• 15.04.2003 14:09

Interview mit TMG-Vizepräsident Toshiro Kurusu

Toshiro Kurusu, in der Management-Etage von TMG in Köln Vizepräsident, im Interview über Toyotas Formel-1-Programm

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Wie sind Ihre Eindrücke von den ersten Rennen dieser Saison?"
Toshiro Kurusu: "Im Winter haben wir große Fortschritte gemacht. Wir haben uns auf die Saison gefreut und beim ersten und zweiten Rennen durften wir trotz der negativen Resultate optimistisch sein. Ich denke, dass wir gezeigt haben, dass unser Auto schnell genug ist und die Fahrer besser als erwartet sind. Für jeden Fahrer ist dieses Jahr schwierig. Am Samstag schleppen alle unterschiedliche Benzinmengen mit sich herum. Meiner Meinung nach würde man mit weniger Sprit ein klareres Bild von der echten Performance eines Fahrers sehen, worum es in der Formel 1 ja geht."

Titel-Bild zur News: Toshiro Kurusu

Toshiro Kurusu ist bei Toyota Motorsport in Köln Vizepräsident

Frage: "In welchen Bereichen habt ihr technisch die größten Fortschritte gemacht?"
Kurusu: "Definitiv sind uns im Bereich der Aerodynamik riesige Fortschritte gelungen. Seit Juli letzten Jahres läuft der Windkanal 16 Stunden am Tag, was bedeutet, dass wir das aktuelle Auto parallel zum vorjährigen entwickeln konnten. Für jeden Newcomer ist das zweite Jahr schwierig. Das hat damit zu tun, dass man dann ja erst die Schwierigkeit kennen lernt, zwei unterschiedliche Programme gleichzeitig vorantreiben zu müssen. Ich bin zufrieden, dass wir die diesjährige Entwicklung zum richtigen Zeitpunkt begonnen haben."

Motorsport-Enthusiast seit den Tagen Jim Clarks

Frage: "Wann hatten Sie zum ersten Mal mit dem Motorsport zu tun?"
Kurusu: "Vor 20 Jahren war ich Chassis-Designer für das Gruppe-B-Rallyeprojekt von Toyota, aber leider haben sie dann die Regeln geändert. Ich war neun Jahre lang Chassis-Designer und muss sagen, dass die Logik der Rallye-Autos der der Serienproduktion sehr ähnlich ist. Dann wurde ich Chassis-Ingenieur für Forschung und Entwicklung und war damit Leiter von Toyotas erstem Fahrzeugstabilitäts-Kontrollsystem. Danach wurde ich gefragt, ob ich mich am Formel-1-Programm beteiligen möchte, was ich dankend angenommen habe."

Frage: "Waren Sie auch davor schon ein Formel-1-Enthusiast?"
Kurusu: "Ja, seit den Tagen von Jim Clark. Mein Held war Chris Amon. Ich habe gesehen, wie er Clark in der Tazman-Formel-2-Serie besiegt hat ? er war der Einzige, der das konnte. Es war ein spezieller Moment für mich, als wir uns in Melbourne, wo er als Gast von uns eingeladen wurde, getroffen haben. In meiner Rallye-Zeit habe ich eng mit TTE, dem Toyota Team Europe, zusammengearbeitet, die das Programm ausgeführt haben. Ab 1982 wurde dann die Formel 1 im japanischen Fernsehen übertragen. Ich bin davor schon einmal in Fuji gewesen ? in dem Jahr, als James Hunt Weltmeister wurde und Mario Andretti das Rennen gewann. Während meines Studiums war ich Angestellter beim Fuji Speedway, wo ich die Leute am Ansatz der Steilkurve unter Kontrolle behalten musste, was sehr gefährlich war. Die Formel 1 hat sich seither stark verändert."

Zufriedenheit über die beiden Piloten

Frage: "Wie schätzen Sie die bisherigen Leistungen von Olivier Panis und Cristiano da Matta ein?"
Kurusu: "Cristiano hat im Mai letzten Jahres mit uns getestet und Toyota hat in der CART-Serie vier Jahre mit ihm zusammengearbeitet, also wussten wir schon im Vorhinein, wie gut er als Fahrer ist. Wir sind zuversichtlich, dass er in der Formel 1 Erfolg haben wird ? er hat sich jedenfalls gut auf das Leben hier eingestellt. Olivier ist nicht nur für seinen beeindruckenden Speed, sondern auch für sein bemerkenswertes technisches Feedback bekannt und das hat er in den ersten Rennen mit guten Fahrten unterstrichen. Ich glaube, dass die Kombination aus Cristiano und Olivier schon jetzt die Gesamtleistung des Teams verbessert hat."

