• 14.10.2008 10:16

Klien: "Shanghai macht nur wenig Spaß"

Christian Klien beschreibt den Grand-Prix-Kurs in Shanghai und das wilde Treiben auf den Straßen in China: "Taxifahrer lehren das Fürchten"

(Motorsport-Total.com) - Während sich seine Teamkollegen Nick Heidfeld und Robert Kubica voll auf den bevorstehenden Grand Prix von China konzentrieren müssen, bleibt Christian Klien immer etwas Zeit, auch mal einen Blick über den Tellerrand hinaus zu werfen. Der Test- und Ersatzpilot im BMW Sauber F1 Team hat allerdings in China auch schon gute Rennerfahrung sammeln dürfen: "2005 wurde im Rennen Fünfter, nur sechs Sekunden hinter dem Podium. Und mit viertschnellster Rennrunde. An so etwas erinnert man sich gerne."

Titel-Bild zur News: Christian Klien

Christian Klien sammelte erst kürzlich weitere Erfahrung im Peugeot-Prototypen

Der Österreicher ist in jedem Jahr wieder nahezu erschlagen vom gigantischen Bauwerk des Rennkurses in Shanghai. "Die Strecke wurde mitten in einen Sumpf gebaut. Daher wurden Betonpfeiler fast 50 Meter tief ins Erdreich geschlagen. Darauf kamen meterhohe Styroporplatten, auf denen nun der Kurs und die Tribünen stehen. In der Bauphase gab es in ganz China wochenlang kein Styropor, weil die Strecke die komplette Produktion verschlang."#w1#

Der Parcour ist dem chinesischen Schriftzeichen für "Shang" (zu deutsch "hoch") nachempfunden. "Streckenarchitekt Hermann Tilke hatte die Idee, den Kurs diesem Schriftzeichen nachzubauen. Herausgekommen ist eine Strecke, die verdammt schwierig ist. So etwas wie die schneckenförmigen Kurven eins und zwei sucht man anderswo vergeblich. Zum Glück! Denn Shanghai macht ehrlicherweise wenig Spaß, weil man durch das Layout kaum in einen Rhythmus kommt."

Klien beschrieb seine Eindrücke von der Rennstrecke weiter: "Die Start-Ziel-Gerade ist so breit, dass man das Gefühl für die Geschwindigkeit völlig verliert. So als würde man mit 130 km/h auf der Autobahn fahren. In Monaco fährst du 80 und es kommt dir dreimal so schnell vor. China ist einfach überdimensional in jeder Hinsicht. Der Trend geht aber ohnehin wieder weg von dieser Gigantomanie. Mit Stadtkursen wie Singapur oder Valencia kommt man einfach näher zum Fan. Kurze Wege sichern volle Tribünen. Mal sehen, wie viele Besucher aus der Stadt hinaus zur Strecke heuer kommen."


Fotos: BMW Sauber F1 Team, Großer Preis von Japan


Eine weitere Besonderheit zeichnet die relativ neue Piste, die im Jahr 2004 ihr Formel-1-Debüt feierte, aus: Die Kurven tragen keine klangvollen Namen, sondern sind schlicht durchnummeriert. Für die Piloten ist das ohnehin kein Problem, denn in der Kommunikation mit dem Team wird immer nur mit Zahlen, statt mit Namen gesprochen: "Mit dem Renningenieur spricht man über 'Turn 3' oder 'Turn 12'. Stellen Sie sich mal vor, wir müssten uns diese 16 Kurven alle auf Chinesisch merken. Ich glaube, da gäbe es einige rätselhafte Setup-Probleme..."

Probleme gibt es in China eher abseits der Rennstrecke. Die Innenstadt von Shanghai ist für Europäer kaum überschaubar, der Straßenverkehr gleicht einem Ameisenhaufen. "Shanghai ist der beste Ort, um auch einem Formel-1-Fahrer das Fürchten zu lehren", beschrieb Klien augenzwinkernd. "Da wir Europäer dort nicht Autofahren dürfen, sind wir den örtlichen Shuttle- und Taxifahrern ausgeliefert. Und die stellen jeden Berufskollegen aus Sao Paulo locker in den Schatten. Außerdem hat sich die Zahl der Autos seit 2002 von Jahr zu Jahr jeweils verdoppelt."