Räikkönen gewinnt Regenrennen in Belgien vor Alonso

Im turbulenten Belgien-Grand-Prix mit prominenten Ausfällen setzte sich Räikkönen vor Alonso und Button durch - Schumacher, Montoya out

(Motorsport-Total.com) - Vor dem Start zum heutigen Grand Prix von Belgien hatten viele ein mulmiges Gefühl: Schon bei den Rahmenrennen am Vormittag hatte es auf regennasser Strecke ein paar Mal heftig gekracht, wobei zum Teil sogar die Leitplanken kaputt gegangen sind. Die Formel 1 konnte dann allerdings bei etwas besseren Bedingungen starten, obwohl die Fahrbahn speziell zu Beginn noch sehr nass war - und entsprechend turbulent verliefen die 44 Runden auf dem 6,976 Kilometer langen Kurs in den Ardennen.

Titel-Bild zur News: Podium in Belgien 2005

Räikkönen freute sich über den Sieg, Alonso über seine acht Punkte

Während die beiden Minardi-Cosworths mit den grobstolligen Regenreifen aus der Boxengasse losfuhren und mit dieser gewagten Strategie keinen Erfolg hatten, setzte der Rest des Feldes geschlossen auf Intermediates. Der Start verlief reibungslos: Juan-Pablo Montoya (McLaren-Mercedes) münzte seine Pole Position sicher in die Führung um, während sich sein Teamkollege Kimi Räikkönen nur mit Mühe vor Jarno Trulli (Toyota) halten konnte.#w1#

Michael Schumacher in der Anfangsphase auf Platz fünf

Dahinter reihten sich zunächst Fernando Alonso (Renault), Michael Schumacher (Ferrari), Ralf Schumacher (Toyota), Takuma Sato (BAR-Honda), Felipe Massa (Sauber-Petronas), Jenson Button (BAR-Honda) und Mark Webber (BMW WilliamsF1 Team) in den Top 10 ein. Naturgemäß gab es bei rutschigen Bedingungen in den ersten Runden mehrere Überholmanöver, vor allem durch den von hinten nach vorne stürmenden Giancarlo Fisichella (Renault).

Obwohl man eigentlich davon ausgegangen war, dass Bridgestone auf nasser Piste gegenüber Michelin Vorteile haben würde, konnte sich Michael Schumacher nicht wirklich in Szene setzen, während vorne der McLaren-Mercedes-Express wieder einmal gnadenlos abdampfte und schon nach drei Runden fast fünf Sekunden Vorsprung auf den Rest hatte. WM-Leader Alonso setzte sich hingegen eher defensiv und vorsichtig auf dem vierten Platz fest.

Schwerer Abflug von Fisichella in Eau Rouge

In der elften Runden dann eine Schrecksekunde: Fisichella, in jener Phase der mit Abstand schnellste Mann in Spa-Francorchamps, verlor nach einem Ausrutscher in der Runde zuvor in der Eau Rouge endgültig die Kontrolle über seinen Renault, krachte oben am Hügel hart in die Reifenstapel, konnte sich aber unverletzt aus dem Wrack befreien. Wegen der Bergungsarbeiten musste die Rennleitung jedoch das Safety-Car auf die Strecke schicken.

Klarerweise nutzten diese Gelegenheit alle bis auf Jacques Villeneuve (Sauber-Petronas) und Ralf Schumacher, der bereits eine Runde zuvor an der Box gewesen war, um nachtanken zu lassen. Dabei zeigte Räikkönen seine taktische Abgebrühtheit, indem er den führenden Montoya zum Tanken abbiegen ließ, dahinter aber den Rest des Feldes so lange blockierte, dass er selbst auch in derselben Runde hineinfahren konnte, ohne sich hinter seinem Teamkollegen anstellen zu müssen - wegen des Überholverbots bei gelben Flaggen eine völlig legitime Taktik.

Viel Hektik in der Boxengasse während der Safety-Car-Phase

Michael Schumacher pokerte bei diesem Boxenstopp etwas zu hoch, wechselte auf Trockenreifen, musste aber nach nur einer Runde einsehen, dass es dafür noch zu früh war - und kam anschließend noch einmal rein, um wieder auf Intermediates umstellen zu lassen. Einigen anderen Piloten ging es ähnlich, die Spitzenleute blieben von solchen Missgeschicken jedoch verschont. Dennoch wurde das Klassement ordentlich durcheinander gebracht.

Profiteure des Wirbels an der Boxengasse waren Ralf Schumacher und Villeneuve. Letzterer verbremste sich zwar beim Restart in der La Source, hielt aber dennoch zunächst den starken vierten Platz. "Schumi II" ging es sogar noch besser: Der Toyota-Pilot war eine Weile der mit Abstand schnellste Mann des Rennens, schloss mit Siebenmeilenstiefeln auf den führenden Montoya auf, riskierte dann aber bei seinem regulären Stopp einen Wechsel auf Trockenreifen - und verlor damit alle Chancen, weil er nur eine Runde und einen Dreher später wieder zurücktauschen musste.

