Kovalainen: "Die Saison ist noch jung"
McLaren-Mercedes-Pilot Heikki Kovalainen möchte das Jahr 2009 nicht vorzeitig abschreiben und hofft auf eine kräftige Steigerung seines Teams
(Motorsport-Total.com) - Nach zwei Ausfällen zum Saisonbeginn sah Heikki Kovalainen beim Großen Preis von China erstmals 2009 das Ziel. Dabei staube der Finne gleich vier WM-Zähler ab und hielt sogar Weltmeister Lewis Hamilton hinter sich - entsprechend zuversichtlich geht der McLaren-Mercedes-Fahrer die kommenden Rennen an. Für den Wüstenauftritt in Bahrain rechnet Kovalainen aber nicht mit einem großen Leistungssprung, wie er im Interview erläuterte - obwohl sein Team neue Teile mit dabei hat.

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Heikki Kovalainen und McLaren-Mercedes wollen wieder auf die Siegerstraße zurück
Frage: "Heikki, in China lief es zuletzt besser als bei den beiden Auftaktrennen..."
Heikki Kovalainen: "Das stimmt, aber irgendwo haben mich die Ausfälle in den ersten beiden Rennen auch nicht weiter beschäftigt, denn das kommt nun einmal hin und wieder vor. Ich gehe aber davon aus, dass ich dennoch recht zufrieden sein kann. Die Pace hat endlich einmal gepasst und wir konnten auch in die Punkte fahren. Das Rennen in Schanghai war also ziemlich gut. Die Bedingungen waren sehr schwierig und in solchen Fällen kann eigentlich alles Mögliche passieren. Wir waren aber da, die Pace war okay und alles hat prima funktioniert. Wir haben gute Punkte gemacht, was wir in Bahrain hoffentlich fortsetzen können."#w1#
KERS als große Hilfe bei McLaren-Mercedes
Frage: "Habt ihr für dieses Rennen einige Updates im Gepäck? Vielleicht sogar einen neuen Diffusor?"
Kovalainen: "Wir haben hier keinen neuen Diffusor dabei, aber ein paar Modifikationen für den Unterboden. Das sollte uns etwas mehr Abtrieb verschaffen. Insgesamt ist das aber keine große Sache. Das nächste größere Paket werden wir vermutlich in Spanien an das Auto bringen."
Frage: "Denkst du, dass KERS in Bahrain von Vorteil sein wird?"
Kovalainen: "Ja. Es hat den gesamten Winter über hervorragend funktioniert und selbst im Regen gab es keine Probleme. Das war eine große Unbekannte, aber in Schanghai hatten wir nichts zu beanstanden. Wir hatten es das gesamte Rennen über im Einsatz und sind dabei nicht auf Schwierigkeiten gestoßen. KERS läuft einfach prima und das ist für uns im Augenblick ein großer Zugewinn."
Frage: "Wie kommst du mit dem neuen Frontflügel zurecht? Du hattest zuletzt auch ein altes Modell am Auto..."
Kovalainen: "Am Freitag (in China; Anm. d. Red.) habe ich nicht wirklich genug Zeit damit verbracht und war auch mit den Einstellungen und der Gewichtsverteilung nicht zufrieden. Ich war mir einfach nicht sicher, wo ich den neuen Frontflügel am besten anwenden sollte. Daher habe ich mich dazu entschlossen, den alten Spoiler zu behalten. Damit war es ein kleines bisschen besser. Wir werden es an diesem Wochenende einfach noch einmal versuchen. Die Jungs in Woking haben sich diesem Element noch einmal gewidmet. Hoffentlich erhalten wir jetzt eine klarere Antwort auf diese Frage. Ich würde jedenfalls gerne mehr aus diesem Frontflügel herausholen."
Silber kennt nur ein Ziel: Aufschließen zur Spitze
Frage: "Hältst du es für gesund für den Sport, dass Teams wie Ferrari und McLaren schwer zu kämpfen haben, während Rennställe wie Brawn und Red Bull Rennen gewinnen?"
