• 04.01.2002 12:59

  • von Fabian Hust

Jaguar Racing enthüllte den Jaguar R3

Das Jaguar-Racing-Team von Teamchef Niki Lauda präsentierte am Freitagmittag das Formel-1-Auto für die Saison 2002

(Motorsport-Total.com) - Als drittes Formel-1-Team nach Toyota und BAR-Honda hat am Freitagmittag Jaguar Racing den neuen Boliden für die Saison 2002 der Öffentlichkeit vorgestellt. Vor mehreren hundert anwesenden Journalisten aus aller Welt ließen die "Grünen" um Teamchef Niki Lauda unweit des Firmenstützpunkts in Milton Keynes (Großbritannien) die Hüllen fallen. Mit dem Jaguar R3 möchte die zum Ford-Konzern gehörende Automarke in der dritten Saison einen weiteren Schritt nach vorne machen.

Titel-Bild zur News: Jaguar R3

So sieht er aus, der neue Jaguar R3 für die Formel-1-Saison 2002

Die Ziele bei der Entwicklung des neuen Autos wurden höher gesteckt als noch in den Jahren zuvor, als die Designmannschaft jeweils recht konventionelle Autos auf die Beine stellte und damit vor allem ein zu schweres Auto in Kauf nahm. Nach mehreren personellen Umstrukturierungen soll nun Niki Lauda endgültig als im vergangenen Jahr neu verpflichteter Teamchef und Geschäftsführer von Jaguar Racing, Cosworth (Rennmotorenhersteller) und Pi (Elektronik) die "Katzen" auf eine stabile Bahn lenken. Für die kommende Saison hat der Österreicher als realistisches Saisonziel Rang fünf oder sechs in der Konstrukteurswertung vorgegeben.

Der neue Jaguar ist leichter und effektiver

Der Jaguar R3 hat 33 Kilogramm abgespeckt, das ermöglicht es den Ingenieuren, mehr Ballast am Unterboden zu verteilen, was der Balance des Autos zu Gute kommen wird. Erstaunlich hoch ist die Ausbeute an mehr Abtrieb, die der im letzten Jahr neu verpflichtete Chefaerodynamiker Mark Handford und sein Team gefunden haben. Satte acht Prozent mehr soll das neue Chassis generieren, ohne freilich dabei an Windschlüpfrigkeit eingebüßt zu haben. Das wäre ein relativ großer Sprung, sollten sich die Werte aus dem Windkanal auf der Rennstrecke als richtig erweisen, was keinesfalls der Fall sein muss. Um dem Jaguar R3 die in der vergangenen Saison fehlende Stabilität in den Kurven zu verleihen, wurde der Radstand verlängert.

"Der Jaguar R3 wurde mit dem Ziel entworfen, eine außergewöhnlich gute aerodynamische Effizienz zu erzielen", erklärt Lauda und ergänzt, dass auch ein niedriger Schwerpunkt und eine gute Verwindungssteifigkeit auf der Prioritätenliste ganz oben standen. "Die besonders hohe Nase ist das Ergebnis ausgiebiger Untersuchungen im Windkanal und neuer Konstruktionsmethoden. Aerodynamisch wird der R3 mehr Abtrieb generieren als der R2 und sensibler reagieren. Sobald wir unseren neuen Windkanal im nächsten Monat in Betrieb nehmen, werden wir mit dem Entwicklungs-Programm beginnen, das uns im Verlauf des Jahres noch weiter nach vorne bringen soll."

Mutiger im Design

Niki Lauda bleibt dennoch Realist und spricht nicht davon, dass Jaguar in der kommenden Saison konkurrenzfähig sein wird. Erst im Jahr danach, wenn der dreifache Formel-1-Weltmeister seinen Einfluss auf das Team verstärkt haben will, möchte man vorne mitfahren. Dennoch erhielt das Designteam rund um Chefdesigner Steve Nichols den Auftrag, ein weniger konventionelleres Auto auf die Beine zu stellen. Ob dies den erwartenden Sprung nach vorne mit sich bringen wird, werden die kommenden Monate zeigen. Natürlich hofft man bei Jaguar auch darauf, dass Reifenpartner Michelin in der zweiten Saison einen Schritt nach vorne machen wird.

