Lawson mit aggressiver Fahrweise: Fluch oder Segen für seine Formel-1-Karriere?

Liam Lawson fällt in der Formel 1 mit seiner aggressiven Fahrweise auf - Zahlt sich dieser kompromisslose Stil aus oder fällt ihm das Zweikampfverhalten auf die Füße?

(Motorsport-Total.com) - Liam Lawson hat sich in der Formel 1 den Ruf eines ausgesprochen aggressiven Fahrers erarbeitet. Beim Großen Preis von Spanien wurde deutlich, dass sein markanter Stil keineswegs an Schärfe eingebüßt hat. Nun stellt sich die Frage: Kommt ihm diese kompromisslose Fahrweise zugute oder steht sie ihm inzwischen eher im Weg?

Titel-Bild zur News: Liam Lawson ist für seine aggressive Fahrweise im Zweikampf bekannt

Liam Lawson ist für seine aggressive Fahrweise im Zweikampf bekannt Zoom

Sicher ist: Der 23-jährige Neuseeländer ist für seine entschlossene, teils ungestüme Art auf der Strecke bereits bekannt. Schon in der vergangenen Saison, als er die letzten sechs Rennen für Racing Bulls bestreiten durfte, machte er nicht nur durch seine Leistungen, sondern auch durch hitzige Zweikämpfe auf sich aufmerksam.

In Austin zog er sich den Unmut von Fernando Alonso zu, eine Woche später legte er sich in Mexiko mit Sergio Perez an - ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, als beide um das Red-Bull-Cockpit für 2025 konkurrierten. Beobachter glauben: Gerade diese Aggressivität dürfte Lawson auf den Radar von Red Bull und damit in das Perez-Cockpit gebracht haben.

Racing Bulls zahlt den Preis für Lawsons Fahrweise

Der erhoffte Durchbruch blieb jedoch aus. Nach zwei enttäuschenden Rennen musste er sein Red-Bull-Abenteuer beenden und kehrte zu Racing Bulls zurück, weiterhin mit dem Messer zwischen den Zähnen. In Bahrain kassierte er zwei Zeitstrafen wegen Kollisionen mit Lance Stroll und Nico Hülkenberg.

Auch im Miami-Sprint kostete ihn ein Zwischenfall mit Alonso wertvolle Punkte. Die erneute Strafe erhöhte sein Konto auf insgesamt sechs Strafpunkte. Eine weitere Strafe erhielt er in Dschidda, weil er beim Überholen von Jack Doohan die Strecke verlassen hatte.

Nach dem Rennen in Miami räumte Teamchef Laurent Mekies gegenüber Motorsport.com, einer Schwesterplattform von Motorsport-Total.com im Motorsport Network, ein, dass Lawsons Aggressivität zwar ein Teil seines Naturells sei, das Team aber inzwischen auch den Preis dafür bezahle.

Lawson fährt aggressiv, und macht den ein oder anderen Fehler

Lawson fährt aggressiv, und macht den ein oder anderen Fehler Zoom

"Wir kommen aus einer Phase, in der die Ellbogenmentalität mehr Nachteile als Vorteile gebracht hat", so Mekies. "Als er zu uns zurückkam, waren wir eigentlich froh, ihn kämpferisch durch das Feld fahren zu sehen. Gut, er bekam eine Strafe, aber er wollte wieder auf die Beine kommen und seinen Kampfgeist zurückgewinnen. Insofern war es gut, dass wir mit dieser Haltung einen Neustart machen konnten."

Teamchef Mekies: "Müssen wir vielleicht etwas zügeln"

Allerdings gestand Mekies auch ein: "Inzwischen zahlen wir vielleicht ein wenig den Preis, wie in Miami, wo er von P14 auf P7 vorfuhr. Die Strafe für den Kontakt mit Alonso war schmerzhaft. Wir waren froh über seinen Kampfgeist, aber jetzt müssen wir diesen vielleicht etwas zügeln."