Kovalainen: "Ich denke, es ist eine gute Sache für den Sport an sich. Jedes Team hat doch auch seine Fans, genauso wie jeder Hersteller seine Anhänger hat. Jetzt dürfen sich eben andere Fans einmal etwas mehr freuen. Unser Ziel ist natürlich, so schnell wie möglich wieder ganz vorne mitzumischen. Wir geben alles, um das zu packen - und ich bin mir sicher, Ferrari hat nichts anderes im Sinn."
"Nur ist die Konkurrenz derzeit richtig hart. Da draußen fahren viele gute Piloten herum. Es gibt einige gute Teams mit starken Ingenieuren und tollen Designern. Das wird also keine einfache Aufgabe. Man nimmt halt immer an, dass die großen Teams immer vorne stehen werden - sind sie es einmal nicht, ist das eine große Sache. Das ist die Position, in der wir uns gerade befinden. Wir gewinnen aktuell keine Rennen, aber das kann passieren. Wir arbeiten uns jetzt einfach Stück für Stück wieder nach vorne."
Frage: "Was wirst du am kommenden Mittwoch machen?"
Kovalainen: "Was soll ich schon am kommenden Mittwoch machen? Ich werde in Woking sein, werde dort einen planmäßigen Tag im Simulator verbringen und auch einige Marketingaufgaben übernehmen. Wir haben am Simulator in letzter Zeit viel wichtige Arbeit geleistet und ich habe mein diesbezügliches Arbeitspensum schon in den Wintermonaten verdoppelt. Ich werde also ganz normal weiterarbeiten. Dort findet die Anhörung statt, also ist das für alle ein sehr wichtiger Tag. Was mich betrifft, so werde ich weitermachen, egal wie das Ergebnis schließlich lautet. Meine Einstellung ändert sich dadurch gewiss nicht."
Frage: "Kannst du uns etwas über die Stimmung im Team in diesen schwierigen Zeiten sagen?"
Kovalainen: "Ich halte die Stimmung für fantastisch. Natürlich macht sich jeder so seine Sorgen, aber das habe ich an der Rennstrecke noch nicht bemerkt. Da geht es einzig und alleine darum, das Auto auf seinen Renneinsatz vorzubereiten und das Wochenende zu absolvieren. Das trifft auch die Jungs daheim in der Fabrik zu. Wir wollen wieder nach vorne kommen und arbeiten auf dieses Ziel hin. Nur so können wir zu jedem Rennen einige Modifikationen und Updates an den Start bringen. Das war in Schanghai der Fall und auch für Bahrain haben wir ein paar Neuerungen im Gepäck. Die Atmosphäre im Team ist also nicht bedrückt - und das ist auch gut so."
Kovalainen: Noch ist nichts entschieden...
Frage: "Hältst du es für einen Zufall, dass die drei Topteams des vergangenen Jahres - Ferrari, McLaren-Mercedes und das BMW Sauber F1 Team - in dieser Saison schwer zu kämpfen haben?"
Kovalainen: "Das ist eine schwierige Frage. Ich denke, dass die genannten Teams ihre Rennwagen im vergangenen Jahr einfach bis zum Saisonende entwickelt haben. Das hat vielleicht einige Auswirkungen auf die diesjährige Performance mit sich gebracht. Dadurch ist man in der Entwicklung möglicherweise etwas hinter die anderen Teams zurückgefallen. Brawn hat mit der Designarbeit am neuen Wagen zum Beispiel schon recht früh begonnen. Abgesehen davon kann ich keine Antwort auf diese Frage geben, denn ich weiß nicht, woran das liegen könnte."
Frage: "Im Moment liegen nicht die Topteams vorne. Wer ist in deinen Augen aktuell der Favorit auf den WM-Titel?"
Kovalainen: "Um ehrlich zu sein: Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht. Wir haben uns fest vorgenommen, diese Meisterschaft zu gewinnen. Wir versuchen jedenfalls, unsere Position zu verbessern. Die Positionierung von anderen Teams interessiert mich nicht besonders, also denke ich erst gar nicht darüber nach."
Frage: "Hast du noch immer Chancen auf den Titel?"
