Karthikeyan: Nur des Geldes wegen in der Formel 1?

Narain Karthikeyan ist gewiss kein schlechter Rennfahrer, dennoch hat ihn eher Geld als Talent in die Königsklasse gebracht...

(Motorsport-Total.com) - Spätestens seit den 90er-Jahren ist in der Formel 1 der Begriff "Pay-Driver" geläufiger, als er es im Sinne des Sports eigentlich sein sollte. Man darf dies nicht falsch verstehen: Keiner der 20 Piloten in der Königsklasse ist ein schlechter Rennfahrer, dennoch gibt es manche, die es rein aufgrund ihres Talents wohl kaum geschafft hätten.

Titel-Bild zur News: Narain Karthikeyan

Narain Karthikeyan: Echtes Talent oder doch nur von den Sponsoren gepusht?

In diese Kategorie ist auch Narain Karthikeyan einzusortieren, der im Vorfeld der am Sonntag in Melbourne beginnenden Saison aufgrund seiner indischen Herkunft für jede Menge Schlagzeilen gesorgt hat. Karthikeyan stand zwar vor einigen Jahren schon einmal vor dem Sprung in die Formel 1, schaffte aber nie den letzten Schritt - und trotz einiger Achtungserfolge in diversen Nachwuchsklassen drängte er sich auch fahrerisch nicht wirklich auf.#w1#

Sieg beim Formel-3-Rennen in Korea bisher größter Erfolg

Seine rennfahrerischen Anfänge machte er 1994 als Sieger der Britischen Formel-Ford-Winterserie. 1996 gewann er die sportlich unbedeutende Formel Asia, ehe er 1999 in die Britische Formel 3 aufstieg und immerhin fünf Podestplätze erreichte. 2000 war dann sein bisher bestes Jahr: Die Britische Formel-3-Meisterschaft beendete er als Gesamtvierter, doch für weit mehr Aufsehen sorgte sein Sieg beim Formel-3-Klassiker in Korea.

"Ich fuhr damals gegen Jenson Button und Takuma Sato und an meinen guten Tagen war ich schneller als sie", erinnerte sich der 28-Jährige für den 'Guardian'. "Das war der Punkt, an dem ich daran zu glauben begann, dass ich der erste indische Fahrer in der Formel 1 werden könnte." Und weiter: "Ich habe schon einen Jaguar, Minardi und Jordan getestet, daher weiß ich in etwa, was mich erwartet. Man muss aber trotz allem realistisch bleiben."

Das von 'Midland' kontrollierte Jordan-Team musste viel Kritik für seine Fahrerbesetzung - neben Karthikeyan wurde der unerfahrene Portugiese Tiago Monteiro verpflichtet - einstecken, doch die Sportdirektoren des Rennstalls, Trevor Carlin und Colin Kolles, sind davon überzeugt, dass speziell der Inder reif für die Formel 1 ist. Zwar gilt er als relativ ungestüm und aggressiv, doch wenn er sein Temperament zügeln kann, ist er ihrer Meinung nach ein solider Grand-Prix-Pilot.

"Glaube, dass Narain auf dieses Abenteuer gut vorbereitet ist"

"Ich glaube, dass Narain auf dieses Abenteuer gut vorbereitet ist", so Carlin, für den Karthikeyan 2002 in der Formel Nissan gefahren ist. "Man muss aber dazu sagen, dass er natürlich nur jene Resultate erbringen kann, zu denen auch das Auto in der Lage ist. Ich glaube aber, dass er dieselbe Kragenweite hat wie zum Beispiel ein Jenson Button. Vielleicht ist er noch nicht so reif oder konstant, aber er hat definitiv den nötigen Speed."

Allerdings darf man sich fragen, warum der Inder dann nie eine bedeutende Nachwuchsmeisterschaft wie die Formel 3 oder die Formel 3000 gewonnen hat. Auch das Jaguar-Team konnte er bei Testfahrten vor einigen Jahren nicht überzeugen. Und dennoch ist Karthikeyan heute in der Formel 1 - dank der finanziellen Unterstützung seiner Sponsoren. Die Mitgift, die einige indische Firmen für dieses Jahr in ihn investiert haben, liegt bei knapp 18 Millionen Euro.

Selbst sein Manager Sanjay Sharma musste kürzlich zugeben, dass es sein Schützling ohne Sponsoren wohl nicht in die Königsklasse geschafft hätte: "Talent öffnet dir Türen, aber nur Reichtum erlaubt es dir, auch einzutreten", sagte er der 'Welt'. Der Reichtum, der die Tür zu Jordan geöffnet hat, stammt von Firmen wie der 'Tata Group' (Softwareunternehmen), 'Bharat Petroleum' (staatlicher Mineralölkonzern) und 'JK Tyres' (Reifenhersteller).

Ohne Jordan-Verkauf wäre Karthikeyan nicht in der Formel 1

Hätte Eddie Jordan sein Team nicht verkauft, wäre Karthikeyan übrigens nie in der Formel 1 gelandet. Erst durch die Übernahme des Rennstalls durch 'Midland' und die Bestellung von Carlin und Kolles zum Führungsduo am Kommandostand ist der indische Pilot ein Thema geworden: "Anfang Januar haben mir Trevor und Colin gesagt, dass 'Midland' bei Jordan einsteigen könnte und dass ich mich umhören soll, ob meine Sponsoren bereit wären, mir ein Formel-1-Engagement zu finanzieren", erklärte er.

Dennoch fühlt er sich von den Medien, die ihn in die Bezahlfahrer-Schiene einordnen, ungerecht behandelt: "Okay, der indische Markt ist sicher gut für die Formel 1", gab er zu, "und ich werde im Laufe der Zeit noch mehr indische Sponsoren einbringen, sobald das Land sich stärker globalisiert. Aber ich hätte das Cockpit sicher nie bekommen, wenn sie mir das alles nicht zutrauen würden, daher haben sie mich auch wegen meines Speeds genommen."

Es liegt an ihm selbst, das Image des "Pay-Drivers" so schnell wie möglich abzuschütteln. Denn eines ist klar: Wenn er nicht von Anfang an zu überzeugen vermag, kommt er aus der Schublade, in die man ihn von vornherein steckt, nicht mehr heraus. Piloten wie Pedro Diniz oder Enrique Bernoldi, die an und für sich nicht untalentiert gewesen wären, können ihm davon ein Liedchen singen...