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  • 17.01.2004 19:42

  • von Florian Haasper

Kreyer: Neuer Motor "nahezu ohne Leistungsverlust"

Toyotas Technischer Direktor verrät im Exklusiv-Interview, dass die neue Motorenregel Toyota kein Kopfzerbrechen bereitet

(Motorsport-Total.com) - Lange war Norbert Kreyer für die Motorenentwicklung bei Toyota zuständig. Mittlerweile ist der frühere Zakspeed-Vordenker als Leitender Renn- und Testingenieur bei den Japanern tätig. Im 'F1Total.com'-Interview erklärt Kreyer, wie Toyota der Ein-Motoren-Regel begegnet ist. Aber auch die Aerodynamik ? speziell die neue Nase des Williams-BMW FW26 ? ist für den Deutschen ein Thema.

Titel-Bild zur News: Norbert Kreyer

Norbert Kreyer war früher Motorenchef, jetzt Technikdirektor bei Toyota

Frage: "In dieser Saison muss ein Formel-1-Motor eine Laufleistung von 800 Kilometern erreichen. Sind sie damit zufrieden, wie diese Vorgaben im Hause Toyota umgesetzt wurden?"
Norbert Kreyer: "Wir sind sehr zufrieden. Es stand ja schon seit zwei Jahren fest, dass 2004 nur mit einem Motor pro Wochenende gefahren wird. Zunächst sind wir damals davon ausgegangen, ungefähr zehn Prozent an Leistung zu verlieren. Auf dieser Basis sind wir in die Entwicklung des RVX-04 eingestiegen."#w1#

Frage: "Hat der neue Motor nun wirklich zehn Prozent weniger PS?"
Kreyer: "Wir haben definitiv nicht so viel Leistung verloren. Im Gegenteil: Wir werden nahezu ohne Leistungsverlust ein ganzes Rennwochenende bestreiten können. Da müssen wir im Vergleich zu 2003 keine Abstriche machen."

Frage: "Wie sieht es bei den Drehzahlen aus?"
Kreyer: "Heute muss ein Formel-1-Motor 19.000 Umdrehungen pro Minute drehen können. Das haben wir letztes Jahr erreicht, und da wollen wir auch 2004 bleiben."

Neuer Motor ist sogar noch leichter geworden

Frage: "Wird die höhere Standfestigkeit der Aggregate durch robustere und damit schwerere Bauteile erreicht?"
Kreyer: "Ich sage ihnen ganz ehrlich: Wir sind mit unserem Motor sogar noch leichter geworden. Das hängt natürlich zum größten Teil mit Komponenten zusammen, die nicht direkt etwas mit dem Triebwerk zu tun haben. Es kommt jedoch hauptsächlich darauf an, dass der Motor das ganze Wochenende hält. Wenn Probleme auftreten, dann müssen wir umdisponieren. Das Gewicht ist nicht der entscheidende Faktor."

Frage: "Werden sie beim Freitags-Training bewusst die Drehzahlen reduzieren, um den Motor zu schonen?"
Kreyer: "Man wird ganz sicher in dieser Richtung arbeiten. Wir haben den Vorteil, dass wir 2003 nicht unter den ersten Vier gelandet sind. Dadurch haben wir am Freitag die Möglichkeit, ein drittes Auto einzusetzen. Das hilft uns gewaltig. Wir werden aber auch mit den Einsatzautos unbedingt fahren müssen. Schon am Freitagabend wird die Entscheidung fallen, welche Reifen wir verwenden. Das kann der Rennfahrer nur entscheiden, wenn er vorher auch mit seinem Setup gefahren ist."

Frage: "Zudem fehlt Toyota auch noch die Erfahrung, um mit Runden geizen zu können..."
Kreyer: "Völlig richtig. Wir müssen einfach fahren, um die richtige Abstimmung zu finden. Das gilt für ein neues Auto umso mehr, wenn wir es schnell verstehen wollen."

"Der Williams-Ansatz passt für uns nicht"

Frage: "Kommen wir zum Chassis. Sie haben kürzlich die Spionage-Vorwürfe gegen Toyota mit dem Satz gekontert: 'Die Luft in Köln-Marsdorf ist nicht anders als die in Maranello.' Demnach könnten sich die Windkanal-Daten von Ferrari und Toyota durchaus ähneln. Ist die Luft im englischen Grove denn grundlegend anders?"
Kreyer: "Sie meinen, weil der neue Williams-BMW FW26 eine komplett neue Frontpartie hat? Es ist immer schwierig, andere Autos zu beurteilen. Der spektakuläre Frontflügel am FW26 ist einfach eine logische Konsequenz der Radaufhängung. Es würde uns überhaupt nichts bringen, den Frontflügel zu kopieren. Das Gesamtkonzept der Frontpartie muss stimmen. Wir haben uns für einen zentralen Aufhängungspunkt entschieden. Da passt der Williams-Ansatz für uns nicht. Wir werden sicherlich in Zukunft auch noch ein paar Dinge ausprobieren. Aber für den Augenblick haben wir uns auf den konventionellen Ansatz festgelegt. Man kann auch nicht alle Möglichkeiten verfolgen. "

Frage: "Um verschiedene Aerodynamik-Lösungen zu testen, ist ein moderner Windkanal unerlässlich. Wie gut ist der Windkanal hier in Köln-Marsdorf im Vergleich zum neuen Prunkstück von Sauber in Hinwil?"
Kreyer: "Natürlich ist der Windkanal die ideale Lösung, in dem 1:1-Modelle gefahren werden können. Aber das war bis dato nicht realisierbar. Im Moment haben wir einen 50-Prozent-Windkanal, der ist schon okay. Es hängt von uns selber ab, wie wir ihn sinnvoll nutzen. Der Windkanal ist sicher nicht unser Problem. "

"In drei bis vier Jahren muss sicherlich auch Toyota nachlegen"

Frage: "Gibt es Pläne für einen zweiten Windkanal in Köln-Marsdorf?"
Kreyer: "Man denkt sicherlich darüber nach. Zu einem gewissen Zeitpunkt überholt sich die Technik einfach. Im Moment sind wir noch recht modern. Aber in drei bis vier Jahren sehe ich eine neue Generation von Windkanälen auf uns zukommen. Da muss dann sicherlich auch Toyota nachlegen."

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