Frage: "Wie wichtig ist es für Toyota, dass die Formel 1 einen gewissen technischen Spielraum zulässt?"
Kurusu: "Toyota hat schon an vielen Kategorien im Motorsport teilgenommen: CART und IRL in den USA, das Le-Mans-Projekt, der Rallyesport, aber die Formel 1 ist die Königsklasse. Motorenseitig gibt es jede Menge Spielraum für Innovationen und der Konkurrenzkampf ist auf der technischen Ebene mit Abstand der interessanteste. Das Auto ist auch leicht und generiert viel Abtrieb, also ist es auch hinsichtlich der Aerodynamik und der Materialien gut. Wir haben Zugang zum höchsten Level an Technologie im Motorsport. Das hat Vorteile für die Firma, aber es ist sehr hart, in so einem Umfeld dabei zu sein, und wir müssen uns Tag für Tag verbessern, um mit den besten Teams mithalten zu können."

Gesamter Konzern steht hinter dem Formel-1-Team

Frage: "Wie viel bedeutet das Formel-1-Programm der Toyota-Familie auf der ganzen Welt?"
Kurusu: "Es ist sehr gut für die Toyota-Ingenieure und außerdem ist Toyota ein internationaler Konzern mit Fertigungsstätten in vielen Ländern, also ist das Formel-1-Programm sehr wichtig und es genießt auch volle Unterstützung. Letztes Jahr waren unsere Mitarbeiter schon sehr aufgeregt, aber dieses Jahr sind sie es wahrscheinlich noch zehnmal mehr, speziell in Brasilien, weil wir jetzt einen brasilianischen Fahrer und einen brasilianischen Testfahrer im Team haben. In vielen Ländern sind alle Toyota-Mitarbeiter begeistert von unserem Formel-1-Engagement. Es ist wichtig für die Firma, ihre vielen Mitarbeiter auf diese Weise zu einen und Panasonic Toyota Racing ist ein Symbol dieser weltweiten Einheit. Es läuft in dieser Hinsicht viel besser als erwartet. Die Emotionen sind weit größer als wir annehmen durften."

Frage: "Ist es ein Vorteil für ein neues Team, wenn sich die Regeln verändern, weil man sich nicht umstellen muss, oder eher ein Nachteil, weil die Konkurrenz mehr Erfahrung hat?"
Kurusu: "Man kann dabei hängen bleiben. Letztes Jahr war zum Beispiel die Benzintemperatur am Start eines Rennens geringer, aber jetzt müssen die Autos über Nacht im Parc Fermé bleiben und dadurch sind auch die Benzintemperaturen höher. Damit hatten wir Probleme. So etwas sollten wir wissen, aber vielleicht ist es ein Erfahrungsmangel. Das Problem ist alt und im Motorsport nicht neu, aber beim Benzinsystem müssen wir den Ursachen auf den Grund gehen, was wir inzwischen auch getan haben. So ein Denken ist typisch für Toyota ? logisch zu sein und alle Fakten, die auf dem Tisch liegen, zu analysieren. Wenn wir so denken, können wir uns auf zukünftige Änderungen der Regeln gut vorbereiten ? genau wie die anderen neun Teams in der Formel 1."

Intensive Zusammenarbeit zwischen Köln und Tokio

Frage: "Wie schwierig ist es logistisch gesehen, das Formel-1-Team in Köln und die Toyota Motor Company in Japan zu haben? Und welche Strukturen werden ins Leben gerufen, um die Effizienz zu verbessern?"
Kurusu: "Was die Zulieferung betrifft, verlassen wir uns auf Japan bezüglich der Gusswaren und einiger Maschinenteile, aber auch für technische Informationen und Support. Wir sind der Ansicht, dass die Kapazität in Japan, solche Teile zu bauen, extrem gut ist, und auch, dass ihre Stärke größer ist als in Europa, aber andererseits dauert es drei oder vier Tage länger als bei europäischen Zulieferern, diese Teile einfliegen zu lassen, also bitten wir um kürzere Zeitspannen in den japanischen Abteilungen. Kürzlich haben wir in Köln auch eine interne Arbeitsphilosophie installiert, über die unsere Zusammenarbeit mit der Toyota Motor Company ausgeweitet wird. 'Ein Ziel, ein Team' soll bezwecken, dass alle Teammitglieder mit demselben Ziel in dieselbe Richtung arbeiten und dieselbe Motivation haben ? nämlich Toyota."

Frage: "Was ist ein realistischer Zeitraum, in dem man von Toyota Siege erwarten kann?"
Kurusu: "Ich denke, im zweiten Jahr müssen wir uns auf diese Herausforderung vorbereiten, aber im dritten Jahr sollten wir uns so weit steigern können, dass wir um einen Sieg mitkämpfen können. Siege hängen von vielen verschiedenen Faktoren ab, aber Wissen und Erfahrung sind die wichtigsten Dinge, um sich mit den Spitzenteams messen zu können. Wir sehen das Formel-1-Programm als langfristige Herausforderung und Verpflichtung, aber in unserem dritten Jahr würden wir uns gerne auf dem Podium sehen und anfangen, über Siege nachzudenken, wenn sich einmal eine entsprechende Chance bieten sollte."

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