Kollision Schumacher gegen Sato in La Source

Für seinen Bruder war Belgien 2005 zu dem Zeitpunkt ohnehin schon gelaufen: Der Ferrari-Star lag dank der Safety-Car-Phasen noch gut dabei, wurde aber beim Anbremsen von La Source unverschuldet von Sato angeschoben - und beide mussten daraufhin mit kaputten Autos aufgeben. Schumacher war entsprechend sauer, klappte dem Japaner heftig das Helmvisier zu und warf ihm gleichzeitig einige unschöne Worte an den Kopf.

David Coulthard (Red-Bull-Cosworth) war nach bis dahin unauffälligem Rennen mit einem Motorschaden bei Start und Ziel der nächste Ausfall, legte auch eine ungünstige Ölspur, doch dank der Warnflaggen drehte sich darauf kein anderer Pilot ins Aus. Dafür trocknete die Strecke immer weiter ab, weshalb die Fahrer vermehrt von der Ideallinie gehen mussten, um sich die nassen Stellen zu suchen. Ein missglücktes Experiment auf Trockenreifen bei Massa, der dadurch aus den Punkten fiel, zeigte den Teams aber, dass Intermediates weiterhin goldrichtig waren.

Gegen Halbzeit setzte sich Button nach seiner wegen eines zusätzlichen Boxenstopps missglückten Anfangsphase immer besser in Szene, überholte zunächst Villeneuve außen in Pouhon, später dann Webber in und Barrichello spektakulär vor der Bus-Stop-Schikane. Der BAR-Honda-Pilot kämpfte sich so immer weiter nach vorne und nistete sich solide hinter dem ungefährdeten Führungstrio Montoya/Räikkönen/Alonso ein.

Monteiro im Jordan-Toyota mit einem sensationellen Rennen

Durch den kuriosen Rennverlauf wurde zwischenzeitlich sogar Tiago Monteiro (Jordan-Toyota) in die Punkte gespült, und der Portugiese erbte am Ende durch Ausfälle tatsächlich einen WM-Punkt für den achten Platz. Sein Teamkollege Karthikeyan sorgte mit einem brutalen Manöver gegen Villeneuve bei Les Combes ebenfalls für Aufsehen, weil er über die Wiese abkürzen musste, den Überholten anschließend aber nicht mehr vorbeifahren ließ.

Vor dem letzten regulären Boxenstopp kam Räikkönen an der Spitze Montoya immer näher, blieb dann zwei Runden länger draußen - und übernahm so elegant und ohne Verdacht auf eine interne Stallregie die Führung. In der Reihenfolge Räikkönen vor Montoya, Alonso, Button, Barrichello, Webber, Ralf Schumacher und Pizzonia ging es dann mit an und für sich bezogenen Positionen in die letzten Runden.

Kollision Montoya gegen Pizzonia in der Schlussphase

Takuma Sato und Michael Schumacher

Michael Schumacher unterhielt sich nach der Kollision nett mit Takuma Sato... Zoom

Doch erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt: Zunächst schied Trulli, der mit einem schlecht getimten Stopp nach der Safety-Car-Phase keine Rolle mehr spielte, mit einem Unfall aus, und kurz vor Schluss rutschte der überrundete Pizzonia - zu dem Zeitpunkt auf Trockenreifen und damit viel schneller unterwegs - dem zweitplatzierten Montoya von hinten ins Heck! McLaren-Mercedes verlor so wieder einmal einen möglichen Doppelsieg, während Alonso auf Rang zwei aufrückte und neuerlich zwei wertvolle WM-Punkte erbte.

Button wurde für seine beherzte Glanzleistung mit einem unerwarteten Podestplatz belohnt, während Webber dank einer gewagten Strategie noch Vierter wurde: Der Australier kam sechs Runden vor Schluss an die Box, zog Trockenreifen auf - und war von jenem Zeitpunkt an der mit Abstand schnellste Pilot. Hinter ihm teilten sich Barrichello, Villeneuve, Ralf Schumacher und der fehlerfreie Monteiro die restlichen Punkte auf.

Nach dem Rennen wurden mehrere Piloten zur Rennleitung zitiert, wo derzeit noch diverse Kollisionen und sonstige Zwischenfälle des heutigen Tages analysiert und etwaige Strafen verhängt werden. Am Resultat wird sich aber aller Voraussicht nach nichts mehr ändern - und auch am WM-Stand nicht: Alonso hat drei Rennen vor Schluss 25 Punkte Vorsprung auf Räikkönen, während die "Silberpfeile" bei den Konstrukteuren nur noch sechs Zähler hinter Renault liegen.