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  • 01.11.2012 21:18

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Kobayashi auf Cockpitsuche - nicht nur bei Sauber

Der Japaner steht mit weiteren Teams in Kontakt, sucht nach Geldgebern und will auf der Strecke punkten - Kaltenborn lässt Fahrerfrage offen, über aber keine Kritik

(Motorsport-Total.com) - In der "Silly Season" geisterten viele Namen durch das Fahrerlager. Egal, ob es um einen Job bei Ferrari, McLaren oder Mercedes ging. Erstaunlich selten fiel der von Kamui Kobayashi. Vielleicht, weil der Japaner aktuell an zwei Fronten zu kämpfen hat. Erstens wird ihm ein wenig finanzstarker Hintergrund in seinem Heimatland nachgesagt, zweitens blieb er im Vergleich zum in der Saison 2012 auftrumpfenden Sauber-Kollegen Sergio Perez mit Ausnahme von Spa-Francorchamps und Suzuka blass.

Titel-Bild zur News: Kamui Kobayashi

Zaghaft optimistisch: Kobayashi kämpft um seine Zukunft in der Formel 1 Zoom

An beiden Baustellen will der 26-Jährige tätig werden, dabei sitzt ihm jedoch die Zeit im Nacken. "Wir müssen hart arbeiten, um ein Cockpit für die kommende Saison zu bekommen. Es gibt nicht mehr so viele freie Plätze", betont er, um Optimismus zu versprühen: "Ich bin ziemlich sicher, dass ich mir einen Job in der Formel 1 verdient habe." Bei welchem Arbeitgeber ist fraglich. Schließlich ist eine Zukunft bei Sauber keine allzu wahrscheinliche, aber auch nicht die einzige Perspektive.

Zeitdruck erschwert Sponsorensuche

Erstmals räumt Kobayashi ein, auch mit weiteren Rennställen in Kontakt zu sein: "Ich verhandele mit anderen Teams und mit diesem Team (Sauber, Anm. d. Red.)." Theoretisch kommen als Alternativen zu den Schweizern nur Force India und Williams infrage, wenn es um die etablierten Kräfte geht. Caterham wäre für Kobayashi höchstens ein Notnagel, HRT ohnehin. Hinzu kommt: Für diese Cockpits müsste er Geld mitbringen. Und das hat der Mann aus Amagasaki derzeit nicht.

Der Grund: In Japans angeschlagener Volkswirtschaft ist es schwierig, Sponsoren aufzutreiben. Dennoch hofft Kobayashi, mit seinem Podiumsplatz in Suzuka für Aufsehen gesorgt zu haben. "Seit dem Rennen ist Japan mehr an Motorsport interessiert, speziell an der Formel 1. Seitdem gibt es einige Kontakte zu Firmen. Hätte ich etwas mehr Zeit, könnte ich mehr japanische Sponsoren finden und darauf bin ich aus." Einzig: Für Kobayashi tickt die Uhr unaufhaltsam - gegen ihn.

Doppelbelastung: Fahren und Verhandeln

Deshalb bleibt ihm wohl nichts anderes übrig, als sportlich zu überzeugen und so Argumente zu sammeln. "Wir müssen uns auf die verbleibenden drei Grands Prix fokussieren", fordert Kobayashi, um seine Zukunft zu sichern. Es ist eine Situation, mit der er vertraut ist. 2009 sprang er für den verletzten Timo Glock im Toyota-Werksteam ein, überzeugte in Japan, Brasilien und Abu Dhabi auf Anhieb und ergatterte so den Vertrag bei Sauber. Allerdings hatte Kobayashi damals nichts zu verlieren.

Er erklärt selbst: "Es ist eine Konstellation wie die vor drei Jahren, aber diesmal habe ich ein etwas anderes Gefühl. Ich wusste damals nicht, dass Toyota die Formel 1 verlassen würde, und ich bin einfach um der guten Resultate Willen gefahren", so der Japaner, der sich nun vor eine sehr viel komplexere Aufgabe unter Zeitdruck gestellt sieht: "Jetzt muss ich gleichzeitig verhandeln", pustet Kobayashi durch. Was seine Chancen auf einen Sauber-Verbleib angeht, tappt er im Dunkeln.

Zukunftsaussichten heiter bis wolkig

"Ich bin nicht das Team und kenne das Budget nicht, ich habe da wirklich keine Ahnung", rätselt er und hofft, doch noch in puncto Budget überzeugen zu können: "Es ist eine schwierige Situation, aber im Moment könnte ich ziemlich viele Sponsoren mobilisieren. Es ist sehr wichtig, sich auch international umzusehen, aber ich ziehe es vor, Geldgeber aus Japan mitzubringen, um dort bekannter zu werden." Die Auswahl scheint Kobayashi nicht zu haben, dafür aber Optimismus.

Schließlich demonstriert er Zuversicht im Kampf um seine Zukunft: "Es ist nur ein Gefühl. Könnte ich es erklären, wäre das besser, aber so ist es leider nicht", beschreibt er seine Aussichten. "Es stehen noch drei Rennen aus und mit guten Resultaten passiert vielleicht etwas. Ich glaube daran. Wir müssen abwarten." Und zwar gar nicht mehr so lange, wie Teamchefin Monisha Kaltenborn suggeriert: "Wir werden das noch in dieser Saison entscheiden und die ist ja nicht mehr so lange."


Fotos: Kamui Kobayashi, Großer Preis von Indien


Kaltenborn nimmt Kobayashi in Schutz

Offene Kritik an Kobayashi übt sie nicht, wenn es darum geht, dass er und Perez das Potenzial des Autos oft nicht nutzten: "Man sollte dafür nicht die Fahrer kritisieren. Sie sind unerfahren und es ist nicht möglich, sie mit Piloten zu vergleichen, die diesen Sport seit fünf oder sechs Jahren betreiben", meint die Österreicherin. "Damit muss man rechnen, wenn man solche Fahrer unter Vertrag nimmt. Wenn man ein so konkurrenzfähiges Auto hat, ist der Umgang für einen jungen Kerl damit nicht einfach."

Kamui Kobayashi

Kobayashis Platz im C31 ist auch bei anderen Fahrern begehrt Zoom

Die Sauber-Strategie, konsequent auf junge Talente zu setzen, hält sie trotz der Verpflichtung des relativ routinierten Nico Hülkenberg als Perez-Ersatz für richtig: "Aber wir haben eben diese Fahrer und müssen lernen, damit umzugehen. Vielleicht hätten wir sie ja anders vorbereiten müssen? Diese Diskussion führt zu nichts", wiegelt Kaltenborn ab. "Wir dürfen nicht die Schuld den Fahrern geben, das wäre zu einfach. Wir müssen das als Fehler des Teams verstehen." Es ist auch ein Argument dafür, wieder auf einen Rookie wie Robin Frijns und nicht auf Kobayashi zu setzen.