• 25.06.2001 11:55

Keine "Familienfeier" am Ring

Ein angesäuerter Ralf Schumacher reiste sofort vom Nürburgring ab und ließ Bruder Michael alleine feiern

(Motorsport-Total.com/sid) - Die geplante Familienfeier fiel aus: Als Michael Schumacher auf dem Nürburgring im Zelt von Promi-Wirt Karl-Heinz Zimmermann gut gelaunt auf seinen dritten Sieg in der Eifel anstieß, saß Bruder Ralf schon im Flugzeug nach Österreich - mit einer großen Portion Frust. Denn zum ersten Mal war "Schumi II" für "Schumi I" auf der Strecke nicht mehr der "kleine Bruder", sondern ein Konkurrent wie jeder andere, den man hart bekämpfen muss.

Titel-Bild zur News: Ralf und Michael Schumacher

Ralf war vom Startmanöver seines Bruders nicht begeistert

"Ich mache ihm keine Geschenke und er mir auch nicht", kommentierte Weltmeister Michael Schumacher die Aktion gleich zu Beginn des Großen Preises von Europa, die die Boulevard-Presse als "Brutalo-Start" anprangerte. "Der Start war die Schlüsselszene, ich musste Ralf hinter mir halten - mit allen Mitteln", verteidigte der Ferrari-Star, dass er Bruder Ralf fast in die Begrenzungsmauer gedrängt hatte.

Zu groß war der Respekt vor der Stärke des "Kleinen", zu groß die Angst, den BMW-Williams nicht wieder einholen zu können, sollte Ralf vorne sein. Später sorgte erst die Zeitstrafe für "Schumi II" wegen eines Kavaliersdeliktes dafür, dass Michael Schumacher fast konkurrenzlos den Sieg nach Hause fahren konnte. Derzeit scheint für den dreimaligen Weltmeister nur der eigene Bruder eine Bedrohung auf dem Weg zum vierten Titel zu sein. Der Vorsprung auf McLaren-Mercedes-Pilot David Coulthard wuchs durch den fünften Saisonsieg und den 49. GP-Erfolg in Schumachers Karriere bereits auf 24 Punkte an (68:44), und zudem sind die Silberpfeile hinter BMW-Williams nur noch dritte Kraft.

"Wir müssen uns anstrengen, um aufzuholen", meinte der Schotte: "Ohne die Zeitstrafe für Ralf wäre ich nur Vierter geworden." Doch Ferrari schreibt die Silbernen nicht ab: "Wenn man auf die Punkte schaut, ist McLaren unser Hauptgegner, auch wenn BMW-Williams immer stärker wird", sagte der Technische Direktor Ross Brawn.

Auch Schumi will von einer Vorentscheidung nichts wissen und erinnert an Erfahrungen früherer Jahre. "1994 hatte ich auch einen großen Vorsprung. Dann kamen die Disqualifikationen in Silverstone und Spa, zwei Rennen Sperre, und die Entscheidung fiel erst im letzten Rennen", meinte Schumacher: "Es sieht für McLaren nicht rosig aus, aber ich werde sie nicht abschreiben."

Momentan kann allerdings nur Bruder Ralf in Michaels Liga mitmischen. Nach dem historischen Doppelsieg in Kanada haben die Schumis beim erneuten Bruderduell auf dem Nürburgring ihre derzeitige Klasse eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Nach Ralfs Zeitstrafe, die vom Team klaglos akzeptiert wurde, sprang Juan Montoya (Kolumbien) für BMW-Williams in die Bresche und sicherte den zweiten Platz. In der Punktetabelle liegt er aber mit neun Zählern deutlich hinter Ralf Schumacher (25). Nach ein paar Tagen Pause zum Frustabbau hat "Schumi II", der auf dem Nürburgring alle Interviews verweigerte ("Ich könnte etwas sagen, was ich später bereue") bereits am kommenden Wochenende in Magny-Cours Gelegenheit zur Revanche.

Die beiden Schumacher-Brüder in der ersten Startreihe zogen die Fans magisch an: Der Kölner Privatsender RTL hat beim Heimsieg von Michael Schumacher auf dem Nürburgring mit seiner Live-Übertragung bis zu 12,23 Millionen Fernsehzuschauer erreicht. Dieser Spitzenwert wurde kurz vor Schumachers Zieldurchfahrt um 15.31 Uhr gemessen. Im Schnitt hatte RTL 11,42 Millionen Zuschauer und erreichte einen Marktanteil von 66,9 Prozent (67,1 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen).