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  • 19.10.2018 15:23

  • von Sven Haidinger & Jonathan Noble

Magnussen lässt Leclerc-Kritik nach Auffahrunfall kalt: "So fahre ich halt"

Wieso Kevin Magnussen die Kritik nach Charles Leclercs Suzuka-Auffahrunfall "nicht juckt" und wie er den Vorwurf abtut, ihm bewusst vors Auto gefahren zu sein

(Motorsport-Total.com) - Auch zwei Wochen nach der Kollision in Suzuka, für die Kevin Magnussen auch von 'Motorsport-Total.com'-Experte Marc Surer heftig kritisiert wurde, ist Charles Leclerc immer noch sauer auf den Dänen. Und Magnussen, der mit einem Zucker nach rechts den Sauber-Piloten auflaufen ließ, ist sich weiterhin keiner Schuld bewusst. "So fahre ich halt", erklärt Magnussen seine Herangehensweise. "Ich versuche, in allen Bereichen ans Limit zu gehen. Im Büro, im Fitnessstudio. Und das kommt dabei raus. Fühlt sich für mich natürlich an."

Titel-Bild zur News: Kevin Magnussen

Kevin Magnussen hält die heftige Kritik nach Suzuka für "Kleinkram" Zoom

Ob er überrascht sei, dass der Zwischenfall so hohe Wellen schlug? "Ich bin nicht überrascht, dass darüber geredet wird", gibt sich der 26-Jährige, der bereits mit zahlreichen Fahrern aneinander geriet und sich den Ruf des "Bad Boy" erarbeitet hat, betont cool. "Daran habe ich mich gewöhnt. Ist halt so. Ich will keiner sein, den man einfach so überholen kann. Und das werde ich auch nie sein."

Und auch der Vorwurf, er habe seinen Haas-Boliden bewusst im letzten Moment vor dem mit Tempo-Überschuss herannahenden Sauber positioniert, lässt er nicht gelten. "Ich konnte ihn sehen", gibt er zu. "Aber er ist da noch nicht nach rechts gezogen. Erst im letzten Moment. Wir haben uns fast zeitgleich bewegt." Es sei einfach Pech gewesen, "dass wir genau den gleichen Gedanken hatten. Wenn wir uns ungleich schnell bewegt hätten, wären wir wahrscheinlich nicht kollidiert. Aber so bewegten wir uns genau gleichzeitig."

Magnussen bezeichnet Kritik nach Suzuka als "Kleinkram"

Während Magnussens Manöver im Fahrerlager viel Staub aufwirbelte und auch in Austin noch ein Gesprächsthema ist, hat der Däne mit der Sache laut eigenen Angaben abgeschlossen. "Ich habe mir zwar das Replay angesehen, aber ich habe schon vor langer Zeit entschieden, dass ich mich auf solchen Kleinkram nicht mehr einlasse", deutet er an, dass die Sache künstlich hochgespielt werde. "Die ganzen Kommentare und Analysen sind halt da, aber sie jucken mich nicht."

Der Zwischenfall nerve ihn ausschließlich, weil er wegen der Folgeschäden - Magnussen musste fast eine Runde mit einem zerstörten linken Hinterreifen absolvieren - aus dem Rennen gerissen wurde und so um wertvolle Punkte im Kampf um Platz vier in der Konstrukteurs-WM kam.

Dazu kommt, dass er sich vom Urteil der Rennkommissare, die von einer Strafe absahen, bestätigt fühlt: "Ich stimme zu, dass es ein Rennunfall war. Ich bin froh, dass die Kommissare das genauso gesehen haben." Leclerc habe definitiv keine Schuld. "Ich habe schon oft erlebt, dass man sich in solchen Situationen um Millimeter verpasst, jetzt ist halt mal was passiert."

Kevin Magnussen

Magnussens linker Hinterreifen wurde bei der Kollision mit Leclerc aufgeschlitzt Zoom

Magnussen lobt Rennkommissare: "Werden immer besser"

Auch wenn Magnussen die Angelegenheit gerne zu den Akten legen würde, wird er sich noch einmal damit auseinandersetzen müssen, denn Leclerc will darüber beim Fahrerbriefing mit FIA-Rennleiter Charlie Whiting sprechen. Wenn es erlaubt sei, unmittelbar vor einem Konkurrenten in einem abrupten Manöver die Spur zu wechseln, dann werde er es in Zukunft auch so handhaben, droht der Monegasse, auch wenn er dies für "falsch" hält.

Und Experte Surer glaubt sogar, dass die Rennkommissare Magnussen in Suzuka davonkommen ließen, weil sie Sebastian Vettel bereits in Sotschi ein ähnliches Manöver gegen Lewis Hamilton durchgehen ließen: "Damit keiner denkt: Die Kleinen hängt man auf, die Großen lässt man laufen..."

Während der Schweizer in beiden Fällen von "nicht ganz sauberen" Urteilen spricht, sieht Magnussen klare Fortschritte bei den Entscheidungen der Rennkommissare: "Sie werden immer besser darin, diese Dinge zu analysieren. Früher hätten sie wahrscheinlich das Bedürfnis gehabt, einem die Schuld zu geben. Ich finde, es wird besser, wie sie sich in die Details reinfuchsen."

Teamchef Steiner verteidigt Magnussen

Das gelte auch für den umstrittenen Zwischenfall zwischen Vettel und Hamilton in Russland: "Das haben sie auch auf sich beruhen lassen, und das sehe ich genauso. Natürlich sollten sie es sich ansehen, aber sie haben die richtige Entscheidung getroffen. Keiner von beiden hat etwas falsch gemacht."

Eine wenig überraschende Ansicht des Dänen. Aber wie sieht eigentlich sein Teamchef Günther Steiner die Kollision mit Leclerc? Kann er nachvollziehen, dass der Sauber-Pilot nach wie vor der Ansicht ist, dass sein Pilot eine Strafe verdient hätte? "Ich kann verstehen, dass er das so sieht", antwortet der Südtiroler. "Charles ist ein toller Fahrer, aber er hat gesagt, es war ein Verstappen-Manöver. Das war es nicht. Es war nicht einmal in der Bremszone."

Kevin Magnussen, Günther Steiner

Günther Steiner spricht seinen Piloten Magnussen von jeglicher Schuld frei Zoom

Stattdessen habe Magnussen nur seine Position verteidigt, findet Steiner. "Manchmal scheinen die Jungs zu erwarten, dass ihnen alle Platz machen, wenn sie glauben, dass sie schneller sind. Lächerlich! Ich finde, Charles hätte den Zwischenfall genauso verhindern können wie Kevin. Mit dem Unterschied: Er ist der, der von hinten gekommen ist."

Sein Pilot sei nicht nach rechts gezogen, um Leclerc auflaufen zu lassen, sondern "um seine Position zu verteidigen", ortet der Haas-Teamchef ein Missverständnis. Und hält es für eine gute Sache, dass die Angelegenheit beim Fahrerbriefing zur Sprache kommt: "Charlie wird erklären, warum sie es so gesehen haben. Aber Kevin trifft meiner Meinung nach keine Schuld."