Marko verteidigt Vettel: "Hätte zwei Rennen gewinnen können"

Warum Red Bulls Motorsportkonsulent Helmut Marko findet, dass Sebastian Vettel von den Medien zu viel kritisiert wird und wieso er den WM-Titel 2014 nicht abschreibt

(Motorsport-Total.com) - Für Sebastian Vettel platzte in Singapur nach einer langen Durststrecke endlich der Knoten: Der vierfache Weltmeister sammelte erstmals in dieser Saison Führungskilometer, setzte sich gegen seinen Teamkollegen Daniel Ricciardo durch und wurde schließlich Zweiter - und das trotz Magenkrämpfen. Platz eins wäre wegen der Mercedes-Übermacht ohnehin außer Reichweite gewesen.

Titel-Bild zur News: Helmut Marko, Sebastian Vettel

Helmut Marko findet, dass Schützling Sebastian Vettel 2014 Unrecht getan wird Zoom

Dabei hatte das Wochenende auch diesmal nicht gut angefangen: Der Red-Bull-Pilot erlitt am Freitag einen Defekt an der Antriebseinheit und musste - wieder einmal - zuschauen. Motorsportkonsulent Helmut Marko kann es noch immer nicht fassen. "So etwas ist uns noch nie vorher passiert - und es passiert immer bei Seb!", wundert er sich gegenüber 'Formula1.com'. Auch Lotus, Caterham und Toro Rosso hätten mit der Antriebseinheit Probleme, "aber dort passiert es bei beiden Fahrern, bei uns immer nur bei Seb!".

Trotz allem sind die technischen Probleme nicht der einzige Grund, warum Vettel dieses Jahr im Schatten von Teamkollege Daniel Ricciardo steht. Der "Aussie" führt auch in der Qualifying-Bilanz mit 8:6 - in den Rennen war er meist auch dann schneller, wenn Vettel mal vom Defektteufel verschont blieb.

Berichterstattung über Vettel für Marko "erschütternd"

Hätte Ricciardo also nicht drei Mal triumphiert, würde Red Bull 2014 vermutlich noch ohne Sieg dastehen. Ein Armutszeugnis für das Weltmeisterteam der vergangenen Jahre? "Ich bin nicht ganz dieser Meinung", widerspricht Marko. Und nennt Beispiele, wo nur unglückliche Umstände einen Vettel-Sieg verhindert haben: "In Kanada hatten beide die Chance zu gewinnen, und in Budapest war es ähnlich, aber da hat ihm das Safety-Car Seb geschadet. Bei beiden Rennen hatten beide den gleichen Speed, aber wegen Umständen außerhalb unseres Einflussbereichs endeten beide Rennen zu Sebs Nachteil."

Dementsprechend locker nimmt man es laut dem Österreicher bei Red Bull, dass Vettel nicht gewohnt von Sieg zu Sieg eilt, obwohl er deutlich mehr verdient als die anderen Piloten des Kaders: "Klar hatte Sebastian eine etwas schwierige Zeit, zumal auf der anderen Seite der Garage alles viel glatter lief." Für Unruhe würden aber nur die Medien sorgen: "Teilweise war es erschütternd, was für Müll geschrieben wurde."

"Teilweise war es erschütternd, was für Müll geschrieben wurde." Helmut Marko

Und so tauchten immer wieder Spekulationen auf, Vettel könnte das Team verlassen und wäre bei Red Bull nicht mehr glücklich. Eben erst hat der 27-Jährige dementiert, dass er 2015 zu Ferrari wechselt, obwohl er noch einen Vertrag bis Ende 2015 besitzt. "Ich weiß gar nicht mehr, mit welchem Team er jetzt in Verbindung gebracht wird", lacht Marko. "Das ändert sich ja täglich. Es ist wirklich schwer, da immer auf dem Laufenden zu bleiben."

Marko glaubt an WM-Chance

Bleibt die Frage, was in der aktuellen Saison bei Red Bull noch möglich ist. Will man dieses Jahr das vermeintlich Unmögliche probieren und versuchen, Mercedes doch noch abzufangen, oder konzentriert man sich voll auf 2015? "Wir wollen Platz zwei in der Konstrukteurs-WM verteidigen", blickt Marko auf die Verfolger Williams und Ferrari. "Williams ist eindeutig gefährlich."

Doch auch den Fahrer-Titel hat Marko nach wie vor im Visier: "Ob man es glaubt oder nicht, aber wir haben die Fahrer-WM noch nicht aufgegeben. Durch die doppelten Punkte in Abu Dhabi ist alles möglich." Während die Regelung nach ihrer Erfindung im Vorjahr noch als Maßnahme gegen einen erneuten Red-Bull-Durchmarsch wahrgenommen wurde, "sind wir jetzt klar dafür", lacht Marko. "Sollten wir aber dadurch Platz zwei in der Konstrukteurs-WM verlieren, dann werden wir sie verwünschen."

"Durch die doppelten Punkte in Abu Dhabi ist alles möglich." Helmut Marko