Der R3 ist das erste Auto, das gemeinsam von Steve Nichols und Mark Handford entwickelt worden ist: "In diesem Jahr war unser Ziel ganz einfach", erklärt Nichols. "Wir wollten das Auto so schnell wie möglich machen. Das klingt natürlich logisch, bedeutet aber, dass wir beim Design mutiger gewesen sind. Wir haben uns auf die Aerodynamik konzentriert, da wir das Gefühl hatten, dass wir auf diesem Gebiet etwas im Rückstand waren. Man darf mich nicht missverstehen, unsere Leute sind gut, aber die Tatsache, dass der Windkanal bisher in Kalifornien stand, hatte uns Probleme bereitet."

Lauda lernt das Team besser verstehen

Lauda hat schon seit Monaten einiges in die Wege geleitet, was das Team mittel- und langfristig nach vorne bringen soll. Ein eigener Windkanal in England wurde angeschafft, am 13. Januar wird sich der Teamchef höchstpersönlich in das Vorjahresmodell R2 setzen, um besser verstehen zu können, wie sich die modernen Formel-1-Boliden verhalten. Und in der kommenden Saison wird das Arrows-Team mit dem gleichen Cosworth-Motor an den Start gehen, den auch Jaguar einsetzt. Mit diesem Schritt will Lauda nicht nur die "Kriegskasse" des Teams auffüllen sondern auch besser bewerten können, wie gut seine eigene Mannschaft arbeitet.

Der Cosworth-Motor galt in der letzten Saison unter Experten als einer der besseren Motoren, hatte jedoch einen deutlichen PS-Rückstand auf den Motor von BMW und auch jenen von Ferrari. Das Hauptproblem des R2 war nicht der Motor sondern seine unausgereifte Aerodynamik. Im vergangenen Jahr holte das aus Stewart-Ford hervorgegangene Team mit neun WM-Punkten den achten Platz der Konstrukteurswertung, im Jahr davor mit vier WM-Zählern Rang neun. Diese Punktzahl gilt es nun zu steigern, damit man das Saisonziel ? Rang fünf oder sechs ? erzielen kann.

Keine Überraschung bei den Fahrern

Bereits am Dienstag kommender Woche wird das Team, das auch in diesem Jahr aus dem ehemaligen Vizeweltmeister Eddie Irvine und dem Spanier Pedro de la Rosa besteht, den R3 testen. Dazu reist das Team in das spanische Barcelona, wo man sich mit den neuen Autos von BAR-Honda und vermutlich auch Toyota wird messen können. Mit den Fahrern übrigens war Niki Lauda in der Saison 2001 zufrieden: "Die sind gar nicht unser Problem, das Auto konnte unseren Erwartungen nicht gerecht werden." Eddie Irvine gibt sich zuversichtlich, dass Jaguar mit dem R3 der gewünschte Sprung nach vorne gelingen wird: "In das Auto wurde mehr Zeit investiert und wir verstehen die Aerodynamik jetzt schon viel besser."

Nach dem Rausschmiss von Testfahrer Tomas Scheckter in der vergangenen Saison wird nun James Courtney die Rolle des Testfahrers bei den Grünen übernehmen und in der kommenden Saison auch in der Britischen Formel-3-Meisterschaft an den Start gehen. Der 21-jährige Australier beendete im vergangenen Jahr die Britische Formel-3-Meisterschaft im Jaguar-Junior-Team als Dritter. Ob auch das deutsche Nachwuchstalent André Lotterer den Jaguar wie schon im vergangenen Jahr wird testen dürfen, wurde zunächst nicht bekannt gegeben.

HSBC und Beck's bleiben Jaguar treu

Trotz hoher Verluste bleibt HSBC Sponsor des Jaguar-Teams, ebenso die Bremer Brauerei Beck und Co., die im vergangenen Jahr vom belgischen Brauereigiganten Interbrew aufgekauft worden war. Nachdem der Benzin- und Schmierstofflieferant ChevronTexaco seine Kooperation mit Jaguar Racing zum Jahresende gekündigt hat, wird nun Castrol mit der Marke BP in der kommenden Saison Partner der "Grünen" sein.