Kobayashi: "Ich bin nicht gefährlich"

2009 debütierte Kobayashi in Interlagos, heute gilt er als Überholkünstler: Wieso er die Aufregung um ihn nicht versteht und sich nicht als Crashpilot sieht

(Motorsport-Total.com) - Wenn Kamui Kobayashi auftaucht, ist Action angesagt. Der japanische Sauber-Pilot hat bei vielen Fans durch seine waghalsigen und spektakulären Überholmanöver längst Kultstatus erreicht, auch vor Kleinholz schreckt er nicht zurück. Aus der Formel 1 ist er nicht mehr wegzudenken, da vergisst man schnell, dass der Stern des 24-Jährigen erst vor einem Jahr beim Grand Prix von Brasilien aufging. Bei seinem Toyota-Debüt als Ersatz für Timo Glock trieb er den späteren Weltmeister Jenson Button mit seinem leidenschaftlichen Zweikampfverhalten an die Grenzen des Wahnsinns.

Titel-Bild zur News: Kamui Kobayashi

Kobayashi hat gut lachen: In einem Jahr hat er sich in der Formel 1 etabliert

"Der Kerl ist verrückt", hatte der frischgebackene Champion getobt. "Ich schätze mal, das ist nur seine Unerfahrenheit, aber er stellt in der Bremszone Dinge an, die dem Hintermann das Leben schwer machen. Alle waren hart aber fair, aber er war verrückt. In diese Schublade wird man ihn von heute an stecken." Der Brite behielt nur zum Teil recht, denn neben seiner "verrückten" Fahrweise gilt Kobayashi nach einem Jahr als Entdeckung der Saison.

"Ich habe natürlich gute Erinnerungen", blickt er auf sein erstes Formel-1-Rennen vor einem Jahr zurück. "Natürlich war es auch sehr hart, denn es wurde erst am Dienstag vor dem Rennen entschieden, dass ich fahre - ich hatte also keine Zeit. Ich musste in Brasilien bereit sein und so viel wie möglich in kurzer Zeit lernen. Es war ein schwieriger Moment, doch es ist dennoch der Grund, warum ich hier bin."

Kobayashi "sehr sicher unterwegs"?

Dass er sich gleich mit dem um den Titel kämpfenden Button anlegte, entging freilich niemandem. Diese Saison hat er seine Herangehensweise nach eigenen Angaben etwas abgeändert: "Jetzt kann ich mehr Runden fahren, also kann ich mich besser organisieren - und lerne Schritt für Schritt. Der Zugang ist ein anderer und ich bin mit meinen Fortschritten sehr zufrieden, auch das Team hat mich sehr unterstützt. Letztes Jahr hatte ich dieses eine Rennen und musste alles lernen."

Auf den Vorwurf, zu aggressiv zu Werke zu gehen, entgegnet er heute: "Ich mache doch nichts Besonderes. Ich fahre einfach mein Rennen. Um das Maximum herauszuholen, muss ich das tun. Ich finde, dass ich ganz normale Dinge tue." Erst nach einer Weile macht der Sauber-Pilot ein kleines Zugeständnis: "Okay, manchmal nehme ich vielleicht zu viel Risiko, doch wenn ich dadurch nicht ausfalle, dann ist das kein großes Problem."

Vor allem beim Heimrennen in Suzuka elektrisierte er die japanischen Fans mit Überholmanövern am absoluten Limit. Regelmäßig touchierte er dabei auch seine Rivalen. "Vielleicht hatte ich schon so manche Berührung mit anderen Kerlen in meiner Formel-1-Zeit, doch ich hatte nie einen Crash mit einem anderen Fahrer", behauptet Kobayashi. "Ich finde also nicht, dass ich gefährlich bin, ich bin definitiv sehr sicher unterwegs. Wenn mich jemand überholen will, dann lasse ich ihn das tun - kein Problem."

"Okay, manchmal nehme ich vielleicht zu viel Risiko." Kamui Kobayashi

Wie sich Kobayashi verbessern will

Dass er dies allerdings nicht allzu oft zulässt und stattdessen eher selbst zum Angriff bläst, freut auch seinen Teamchef Peter Sauber. Der Schweizer honorierte die Leistungen des in der GP2 eher blass agierenden Japaners mit einer Vertragsverlängerung. Wo er jetzt noch zulegen will? "Ich finde noch Dinge, die ich verbessern kann", sagt er. "Doch ich benötige dafür Zeit und Erfahrung und muss versuchen, bei jedem Grand Prix das Maximum zu lernen."

Zumindest muss er nun nicht mehr wie im Vorjahr um seine Zukunft bangen: "Jetzt beende ich erstmal die Saison und dann kommt der Winter - aber es stimmt: So ist es definitiv viel angenehmer. Und ich fühle mich jetzt bereit für nächstes Jahr und ich kann dem Team sagen, was ich gerne hätte. Das macht mich glücklich und ich glaube, dass wir nächstes Jahr gute Chancen haben."

"Nächstes Jahr haben wir gute Chancen." Kamui Kobayashi