• 08.02.2002 10:00

  • von Marcus Kollmann

Irvine: "Melbourne wird wie Russisches Roulett"

Der Jaguar-Pilot im Exklusiv-Interview über die neue Saison, sein Team, den Jaguar R3, den Reifenwettkampf, die Konkurrenz und mehr

(Motorsport-Total.com) - Mit seinen 36 Jahren ist Eddie Irvine diese Saison der älteste Formel-1-Pilot. An 129 Formel-1-Grand Prix hat der in Newtownards geborene Rennfahrer mittlerweile teilgenommen und 1999 verpasste er den Weltmeistertitel nur knapp. Seine letzte Saison bei Ferrari war mit 4 geholten Siegen gleichzeitig auch seine erfolgreichste. Mit Jaguar Racing konnte der Vizeweltmeister von 1999 zuletzt im Vorjahr einmal auf das Treppchen klettern. Diese Saison, so hofft er, wird das öfter der Fall sein. Denn wenngleich er in Melbourne der älteste Pilot am Start sein wird und immer jüngere Fahrer in die Königsklasse drängen, hat der für seine offene Meinungsäußerung und seine Vorlieben für schöne Frauen und schnelle Autos bekannte Pilot noch immer das Ziel Weltmeister zu werden.

Titel-Bild zur News: Eddie Irvine

Irvine hofft, dass der Jaguar R3 in Melbourne konkurrenzfähig sein wird

Im Exklusiv-Interview mit F1Total.com-Redakteur Marcus Kollmann spricht der Nordire über seine Erwartungen an die am 3. März beginnende Saison, den Stand der Dinge bei Jaguar Racing, die Konkurrenz, seine Einstellung zur Königsklasse und verrät darüber hinaus wie lange er noch Rennen in der Formel 1 fahren will.

Frage: "Eddie, zuletzt ist viel über das Problem mit dem Frontflügel des Jaguar R3 gesprochen worden. Glaubst du, dass dein Team das in der verbleibenden Zeit hinbekommt, sodass ihr in Melbourne konkurrenzfähig sein werdet?"
Eddie Irvine: "Ich hoffe schon. Das Technikteam hat sehr hart daran gearbeitet neue Modifikationen zu entwickeln. Vor dem Grand Prix in Australien werden wir aber nicht sicher wissen ob wir das hinbekommen haben. Erst das Ergebnis in Melbourne wird darüber Aufschluss geben."

Frage: "Wenn man einmal die Probleme mit dem Frontflügel außen vor lässt, was denkst du wird dann in Melbourne für euch möglich sein? Ein Platz in den Punkten oder vielleicht sogar ein Podiumsplatz?"
Irvine: "Nun, zum jetzigen Zeitpunkt ist das verdammt schwer einzuschätzen. Das erste Rennen ist immer wie Russisches Roulett - für jedes Team. Wenn man bis zum Ende durchhält, könnte man Punkte holen, aber für mich selbst wird es wichtiger sein die Performance des Autos zu spüren, selbst wenn ich am Ende nicht ins Ziel kommen sollte."

Frage: "Okay, wie zufrieden bist du mit dem Speed, der Zuverlässigkeit, den Reifen und dem Motor im Moment?"
Irvine: "Ehrliche Antwort? Es ist einfach noch zu früh etwas dazu zu sagen. Die ersten Rennen werden eine Antwort auf diese Frage geben."

Frage: "Niki Lauda hat letztes Jahr angedeutet, dass ihr zu Beginn mit einem Cosworth-Motor stand 2001 fahren werdet. Erst sobald der neue Motor stärker ist soll dieser eingesetzt werden. Ist das wahr?
Irvine: "Niki ist der Boss. Wenn er es so gesagt hat, dann muss es auch wahr sein."

Das technische Team bei Jaguar Racing ist stärker als es erscheint

Frage: "Das Arrows-Team wird den gleichen Motor wie ihr einsetzen, weshalb man die Leistung eures Teams an der von Arrows messen können wird. Fürchtest du, dass Arrows besser sein könnte als ihr?"
Irvine: "Nein. In der Formel 1 treten wir aber nicht nur gegen Arrows, sondern insgesamt gegen zehn andere Teams an."

Frage: "Jaguar Racing hat am Montagmorgen die Trennung von Steve Nichols bekannt gegeben. Es wird davon ausgegangen, dass er wegen den Problemen mit dem R3 gehen musste. Wie hast du diese Nachricht aufgenommen? Weißt du mehr über die Hintergründe?"
Irvine: "Ich persönlich habe mich ausschließlich auf die Testfahrten konzentriert und keine Zeit gehabt die Spekulationen zu verfolgen. Als Niki Lauda Teamchef wurde wusste er, dass wir einige Probleme innerhalb der Teamstruktur hatten. Ich vertraue seinen Entscheidungen voll und ganz und denke, dass er genau weiß was er tut."

