Es ist für einen Aerodynamiker leicht, eine Idee umzusetzen. Doch man benötigt das Vertrauen der gesamten Organisation, denn es kostet hunderte und tausende von Pfund, um etwas dann wirklich am Auto einzusetzen."

"Aerodynamiker kommen öfter mit einer Idee daher, die ziemlich blöd wirkt." Tim Goss