Jaguar-"Raubkatzen" in Hockenheim unerwartet bissig

In der Euphorie um Neuzugang Justin Wilson ging der hervorragende vierte Platz von Webber im Freitags-Qualifying völlig unter

(Motorsport-Total.com) - Nur magere 50 Kilometer konnte Justin Wilson vor diesem Wochenende im Jaguar-Cosworth R4 abspulen, doch der junge Brite packte trotz dieser erschwerten Bedingungen seine Chance beim Schopf und machte auf sich aufmerksam. Mit Platz sieben am ersten Trainingstag in Hockenheim überraschte er die meisten Fachleute.

Titel-Bild zur News: Justin Wilson

Justin Wilson war als Neuzugang bei Jaguar heute die große Sensation

Teamkollege Mark Webber hatte die Latte mit Rang vier recht hoch gelegt, doch Wilson ließ sich vom dadurch auf ihn lastenden Druck nicht beeinflussen und brachte seine Runde sauber ins Ziel. Resultat: Position sieben, im Stallduell um weniger als vier Zehntel geschlagen und damit das erreicht, was Vorgänger Pizzonia das ganze Jahr lang vergeblich versuchte ? nämlich Anerkennung aus den eigenen Reihen und von außen.

Freude über Wilson bei den Verantwortlichen

"Einfach super" war die Vorstellung des Ex-Minardi-Piloten aus Sicht von Jaguar-Chefingenieur Dr. Mark Gillan: "Wenn man bedenkt, wie wenig Gelegenheit er hatte, sich an das Auto anzupassen, sind wir über seine Leistung wirklich erfreut. Mark kam auf Platz vier vor beiden Ferraris, McLarens und einem Renault ? das hat den Druck auf Justin erhöht. Er ging aber sehr gut mit der Situation um und sicherte sich als Siebenter eine exzellente Ausgangsposition für morgen."

Wilson selbst konnte sein Glück kaum fassen: "Das war wunderschön! Es ist sehr ungewöhnlich, vor Michael Schumacher auf Platz sieben zu stehen ? und das noch dazu an meinem ersten richtigen Arbeitstag für Jaguar. Das Auto hat sich fantastisch angefühlt und ich muss dem Team für die Vorbereitung auf diese eine Runde gratulieren. Ich habe den Druck schon gespürt, aber man muss seinen Job machen. Durch Marks vierten Platz waren die Ziele ja noch einmal nach oben revidiert."

Wilson: "Ein guter Start ins Wochenende"

Den siebenten Platz hätte Wilson "nie für möglich" gehalten, zumal er vor dem Qualifying eigenen Angaben nach erst zwei fliegende Runden mit wenig Benzin im Jaguar absolvieren konnte. Fazit: "Ein guter Start ins Wochenende und ich freue mich auf die Lernkurve, die noch vor mir liegt. Das Team macht es mir sehr einfach und hilft mir in allen Belangen ? inner- und außerhalb des Cockpits. Morgen Vormittag müssen wir noch ein paar Sachen erledigen und ich bin sicher, dass noch ein wenig Zeit im Fahrzeug steckt."

Ausschlaggebend für die starke Vorstellung Wilsons war sicher auch das "Private Testing" am Morgen, während dem das Team nicht nur zwei Stunden lang am Fahrzeug arbeiten, sondern während dem sich auch der Neuzugang akklimatisieren konnte. Überhaupt waren die Zusatztests heute von Vorteil, wie auch das überraschende Abschneiden von Renault bestätigt. Zwei Jaguar-Autos in den Top 7 hat es außerdem noch selten gegeben...

"Wir hatten einen guten Vormittag, weil beide Fahrer die Tests und das anschließende Freie Training voll ausschöpfen konnten", bilanzierte Mark Gillan. "Bei Reifenvergleichen angefangen über Balance und Setup konnten wir alle Themen anschneiden und Mark absolvierte außerdem einige Runden im Ersatzwagen. Gemeinsam mit Michelin haben wir hart daran gearbeitet, die Schlappe von Silverstone zu verstehen, was uns scheinbar gelungen ist, aber wirklich wissen können wir das erst nach dem Rennen am Sonntag."

Fantastische Leistung von Webber kaum beachtet

Im Trubel um die überraschende Leistung von Justin Wilson ging völlig unter, dass Mark Webber mit Platz vier wieder einmal eine seiner Freitags-Galas aus dem Hut gezaubert hat. Der Australier war gewohnt schnell unterwegs und erlebte einen problemlosen Trainingstag, den er perfekt umsetzte. Unterm Strich hätte es beinahe sogar zum dritten Platz gereicht, aber die Trulli-Marke verpasste er wegen eines minimalen Fahrfehlers um ein paar Tausendstel.

"Das Auto fühlte sich sehr gut an und unsere Balance passt auf dieser Strecke", strahlte er. "In der sechsten Kurve habe ich einen kleinen Fehler gemacht, sonst wäre ich vor Trulli auf Platz drei gelandet." Gleichzeitig räumte er aber auch ein, dass es "unmöglich" sei, "in so einem Qualifying-Shoot-Out keine Fehler zu machen. Mit wenig Sprit macht das Einzelzeitfahren wirklich Spaß, denn man kann mit dem Auto voll ans Limit gehen."

"Das Team hat bei der Vorbereitung einen großartigen Job gemacht und das ist ein positiver Auftakt in ein Wochenende voll harter Arbeit und Konzentration. Bevor wir uns zu Vorhersagen für das Rennen hinreißen lassen, müssen wir das morgige Qualifying abwarten. Jaguar hat seit dem letzten Jahr große Fortschritte gemacht und wir wollen diesen Schwung bis Japan mitnehmen. In den nächsten fünf Rennen sind noch viele Punkte zu vergeben", schloss Webber ab.