• 02.11.2004 11:25

  • von Marco Helgert

Jacques Villeneuve ein Mann "von gestern"?

Ex-Formel-1-Weltmeister John Surtees macht sich Gedanken über die abgelaufene Formel-1-Saison 2004

(Motorsport-Total.com) - Seit dem unfreiwilligen Rauswurf von Jacques Villeneuve bei BAR-Honda vor dem Japan-Grand-Prix 2003 buhlte der Kanadier um eine Weiterbeschäftigung in der Formel 1. Doch lange Zeit sah es so aus, als ob der Weltmeister von 1997 jeglichen Kredit in der Formel-1-Gemeinde verspielt habe. Umso überraschender dann die Wende vor dem China-Rennen. Jarno Trulli wurde bei Renault entlassen, das freie Cockpit übernahm Villeneuve, nicht der Test- und Ersatzfahrer Franck Montagny.

Titel-Bild zur News: Jacques Villeneuve (Renault R24)

Surtees kann den Einsatz von Jacques Villeneuve nicht verstehen

"Ich weiß immer noch nicht so recht, was man sich bei Renault dachte, als man Villeneuve zurück ins Auto holte", ließ John Surtees gegenüber 'vodafone racing' seinen Gedanken freien Lauf. "Ich kann mir nicht helfen und halte ihn für einen Mann von gestern. Ganz sicherlich sind auf dem Markt jüngere und vor allem schnellere Piloten zu haben." Ein adäquater Ersatz für Jarno Trulli war Villeneuve jedenfalls nicht.#w1#

"Ich bin mir nicht sicher, wer dieses Problem verursacht hat. Aber Fakt ist: Es gab das Problem", erklärte er weiter. "Deshalb ging man wohl davon aus, man brauche ein neues Gesicht, um das Blatt in der Meisterschaft noch einmal zu wenden. Ich gehe aber davon aus, dass sie mit einem ihrer Testpiloten ein wenig besser gefahren wären." Ergebnis der kurzfristigen Aktion: Jacques Villeneuve holte in drei Rennen keinen einzigen WM-Punkt.

Ferraris "historische Leistung"

Doch auch wenn der Trulli-Villeneuve-Tausch einer der letzten markanten Punkte der Saison darstellt, das Jahr hatte für Surtees weit mehr zu bieten. Gerade die Leistungen von Ferrari, die wieder einmal alles dominierten, ringen dem Engländer Respekt ab: "Was dieser Rennstall in Sachen Speed und Zuverlässigkeit produzierte, darf getrost als historische Leistung bezeichnet werden."

Auch der zweite Platz von BAR-Honda sei eine positive Entwicklung für den gesamten Sport. "Jenson Button zeigte in diesem Jahr gute und solide Leistungen. Ganz sicherlich trug er seinen Teil dazu bei, das wahr werden zu lassen, was zu Beginn der Saison niemand erwartet hatte: BAR-Honda wurde Zweiter im Konstrukteurs-Championat." Doch mit seinen Wechselabsichten zu BMW-Williams machte sich der aufstrebende Fahrer keine Freunde. "Ich spüre deshalb einen bitteren Nachgeschmack. Das hätte ganz sicherlich verhindert werden können. So geht man mit einem Team, das derart viel für einen tut, nicht um."

Enttäuschend dagegen waren die Vorstellungen von McLaren-Mercedes und BMW-Williams, die vor der Saison weit mehr erwarteten. Auch Ferraris Technischer Direktor Ross Brawn erklärte, dass er überrascht war, die einstigen Top-Teams nicht mehr ganz vorne zu sehen. "Was mich am meisten schockte, war die Tatsache, dass uns Renault und BAR herausforderten und nicht die Teams, von denen wir das erwartet hatten", so der 49-Jährige gegenüber dem 'Telegraph'.

Surtees hofft auf einen Verbleib von zehn Teams

Auch Surtees wurde von dieser negativen Formkurve überrascht. "Sie machten zunächst fast alles falsch - warum auch immer", erklärte er. "Williams-BMW bekam unglücklicherweise Probleme mit den Fahrern. Es ist zu Saisonbeginn nicht gerade ideal, wenn man genau weiß, dass einer der eigenen Piloten bereits für das nächste Jahr bei einem der bedeutendsten Gegner unterschrieben hat. Die hoffen nun sicherlich, dass sie einen Punkt erreicht haben, von dem an alle wieder gemeinsam an einem Strang und in eine Richtung ziehen werden."

Hinter der Saison 2005 stehen noch einige Fragezeichen, denn drei Teams stehen vor dem Aus. Während Minardi nach jetzigem Kenntnisstand auf jeden Fall dabeibleiben wird und es für Jordan auch wieder besser aussieht, ist Jaguar noch ein Wackelkandidat. John Surtees hat die Hoffnung, dass auch 2005 zehn Teams am Start sein werden: "Ich hoffe ernsthaft, dass sich jemand finden wird, der Jaguar übernimmt, und dass Jordan nicht verschwindet. Ich gehe aber davon aus, dass die es schaffen werden."

Dabei gehört Surtees aber zu denjenigen, die Drei-Wagen-Teams nicht generell ablehnen. Immerhin setzte er als aktiver Teamchef selbst bis zu vier Autos ein. "Für die Teams, vorausgesetzt sie bekommen einen zusätzlichen Anteil des Geldes, das durch einen Grand Prix erwirtschaftet wird, sollten dadurch keine Probleme entstehen. Finanziell kann es sogar von Vorteil sein", erklärte er. "Es gibt also eine ganze Reihe von Fragen, die vorläufig unbeantwortet sind. Mal sehen, wie sich die Dinge entwickeln werden."