London-Meeting: Jetzt hängt alles von Ferrari ab

Die Folgen des Meetings von London und warum Ferrari trotz Abwesenheit weiterhin eine absolute Schlüsselrolle spielt

(Motorsport-Total.com) - Wegen angeblicher persönlicher Gründe sind die Ferrari-Granden Jean Todt und Ross Brawn dem gestrigen Meeting der anderen neun Formel-1-Teams in London fern geblieben. Dennoch spielt der italienische Rennstall in der Diskussion um Änderungen des Reglements weiterhin eine entscheidende Rolle.

Titel-Bild zur News: Ross Brawn und Jean Todt

Die Herren Brawn und Todt haben vieles in der Hand, was 2005 angeht

Davon, dass Ferrari in die Isolation getrieben wurde, kann jedenfalls keine Rede sein: "Wir hoffen, dass Ferrari auch noch auf den Zug aufspringt", appellierte Bernie Ecclestone gestern friedlich in Richtung Maranello. Und im Gegensatz zum ersten Meeting in Brasilien wurden auch an das Weltmeisterteam Einladungen geschickt. Diesmal lehnten jedoch Todt und Brawn selbst ein Kommen ab - weil sie aus persönlichen Gründen verhindert waren, wie es offiziell heißt.#w1#

Ohne Ferrari sind nur freiwillige Änderungen für 2005 möglich

Die Beschlüsse von gestern werden nun an Ferrari weitergereicht. Vor allem geht es um die vereinbarte Testbeschränkung auf 24 Tage während der Rennsaison, die die anderen neun Teams nur auf freiwilliger Basis durchziehen können, weil für so kurzfristige Regeländerungen einheitliche Zustimmung notwendig ist. Sprich: Sollte Ferrari sein Veto einlegen, würden neun Teams nur 24 Tage testen dürfen, während sich Ferrari darüber problemlos hinwegsetzen könnte.

McLaren-Boss Ron Dennis hat bestätigt, dass es mit oder ohne Ferrari bei den 24 Tagen bleiben wird: "Wir ziehen das zur Not alleine durch", erklärte er gegenüber 'Autosport'. "Natürlich würden wir sie am liebsten von unseren Ansichten überzeugen, aber die Absicht ist, es mit oder ohne Ferrari so zu machen. Ferrari könnte theoretisch unlimitiert testen, aber jeder würde daraus seine eigenen Schlüsse ziehen. Wir sind jedenfalls bestrebt, den bestmöglichen ökonomischen Weg zu finden."

Ferrari soll mit Druck zur Einwilligung gezwungen werden

Die Strategie der neun Teams von London ist klar: Auch wenn man Ferrari wegen der erforderlichen Einstimmigkeit die Beschränkung auf 24 Testtage für 2005 nicht mehr aufzwingen kann, will man so starken öffentlichen Druck auf Maranello ausüben, dass Todt mehr oder weniger zustimmen muss. Würde Ferrari nächstes Jahr weiterhin Seriensiege feiern, ohne sich an die Testbeschränkung zu halten, könnten die anderen Teams und vor allem die Medien den Erfolg als unsportlich darstellen.

Aufgrund der Affäre um Ferrari in Zusammenhang mit der jüngsten Initiative der Teams wurde gestern ebenfalls angedacht, die im Concorde Agreement verankerte Einstimmigkeits-Klausel zu streichen. Fast alle Teams sind dafür, dass auch Mehrheitsbeschlüsse möglich sein sollen - die Rede ist von 70 oder 80 Prozent minimaler Zustimmung. Dies würde Ferraris Position natürlich schwächen. Kurios nur: Ohne Einstimmigkeit aller Teams kann der Passus nicht fallen...

Was die beiden zusätzlichen Rennen in Silverstone und Magny-Cours angeht, für die unter den Teams eine Abgeltung von knapp 45 Millionen Euro aufgeteilt werden soll, steht kein Veto seitens Ferrari zu befürchten. Auch Ecclestone ist sich sicher, dass man sich um Silverstone "keine Sorgen" machen muss: "Darum werden wir uns kümmern. Das Wichtigste war, die Teams dazu zu bekommen, 19 Rennen zu akzeptieren. Ich muss sagen, sie waren diesbezüglich wunderbar."

Silverstone nun in den Händen von Ecclestone und des 'BRDC'

Das Schicksal des Grand Prix' von Großbritannien hängt nun nur noch von den Verhandlungen zwischen Ecclestones 'FOM' und den Streckeneigentümern vom 'BRDC' ab. Neben finanziellen Diskrepanzen sind dabei auch noch auseinander gehende Meinungen über die Laufzeit des Vertrags auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Dennoch: Die Weichen für ein Formel-1-Rennen auf dem britischen Traditionskurs sind gestellt.

Aber: "Wir wurden noch nicht über ein offizielles Angebot seitens der 'FOM' informiert", hieß es gestern Abend in einem 'BRDC'-Statement. "Sollte es jedoch ein neues Angebot zur Rettung des Rennens für 2005 geben, welches finanziell, für den Sport, für die Industrie, für uns und vor allem für die lokale Wirtschaft Sinn macht, dann würde der Vorstand des 'BRDC' ein solches sicher ernsthaft in Erwägung ziehen."