• 11.09.2005 19:50

Klien: "Heute wären sicher Punkte drin gewesen"

Eine falsche Reifenentscheidung kostete Christian Klien WM-Punkte in Belgien, dennoch hat er sein Formel-1-Cockpit für 2006 schon sicher

(Motorsport-Total.com) - Christian Klien war einer derjenigen Fahrer, die beim ersten Boxenstopp während der Safety-Car-Phase fälschlicherweise Trockenreifen aufziehen ließen und durch diese Entscheidung weit zurückgefallen sind. Ohne diesen Fauxpas wären durchaus WM-Punkte möglich gewesen. Im Interview mit einem 'F1Total.com'-Boxengassenreporter zeigte er sich nach dem Regenrennen in Spa-Francorchamps enttäuscht über den neunten Platz, aber sehr hoffnungsvoll für seine Zukunft in der Formel 1.

Titel-Bild zur News: Christian Klien vor Ralf Schumacher

Drittschnellste Rennrunde, aber keine WM-Punkte: Christian Klien in Belgien

Frage: "Christian, wie war dein Rennen? Immerhin bist du in der letzten Runde noch die schnellste Sektorenzeit im dritten Sektor gefahren..."
Christian Klien: "Das bringt nur nicht viel! Das Rennen hat von der Strategie und von den Boxenstopps her nicht gepasst. Wir sind zu früh auf die Trockenreifen gewechselt. Dann musste ich noch einmal reinkommen - und das war auch eine Runde zu spät. Da habe ich so viel Zeit verloren, dass das Rennen gelaufen war."#w1#

Klien fuhr auch in den letzten Runden mit Trockenreifen

"Wir haben dann für die letzten acht Runden noch einmal auf Slicks gewechselt, da war ich dann sehr schnell unterwegs. Hätten wir den Fehlstopp nicht gemacht, wäre ich locker in die Punkte gefahren."

Frage: "Beim Start warst du stark, lagst sogar vor Rubens Barrichello, der am Ende Fünfter wurde."
Klien: "Ja, ich war vor ihm, aber das Rennen ist lang. Man kann spekulieren, dass ich da vorne gewesen wäre, wenn alles funktioniert hätte. Ich bin mir ganz sicher, dass ohne Fehler heute locker Punkte möglich gewesen wären."

Frage: "Aber der Fehler lag nicht an dir, oder?"
Klien: "Das Rennen war sicher gut von mir, ich habe keine Fehler gemacht. Ich bin unter diesen schwierigen Bedingungen das Rennen zu Ende gefahren. In der ersten Runde hat man beispielsweise überhaupt nichts gesehen, da ist man im Blindflug zur ersten Kurve hinuntergefahren. Als wir zum Schluss auf Slicks gewechselt haben, war es wie auf Seife zu fahren, bis es dann leicht abtrocknete. Aber da kann man natürlich leicht einen Fehler machen. Bei diesen Rennen ist es wichtig, durchzufahren und keine Fehler zu machen. Von meiner Seite hätte das heute sicher gepasst."

Frage: "Wer fällt so eine Entscheidung? Wer ist dafür verantwortlich?"
Klien: "Das entscheiden die Ingenieure, die das ganze Rennen kontrollieren und genau verfolgen. Sie fragen dann auch mich, ob es schon trocken ist und ob man schon auf Slicks gehen kann. Während der Safety-Car-Phase haben wir einfach versucht, diese Chance zu nutzen, aber das war ganz klar zu früh. Die Strecke war noch zu nass. Nur drei, vier schnelle Kurven fingen gerade an, trocken zu werden, aber wir hatten gedacht, es würde schneller abtrocknen. Das war leider nicht so."

Safety-Car-Phase war für Klien ein Schuss in den Ofen

Frage: "Waren es eigentlich zwei Fehlstopps? Also zuerst der Wechsel auf die Trockenreifen in der Safety-Car-Phase und später der zu frühe Wechsel zum Rennende?"
Klien: "Bei der Safety-Car-Phase haben wir auf die Slicks gewechselt, weil wir dachten, die Strecke trocknet schneller ab. Dem war dann aber nicht so. Das war ganz klar ein Fehlstopp. Ich bin dann aber zwei Runden draußen geblieben, um zu sehen, wie es ist. Aber es war nicht möglich, auf Slicks zu fahren. In dieser Situation habe ich am meisten Zeit verloren. Zum Schluss haben wir dann noch mal auf Slicks gewechselt, das war aber zusammen mit dem Tankstopp. Das war sicher richtig."

Frage: "Wie sehr ist der Ärger über diese verpatzte Reifenwahl inzwischen schon verflogen?"
Klien: "Das ist natürlich schon sehr ärgerlich. Ich habe eben noch ein Meeting mit dem Team gehabt. Ganz klar: Heute wären sicher Punkte drin gewesen. Es war eine Fehlentscheidung, der wir ganz genau auf den Grund gehen müssen. Sicher mussten wir von unserer Position aus einiges riskieren, und es hätte sogar funktionieren können, aber es hat nicht funktioniert. Dadurch bin ich ganz knapp an den Punkten vorbeigerutscht."

Frage: "Bist du optimistisch, nach dieser Vorstellung auch in Brasilien am Start zu stehen?"
Klien: "Wenn es nach der Leistung geht, dann wäre es logisch, wenn ich beim nächsten Rennen wieder im Auto sitze. Ich bin Neunter geworden, für das Qualifying ist das ein guter Startplatz. Die Entscheidung sollte möglichst schnell fallen, damit wir wissen, wie wir uns vorbereiten müssen."

Mindestens als Testfahrer ist Klien in Brasilien sicher dabei

Frage: "Mit nach Brasilien fliegst du ja ohnehin..."
Klien: "Ich fliege sowieso mit, das ist klar. Wenn ich nicht im Renncockpit sitze, dann bin ich der Drittfahrer. Ich werde also so oder so fliegen."

Frage: "Für Red Bull war es ein ereignisreiches Wochenende. Heißt die Übernahme von Minardi, dass du im nächsten Jahr auf alle Fälle dabei bist?"
Klien: "Spektakulär! Jetzt fahren nächstes Jahr gleich vier Red-Bull-Autos im Rennen. Das ist interessant. Man kann sich nun sicher sein, dass ich im nächsten Jahr wieder in der Formel 1 dabei sein werde. Ich glaube, das zeichnet sich ab. Wir haben bei Red Bull nun vier Rennplätze. Schön zu wissen, dass man im nächsten Jahr in der Formel 1 fährt. Ziel ist es natürlich, im großen Team von Red Bull zu fahren."

Frage: "Inwiefern entschärft das jetzt die Fahrersituation mit dir und Vitantonio Liuzzi?"
Klien: "Ich denke, dass wir so beide eine Chance haben, in der Formel 1 zu fahren. Ich glaube, dass es dieses Jahr genauso weiterlaufen wird wie bisher. Es ist immer noch offen, wer die letzten drei Rennen fahren darf. Mit diesem Resultat hätte ich beim nächsten Rennen in Brasilien wieder einen guten Qualifying-Slot, daher hoffe ich, dass ich auch dort wieder dabei bin."