• 12.06.2025 13:37

  • von Andre Wiegold, Übersetzung: Stuart Codling

Läuft die Zeit ab? Darum muss Colapinto um seine Formel-1-Karriere bangen

Eigentlich gibt es bei Alpine für Franco Colapinto kein Limit, das sagte zumindest Flavio Briatore - Doch der Argentinier ist dazu verdammt, gute Leistungen zu zeigen

(Motorsport-Total.com) - Alpine-Teamchef Flavio Briatore hatte ursprünglich erklärt, es gebe "kein festes Limit" für die Anzahl an Rennen, die Franco Colapinto für das Team bestreiten werde - nach drei enttäuschenden Grand Prix klingt er jedoch längst nicht mehr so überzeugt.

Titel-Bild zur News: Franco Colapinto

Franco Colapinto muss in nahe Zukunft bessere Leistungen erzielen Zoom

"Setz dich lange genug ans Ufer eines Flusses", heißt es in einem Sprichwort, das oft fälschlicherweise Sun Tzu zugeschrieben wird, "und du wirst die Leichen deiner Feinde an dir vorbeischwimmen sehen."

Eine Konstante gibt es bei Alpine: die permanente Unsicherheit. So viele Führungskräfte wurden in den vergangenen Jahren eingestellt und wieder entlassen, dass man sich fragt, ob die Tinte mit ihren Namen und Jobtiteln überhaupt Zeit hatte, zu trocknen.

Cockpit ein heißer Sitz

Die Reise nach Jerusalem betrifft mittlerweile auch das Cockpit. Jack Doohan musste nach dem Grand Prix von Miami Platz machen - Franco Colapinto übernahm. In der offiziellen Mitteilung war zunächst von einem Fünf-Rennen-Einsatz die Rede, doch diese Klarheit verpuffte schnell: Der damalige Berater Flavio Briatore - inzwischen faktisch Teamchef - erklärte kurz darauf, diese Zahl habe "jemand erfunden", und es gebe "kein festes Limit" für Colapintos Einsatzdauer.

Noch wirrer wurde das Ganze bei Briatores seltsamem Auftritt in der Teamchefpressekonferenz vor dem Großen Preis von Spanien. "Ich habe nie fünf Rennen gesagt, oder drei, oder vier oder eins", sagte er. "Wenn Colapinto Leistung bringt, fährt er. Wenn nicht, schauen wir weiter."

Der drohende Tonfall ist nicht zu überhören - und das nicht ohne Grund: In seinen ersten drei Rennen für Alpine zeigte Colapinto all jene Schwächen, die bereits bei seinem Williams-Einsatz in der vergangenen Saison (als er Logan Sargeant in den letzten neun Rennen ersetzte) auffielen - allerdings ohne die damalige Pace. In Monza war er 2024 im FW46 auf Anhieb eine klare Verstärkung, doch im A325 von Alpine ist davon nichts zu spüren.

Zu viele Fehler

Beim Debüt für Alpine in Imola verstand Colapinto eine Funkanweisung falsch, als er nach einer roten Flagge die Box verließ, und kassierte prompt eine Gridstrafe, weil er zu früh in die Fast-Lane fuhr. Kurz darauf unterlief ihm ein Fehler am Ausgang von Tamburello: Ein Reifen rutschte aufs Gras, Colapinto flog heftig in die Mauer.

In Monaco kam für ihn das Aus bereits in Q1. Im Rennen mühte er sich auf Platz 13 - mit zwei Runden Rückstand. Die Schuld gab er einer Strategie, die ihn mit harten Reifen ins Rennen schickte. In Wahrheit war das Resultat eine Mischung aus einem schlechten Startplatz und dem Stau-Spielchen, das weiter vorne von den Racing Bulls und Williams betrieben wurde.

Ein Antriebsproblem samt Getriebewechsel sorgte dafür, dass Colapinto auch in Spanien in Q1 hängen blieb: Das Auto blieb am Boxenausgang stehen, bevor er zu einem zweiten Versuch aufbrechen konnte. Die Streckenentwicklung spielte allen anderen Piloten in die Karten - am Ende wurde er nur 15., obwohl eine späte Safety-Car-Phase eigentlich noch Chancen geboten hätte.

Kanada als Gradmesser?

"Ich muss mich auf Kanada konzentrieren", sagte Colapinto nach dem Rennen - und damit liegt er richtig. Denn die Gerüchteküche läuft bereits heiß.

Die Spekulationen um Sergio Perez als möglichen Ersatz basieren offenbar auf einer Interpretation eines Medienberichts und Briatores Ruf als jemand, der finanzielle Aspekte bevorzugt. Perez würde Sponsoren mitbringen, doch sein Fokus liegt wohl auf einem möglichen Comeback mit Cadillac 2026 - ein Engagement im Alpine-Mittelfeld bringt ihm aktuell kaum Vorteile.

Wahrscheinlicher wären daher Alternativen wie Testfahrer Paul Aron, der derzeit in der Formel 2 unterwegs ist, oder gar ein Comeback von Doohan - der nach wie vor als Reservefahrer bei Alpine unter Vertrag steht und bildlich gesprochen am Ufer des Flusses wartet.

Briatore ist sehr hart

Briatore hat in der Vergangenheit seine Kompromisslosigkeit bewiesen - und, wie sein Ausweichen in der Frage nach Colapintos Renneinsätzen zeigt, hält er sich nicht immer an das, was er sagt. Doch auch er steht unter Erfolgsdruck von oben - und wird diesen nach unten weitergeben, bis hin zu seinen Fahrern.

"Ich weiß im Moment nicht, ob Franco die ganze Saison fahren wird oder nicht - das werden wir sehen", sagte Briatore ebenfalls in der Pressekonferenz. "Es hängt von der Leistung ab. Wir schauen nur auf die Performance - sonst auf nichts."

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