Frage: "Aber keinen richtigen Technischen Direktor zu haben ist doch sicherlich für die Stabilität nicht gerade dienlich. Denkst du, dass euer Management was ändern und vielleicht einen der anderen Technischen Direktoren verpflichten wird deren Verträge jetzt auslaufen?"
Irvine: "Wie ich schon gesagt habe, ich hatte noch keine Zeit mich darüber mit irgendjemandem zu unterhalten. Unser technisches Team ist stark und die Verpflichtung von Günther Steiner hat es noch stärker gemacht. Ich weiß nicht worauf du hinauswillst mit dieser Frage..."

Frage: "Jedes Jahr ist es bei den Testfahrten das Gleiche. Einige Teams fahren schnelle Zeiten und sehen gut aus, andere sind langsamer und sehen folglich schlechter aus. Du hattest sicher Zeit die anderen Teams ein wenig zu beobachten. Welche Teams werden eure Konkurrenten in dieser Saison sein?"
Irvine: "Nicht wirklich, ich war eigentlich zu sehr beschäftigt mit der Arbeit an meinem Auto. Deshalb kann ich das nicht beurteilen."

Irvine: Im gleichen Auto kann niemand Michael Schumacher das Wasser reichen

Frage: "1999 hättest du beinahe die Weltmeisterschaft gewonnen. Jetzt, drei Jahre später, bist du schon 36 Jahre alt. Hast du noch immer die Motivation Weltmeister zu werden oder seit du bei Jaguar bist kleinere Ziele?"
Irvine: "Meine Motivation ist noch immer wie damals und meine Ziele sind immer noch die gleichen. Ich will die Weltmeisterschaft gewinnen, keine Frage."

Frage: "Welcher von den 21 Fahrern könnte deiner Meinung nach für Michael Schumacher und Ferrari eine Gefahr werden? Coulthard, Montoya, sein Bruder oder jemand anderes?"
Irvine: "Ich denke, dass auch dieses Jahr Michael wieder der klare Favorit ist."

Frage: "Als Ferrari Luciano Burti als zweiten Testfahrer verpflichtet hat, hast du gesagt, dass sie von seiner Arbeit profitieren werden. Du hast mit ihm damals zu Stewart-Zeiten und dann bei Jaguar zusammengearbeitet. Warum ist er so wertvoll?"
Irvine: "Er ist ein sehr intelligenter jungen Mann und besitzt ein gutes technisches Verständnis und Wissen. Luciano ist ein guter Fahrer aber auch gleichzeitig ein guter Testfahrer. Kurzum, er ist der perfekte Mann für die Aufgabe bei Ferrari."

Frage: "Ferrari hat gesagt, dass Michael und Rubens das gleiche Material erhalten werden. Denkst du, dass Rubens das Talent besitzt Michael zu besiegen?"
Irvine: "Michael ist einfach der stärkste Fahrer in der Formel 1. Ich bin der Meinung, dass niemand, der gegen ihn im selben Auto antritt, ihn schlagen kann."

Irvine rechnet damit, dass Michelin sehr konkurrenzfähig sein wird

Frage: "Dieses Jahr rechnen viele damit, dass der Wettkampf zwischen Michelin und Bridgestone die Weltmeisterschaft entscheiden könnte. Du hast einige Tests für euren Reifenpartner bereits absolviert. Wie stark schätzt du Michelin ein?"
Irvine: "Michelin hat schon im letzten Jahr fantastische Arbeit geleistet und deshalb gehe ich davon aus, dass sie in diesem Jahr mindestens genauso gut sein werden."

Frage: "Bei trockener Strecke war Michelin in der Saison 2001 schon sehr gut, bei Regen hatten sie aber noch so ihre Probleme. Denkst du, dass sie mit ihren neuen Regen-Reifen einen Schritt nach vorn gemacht haben und genauso gut wie Bridgestone sind?"
Irvine: "Ich habe dieses Jahr schon ein wenig bei nasser Strecke getestet und kann sagen, dass Michelin sicher beweisen wird wozu sie in der Lage sind. Sie werden ganz bestimmt einen großartigen Reifen für Regenwetter bringen."

Frage: "Zuletzt hieß es in der englischen Presse, dass du mit BAR-Teamchef David Richards gesprochen hättest. Es wurde prompt vermutet, dass du schon mal wegen deines auslaufenden Vertrages bei Jaguar andere Optionen prüfst. Was ist dran an diesen Meldungen?"
Irvine: "Also im Moment bin ich ja in Miami, wo ich eine kurze, letzte Pause genieße. Ich kümmere mich um solche Sachen aber nicht persönlich, denn das macht mein Manager musst du wissen. Ich glaube, dass er David Richards recht gut kennt, jedoch wüsste ich nicht, dass er mit ihm gesprochen hat."

Frage: "Viele Leute glauben, dass du auf Grund deines Alters bald aufhörst Formel 1 zu fahren? Wie lange hast du selbst noch vor dabei zu sein?"
Irvine: "Ganz einfach: So lange ich einen oder mehrere Gründe habe das zu machen und so lange ich Spaß daran habe."