Lewis Hamilton nach P6: "Das Auto ist ein Albtraum!"

Wie die Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton und George Russell ihr Abschneiden im Formel-1-Qualifying in Mexiko einordnen und ihre Ergebnisse begründen

(Motorsport-Total.com) - Mercedes schien mit P1 und P3 im zweiten Abschnitt des Formel-1-Qualifyings zum Mexiko-Grand-Prix 2023 auf eine Sensation gepolt zu sein. Doch die Sensation blieb aus: Statt in Q1 um die Poleposition zu kämpfen, blieben Lewis Hamilton und George Russell auf einmal deutlich hinter der Bestzeit zurück. Aber warum eigentlich?

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton im Mercedes W14 beim Formel-1-Training in Mexiko 2023

Lewis Hamilton im Mercedes W14 beim Formel-1-Training in Mexiko 2023 Zoom

Dazu meint Hamilton schlicht: "Wir sind einfach nicht so schnell." Und der Mercedes W14 verhalte sich in Mexiko bislang "nicht so toll" und "so wie immer in diesem Jahr".

Und Hamilton wird noch deutlicher: "Es ist nicht anders als bei anderen Rennen. Austin war ein Ausreißer für uns, aber jetzt ist das Auto wieder so wie sonst. Ich kämpfe schon das ganze Wochenende damit. Es zu fahren, das ist ein Albtraum. Dem Auto schmeckt diese Strecke einfach nicht."

Was auch bedeuten könnte, dass Hamiltons Vorteil in Austin durch die geringere Bodenfreiheit seines Fahrzeugs doch größer war als er es bisher zugegeben hat. Zumindest könnte es ein Faktor dabei gewesen sein, was das Wochenende dort für Mercedes zum "Ausreißer" gemacht hat.

In Mexiko aber verhält sich der W14 vor allem "zickig" und sei "ziemlich spitz", meint Hamilton. "Manchmal funktioniert das Auto, manchmal nicht. Ich war einfach nicht dazu in der Lage, mehr rauszuholen. Wenn es perfekt gelaufen wäre, hätte ich vielleicht P5 belegen können, aber mehr nicht."

Es wurde Platz sechs mit 1:17.454 Minuten, fast drei Zehntelsekunden hinter der Spitze und zwei Positionen vor Teamkollege Russell, der mit 1:17.674 Minuten knapp über eine halbe Sekunde zurücklag.

Die Datenanalyse der Mercedes-Fahrer

Wo die Mercedes-Fahrer am meisten Zeit einbüßten? Das zeigt die Datenanalyse von F1 Tempo: Jeweils am Ende der Geraden zogen die schnelleren Autos davon. Und am meisten Rückstand handelte sich zumindest Hamilton in der zweiten Schikane ein, wo allein sechs Zehntel verloren gingen, die er im weiteren Verlauf der Runde nicht mehr komplett wettmachen konnten.

Und noch etwas fällt auf: Im Vergleich zu Ferrari-Fahrer Charles Leclerc auf der Poleposition büßt Hamilton in den langsamen Passagen am meisten an Boden ein, genau wie Carlos Sainz und Max Verstappen als die beiden besten Leclerc-Verfolger.

Russell wiederum macht exakt in der zweiten Schikane am meisten gut auf Hamilton und liegt zu diesem Zeitpunkt der Runde virtuell vorne. Bis zum Eingang der Stadion-Passage bei Kurve 13 aber hat Hamilton die Sache um zwei Zehntel zu seinen Gunsten gedreht und distanziert Russell auch ausgangs der Zielkurve nochmals.

Warum Mercedes nicht mithalten konnte

Womit wir bei der Frage wären, weshalb Mercedes in Q3 auf einmal nicht mehr mithalten konnte, wo es doch im dritten Freien Training noch tonangebend gewesen war. "Da hatten wir gedacht, wir kämpfen im Qualifying um die ersten beiden Startreihen und im Rennen um ein Podium", räumt Russell ein. Von P6 und P8 kommend aber stehe seinem Team nun ein "anspruchsvoller Renntag" ins Haus.

Auch Russell schiebt das auf den W14 und dessen Verhalten auf der Rennstrecke: "Im dritten Freien Training waren wir am schnellsten und hatten wirklich gute Pace. Aber in Q1 hatte ich dann keinen Grip und wir waren weit weg. In Q2 fühlte sich das Auto wieder normal an und wir waren schnell. Und in Q3 passierte genau das gleiche erneut."

Mercedes-Teamchef Toto Wolff macht das im Gespräch bei Sky an den Pirelli-Reifen fest und meint: "Es ging nur darum, die Aufwärmrunden zwei, drei Sekunden langsamer oder schneller zu fahren, und am Ende steht eine ordentliche Rundenzeit. Das kann man schier nicht kalkulieren, die Reifen sind so fragil. Und wer es auf den Punkt bringt, ist schnell."


Ferrari habe das "aus dem Nichts kommend" besser umgesetzt als Mercedes, sagt Wolff. "Beide [Ferrari-Fahrer] hatten einen fantastischen ersten Sektor, weil sie die Aufwärmrunde auf den Punkt gebracht haben. Wir waren da wohl etwas zu langsam unterwegs, mit ein bisschen zu kalten Reifen. Deshalb kamen die Zeiten nicht." Es sei "einfach schwierig, den Sweet-Spot zu finden", betont Wolff.

Letzte Änderungen bei Mercedes noch im Qualifying

Dabei hatte Mercedes laut Hamilton nichts unversucht gelassen und im Qualifying noch einmal "eine Änderung vorgenommen". Welche genau, dazu schweigt sich Hamilton aus. Er meint nur: "Ich dachte, damit wäre das Auto angenehmer zu fahren. Ich war damit auch viel zufriedener und wünschte, wir hätten das schon zum dritten Freien Training gemacht. Aber nur die zweite Runde in Q2 war gut."

Dieses Auf und Ab von Mercedes im Qualifying erklärt sich Russell so: "Es geht darum, wie der Reifen interagiert, es geht um die Aufwärmrunde. Wie die Temperatur in den Reifen kommt. Da findest du das extra bisschen Leistung. Genauso schnell kann die Leistung aber fallen, wenn du über das Limit gelangst."

"Entweder du findest genau das Limit und kriegst eine super Leistung, oder du fällst ab und hast keine Leistung. Aber wir müssen anerkennen: Wir haben es nicht richtig hingekriegt und damit unser komplettes Wochenende beeinträchtigt. Das ist schon ziemlich frustrierend."

Andrew Shovlin als leitender Mercedes-Ingenieur an der Rennstrecke schließt sich diesem Urteil an und hält das Qualifying-Resultat für "enttäuschend", nachdem sein Team am Freitag noch "gute Fortschritte" erzielt hatte. "Wir waren aber nicht schnell genug, als es darauf ankam."

Hamilton hat "nicht viel" Hoffnung für das Rennen

Deshalb geht Hamilton auch von einem "Kampf" im Rennen aus. Er habe "nicht viel" Hoffnung. Tenor: "Mit diesem Auto wird es nicht einfach."

Erschwerend kommt laut Shovlin hinzu, dass die jüngsten Änderungen am W14 die Longrun-Daten vom Freitag als "nicht besonders aussagekräftig" erscheinen lassen. "Hoffentlich haben wir die Pace verbessert", sagt er. Generell aber sei es "sehr schwierig vorherzusagen, wie sich das Rennen entwickeln wird".

Deshalb gibt Teamchef Wolff nur "das einzige Ziel" aus: "Von unseren Startpositionen [aus] nach vorne zu kommen."