Beim Großen Preis von Spanien ließ Lawson davon allerdings wenig erkennen. Schon beim Start kam es erneut zu einem Kontakt mit Alonso, später duellierte er sich wild mit Haas-Pilot Oliver Bearman. Beide Szenen blieben ungeahndet. Hinzu kam ein Zwischenfall mit Alex Albon in der ersten Kurve.

Zunächst drängte Lawson den Williams-Fahrer mit einem späten Manöver innen von der Strecke, ehe er ihn außen mit einem sauberen Überholmanöver passierte. Als Albon versuchte zu kontern, kam er zur Berührung und einem Schaden beim Williams-Fahrer.

Wegen Defekten: Lawson muss mehr Risiko gehen

Mit seiner kompromisslosen Art hat sich Lawson in seinen ersten 20 Formel-1-Rennen nicht viele Freunde gemacht. Er selbst stellt jedoch klar, dass er an seinem Stil nicht rütteln werde, schließlich sei es gerade diese Herangehensweise gewesen, die ihn in die Königsklasse und ins Blickfeld von Red Bull gebracht habe.


Fotostrecke: Die kontroversesten Formel-1-Kollisionen

"Meine Einstellung zum Rennfahren und wie ich ein Formel-1-Rennen angehe, wird sich nicht ändern - so werde ich immer sein", sagte Lawson Ende vergangenen Jahres gegenüber Motorsport.com. "Aber natürlich lerne ich aus Fehlern, wenn ich sie mache."

Zudem zwingen ihn auch äußere, unverschuldete Umstände dazu, Risiken einzugehen. Im teaminternen Duell mit dem aufstrebenden Isack Hadjar kam Lawson mehrfach durch technische Probleme im Qualifying, etwa in Bahrain und Miami, unter Zugzwang.

In einem engen Mittelfeld bedeutete das regelmäßig Startplätze außerhalb der Punkteränge, verbunden mit der Notwendigkeit, sich am Sonntag nach vorne zu arbeiten. Weil der Racing Bulls auf den Geraden nicht zu den schnellsten gehört, bleibt ihm dabei oft nur die Option, aus der Distanz zu attackieren.

Lawson hat sich stabilisiert - und holt Punkte

Ein Stilmittel, das durch die aktuellen Überholrichtlinien sogar begünstigt wird, solange ein Fahrer am Scheitelpunkt der Kurve vorne liegt. Und dass dieser Stil Erfolg haben kann, zeigte sich in Barcelona: Nur ein spätes Safety-Car raubte Lawson die Chance, Alonso hinter sich zu halten und zum zweiten Mal in Folge Punkte einzufahren.

Seine kämpferische Leistung blieb im Team nicht unbemerkt. "Am Ende des Tages mag ich echte Rennfahrer", sagte Racing-Bulls-CEO Peter Bayer nach dem Rennen zu Motorsport.com. "Wenn sich eine Lücke auftut, sollten sie sie nutzen."

Isack Hadjar (Racing Bulls VCARB 02) beim Formel-1-Rennen in Imola 2025

Racing Bulls steht unter Druck, denn die Konkurrenz verbessert sich Zoom

"Aber beide Fahrer haben es sauber und fair gehalten, damit bin ich zufrieden." Und zumindest ist erkennbar, dass Lawson - nach der schwierigen Zeit bei Red Bull und ohne jegliche Tests im Racing-Bulls-Auto - nun wieder konstantere Rennwochenenden mit seinem Team zusammenbringt.

Das wird entscheidend sein, wenn er sich gegenüber Hadjar behaupten und Racing Bulls im engen Mittelfeldkampf gegen Williams, Haas und Alpine unterstützen will. Zumal sich Teams wie Aston Martin und Sauber zuletzt mit technischen Updates spürbar verbessert haben.

"Es wird bis zum Saisonende sehr eng bleiben", prognostiziert Bayer. "Sauber hat zehn Punkte geholt, wir liegen jetzt zwei Punkte vor Haas. Das wird ein harter Kampf, aber wir sind wieder an der Spitze des Mittelfelds angekommen. Jetzt kommen viele Strecken, die Isack nicht kennt - aber bislang scheint ihn das nicht sonderlich zu stören. Es wird ein gutes Jahr."