• 13.10.2008 10:01

  • von Roman Wittemeier

Berger: "Wir müssen sofort handeln"

Toro-Rosso-Teilhaber Gerhard Berger über den enormen Kostendruck in der Formel 1 und die möglichen Sparmaßnahmen - Force India mit McLaren-Chassis?

(Motorsport-Total.com) - Der Druck wird immer größer. Nach Super Aguri droht nun weiteren privaten Rennställen das Aus. Offenbar hat Williams enorme finanzielle Probleme, um einige weitere Formel-1-Teams dürfte es kaum besser bestellt sein. Umso lauter wird der Ruf nach Kostensenkungen. Das Paradoxe: Alle sind sich einig, aber niemand hat die konkreten Umsetzungen voran getrieben - bis vor wenigen Tagen jedenfalls. FIA-Chef Max Mosley hat der Formula One Teams Association (FOTA) ein Ultimatum gestellt: Entweder schnelle und wirkungsvolle gemeinsame Vorschläge, oder Mosley geht selbst mit der Sense durch den Ausgabendschungel in der Formel 1.

Titel-Bild zur News: Gerhard Berger

Gerhard Berger hofft weiterhin, dass man in der Formel 1 Kundenautos zulässt

Für Toro-Rosso-Teilhaber Gerhard Berger kommt die Initiative fast schon zu spät. "Es ist schon zehn nach zwölf", alarmierte der Österreicher im Interview mit 'autosport.com'. Berger zeigte sich überrascht, dass man im Fahrerlager teils der Meinung sei, man könne sich noch einige Bedenkzeit nehmen, bevor man das Thema Kostensenkung in Angriff nehme. "Ich höre Frank Williams immer noch argumentieren, dass alle Teams selbst ihr Auto bauen sollen. Ich denke, das ist absolut komplett falsch. Wir müssen eine gute Show bieten. Unser Job ist es nicht, für viele Millionen Euro tolle Dinge zu erfinden, von welchen niemand etwas hat."#w1#

Force India mit komplettem McLaren-Kundenauto?

Berger hat in den vergangenen Monaten angesichts des drohenden Verbots von Kundenfahrzeugen damit angefangen, sein Team mit mehr Personal auszustatten, um im Notfall eigene Entwicklung betreiben zu können. Dennoch kämpft er nach wie vor um die Kundenautos. "Eine Firma wie Red Bull finanziert in diesen schwierigen Zeiten gleich zwei Rennställe in der Formel 1. Jetzt zwingt man sie zum Beispiel dazu, gleich zwei Windkanäle zu bauen. Das ist doch totaler Nonsens."

Das gemeinsame Nutzen von Ressourcen - die oft zitierten Synergie-Effekte - seien das zeitgemäße Mittel, so Berger weiter: "So wie ich das verstehe, hat sich Force India für das kommende Jahr ein Kundenauto von McLaren gesichert. Damit bin ich absolut glücklich. Wir brauchen ein konkurrenzfähiges Team Force India und nicht irgendeine Mannschaft, die weit hinten fährt, für die sich kaum jemand interessiert. Der neue Deal ist doch fantastisch, einfach gut." Die Aussage von Berger überrascht, denn bisher hatte Force India immer betont, dass man es nur auf Motor, Getriebe und KERS von McLaren-Mercedes abgesehen habe.

Nach Ansicht von Berger werden viel zu viele Mittel in die Entwicklung von Antriebssträngen und aerodynamischen Feinheiten gesteckt, von welchen der Fan rein gar nichts habe, weil sich dadurch die Show in der Formel 1 nicht verbessere. Auch die verlängerte Motorenlaufzeit von zwei Rennen habe sich vollkommen etabliert. "Ich kenne nicht einen Techniker, der das nicht gut findet. Was ist falsch daran, eine Maschine über fünf oder zehn Rennen zu fahren, oder sogar über eine gesamte Saison? Das ist auch eine technische Herausforderung - nur eben eine andere."


Fotos: Toro Rosso, Großer Preis von Japan


Telemetrie: Daten-Ingenieure machen das Setup

"Auch diese tausend Daten von der Telemetrie sind Schwachsinn. Früher hatten wir so etwas nicht, es hat an der Show nichts verändert. Es würde vielleicht sogar besser sein, wenn ein Fahrer gemeinsam mit den Ingenieuren das Auto einstellt und nicht irgendein Daten-Ingenieur. Man braucht richtige Racer und nicht Leute, die besonders gut mit Daten umgehen können. Es gibt so viele Ansatzpunkte. Es wäre einfach schön, wenn sich alle mal einigen könnten."

Die Idee vom Einheitsmotor in der Formel 1 sei zwar umstritten, aber in anderen Bereichen könne man durchaus auf einheitliche Teile umschwenken. Berger nannte das Beispiel der Bremsbelüftung. Grundlage für solche Schritte sind jedoch gemeinsame Vorschläge der FOTA, deren technische Arbeitsgruppe nach Angaben von Ross Brawn angeblich ein Paket geschnürt hatte, welche allerdings nie bei FIA-Chef Mosley zur Vorlage kamen.

Motor

Nach wie vor wird über einen möglichen Einheits-Motor in der Formel 1 diskutiert Zoom

"Es ist total verrückt, dass man nicht sofort handelt", kritisierte Berger. "Man kann einige Dinge sofort umsetzen. Würde sich ein normales Unternehmen so lange im Kreis drehen, wäre es schon lange bankrott. Wer glaubt denn schon noch, dass man die Kosten in der Formel 1 um zehn Prozent senken müsse? Das ist doch totaler Unsinn. Ich glaube, nicht einmal 50 Prozent würden ausreichen. Ich hoffe einfach, dass die FOTA, FIA und FOM zum gleichen Schluss kommen. Das wäre das beste Szenario."