Kovalainen: "Aber klar. Das ist noch immer unser Ziel. Die Saison ist noch jung, da kann also noch einiges passieren. Ich sehe also keinen Grund, warum wir vorzeitig die Segel streichen sollten. McLaren will immer Rennen gewinnen und letztendlich die WM. Das ist unser Ziel, aber wir denken nicht pausenlos darüber nach. Momentan haben wir nur im Sinn, wie wir den Wagen verbessern und wie wir die richtige Richtung für uns finden können. Diesen Weg wollen wir einschlagen und werden uns schließlich wieder in einer Position befinden, dass wir wieder Rennen gewinnen können. Hoffentlich wird es schon bald wieder soweit sein."
Frage: "Denkst du, dass euch ein Streckenlayout wie in Bahrain entgegen kommt?"
Kovalainen: "Ich glaube nicht, dass das streckenbedingt ist. Manchmal fehlt schlicht und ergreifend die Leistung. Wenn du ein gutes Auto hast, dann wird es überall gut sein. Fehlt dir der Grip, ist deine Performance nicht gut genug, hast du ein schlechteres Auto - dann ist das eben nicht gut genug. So hätten wir das jedenfalls nicht erwartet."
Mehr Simulatortraining statt Testfahrten
Frage: "Was hältst du von diesen langen Geraden und dem Stop-and-Go?"
Kovalainen: "Ich sehe keinen Grund darin, warum es hier anders laufen sollte als noch in Schanghai. Diese Kurse ähneln sich doch in gewisser Weise. Es gibt einige schwierige Kurven, lange Geraden und auch einige große Bremszonen. Wir haben nach Malaysia einen guten Schritt nach vorne gemacht, denn in China war das Auto ganz sicher besser. Man konnte das Plus an Grip sogar spüren. Hoffentlich hält dieser Trend hier an, schließlich haben wir auch in Bahrain wieder einige neue Teile am Start. Ich denke also nicht, dass die Strecke den entscheidenden Ausschlag gibt."
Frage: "Du hattest vor einem Jahr in Spanien einen schweren Crash und kannst dich nur bruchstückhaft an diese Szenen erinnern. Freust du dich überhaupt, dorthin zurückzukehren?"
Kovalainen: "Ich kann mich noch sehr gut an alles erinnern - bis zu der Runde, in der ich abgeflogen bin. Dann sind Robert und Lewis an die Boxen gefahren, wenn ich mich nicht irre. Ich hatte eine freie Strecke vor mir und habe noch gedacht: 'Jetzt ist es an der Zeit, ordentlich Gas zu geben.'"
"Meine nächste Erinnerung ist, im Krankenhaus zu liegen und nicht zu wissen, was überhaupt los war. Ich fühle mich aber nicht anders, wenn ich dieses Jahr dorthin gehe. Wir haben dort ja auch schon getestet und dabei sind keine schlechten Erinnerungen bei mir hochgekommen und ich habe sicherlich kein Trauma - im Gegenteil. Ich habe dort recht viele Fans und bin schon sehr gespannt, wieder nach Barcelona zu fahren. Ansonsten macht das für mich keinen Unterschied."
Frage: "Du hast gesagt, dass du mehr Zeit im Simulator verbringst. Wie kommt das?"
Kovalainen: "Ich hatte einfach das Gefühl, dass ich etwas mehr tun muss. Ich hatte einfach den Eindruck, dass ich mit den Leuten um mich herum noch besser zusammenarbeiten kann. Daher haben wir uns zum Handeln entschlossen. Das hat mir einiges gebracht und ich fühle mich nun noch viel besser integriert als zuvor. Ich habe mich schon im vergangenen Jahr sehr schnell an die Rennsport-Philosophie von McLaren gewöhnt, aber jetzt fühle ich das noch viel mehr. Nun bin ich eine größere Stütze. Ich werde auch weiterhin so verfahren und denke, dass das absolut richtig ist."
Frage: "Macht es dir Spaß, im Simulator unterwegs zu sein?"
Kovalainen: "Ohja, sehr sogar. Ich mag Computerspiele und speziell Rennspiele sehr gerne. Aber es geht dabei nicht darum, sich mit anderen zu messen. Auf dem Simulator dreht man nur alleine seine Runden. Das ist sehr interessant, denn wir versuchen, den Simulator immer weiter an den echten Rennwagen anzupassen. Das macht großen Spaß."

