• 08.04.2006 13:20

  • von Inga Stracke

Inga on Tour: Geschichten aus Australien

'F1Total.com'-Reporterin Inga Stracke über die Herausforderungen des Rennwochenendes in Australien und zahlreiche Eigenarten in "Down Under"

(Motorsport-Total.com) - Hallo liebe Formel-1-Freunde, oder "g'dday", wie der Australier sagt! So, und wieder ist eine Woche so schnell vorbei geflogen, dass man sich wirklich mit Paulchen Panther fragen könnte "wer hat an der Uhr gedreht..."

Titel-Bild zur News: Inga Stracke

Der Ausblick entschädigte für das anstrengende Wochenende in Melbourne

Doch erst einmal den Zeiger zurück: Gleich am Mittwoch ging's leicht stressig los: Ein Termin jagte den nächsten. Erst gab Fernando Alonso brav einige Statements bei einer Sponsorenveranstaltung, dann lud 'Shell' zur Pressekonferenz im Royal Institute of Technology. Irgendwie war die Technologie im königlichen Institut aber nicht ganz so ausgereift: Die Akustik war so schlecht, dass Hauptdarsteller Michael Schumacher des Öfteren nachfragen musste. Eigentlich machen das ja diejenigen, die Schumacher gegenüberstehen oder -sitzen. Wie auch immer!#w1#

Ferrari in "Wettkampflaune"

Einer der penetranten australischen Kollegen schaffte es dann auch prompt noch, den sonst höchst locker und entspannt wirkenden Rekord-Weltmeister zu verstimmen. Wie? Ganz einfach, indem er - mal wieder - die Frage nach seinem Rücktritt stellte. Antwort Schumacher: "Ich werde es euch gegen Sommer sagen, weil ich mich dann entscheide". Damit gab sich der einheimische Schreiberling keineswegs zufrieden. Er solle doch, wenn er schon nicht sage, was er machen werde, wenigstens sagen, wann er eine Entscheidung treffen wolle?! Kein Kommentar!

Michael Schumacher

Michael Schumacher posiert mit australischen Rugby-Stars Zoom

Für Amüsement sorgte unterdessen der Auftritt Felipe Massas. Oder besser, der Versuch. Minuten lang wummerte laute Sambamusik durch die Halle, um den Brasilianer standesgemäß auf der Bühne zu begrüßen. Nur kam er nicht und löste so einige Verwirrung auf dem Podium aus, ehe er endlich auftauchte - just als die Musik fast schon verstummt war.

Nach der Pressekonferenz kamen dann ein paar Schulkinder, die mit Druck angetriebenen Mini-Ferrari ein Speedrennen fuhren, einer der Stöpsel erklärte das System und übergab die beiden Kontrolleinheiten an Michael Schumacher und Felipe Massa mit den lockeren Worten "Good Luck Boys" - cooler Bursche! Ach ja, und Felipe Massa gewann gegen Schumi!

Die kleinen Rennwagen waren im Ziel und wir düsten schon weiter zum "Junction Oval" direkt an der Rennstrecke. Dort hatte 'Vodafone' ein kleines Rugbyfeld aufgebaut, das dermaßen mit ihren Fahnen und Transparenten dekoriert war, dass ein Stierkampf hier ob des vielen Rots absolut unmöglich gewesen wäre. Nachdem die Regeln erklärt und die australischen Rugbystars (von denen leider keiner von uns einen kannte, die aber fast alle fürchterliche Narben an den Knien von zahlreichen Operationen hatten) vorgestellt waren, begann das Spiel.

Schumi mit den Wallabies beim Rugby? Naja, es war ja kein richtiges Rugby, sondern Touch-Rugby. Eigentlich sollte es ja meiner Meinung nach eher "Not-Touch-Rugby" heißen, denn Berühren ist da nicht drin, und wenn, dann durch einen fast zärtlichen "Touch" auf die Schulter... Schumi war in seinem Element, erzielte fast alle Punkte seiner siegreichen Mannschaft und glich damit im internen Mittwochsduell mit Massa aus.

Offenheit bei BMW

Fernando Alonso

Fernando Alonso gewann das Tennisturnier mit "versteinerter Miene" Zoom

Nach einem kurzen Abstecher ins Pressezentrum (warum sind nur die besten Plätze jetzt schon mittwochmittags alle reserviert?) ging's zum nächsten Termin: dem "Pit-Stop-Tennis-Pro-Am"! Mark Webber hatte gerufen und eine ganze Menge Formel-1-Piloten waren gekommen: zu einem Wohltätigkeitstennisturnier in Kooyong, wo diese Woche das Davis-Cup Viertelfinale Australien gegen Weißrussland stattfindet.

Weltmeister Fernando Alonso, die BMW Sauber F1 Team Fahrer Nick Heidfeld und Jacques Villeneuve, Giancarlo Fisichella, Nico Rosberg, Alexander Wurz, Christian Klien und australische Tennisstars wie John Fitzgerald, Wally Masur und Jason Stoltenberg spielten auf. Mit meist versteinerter Miene bewies Alonso auch auf diesem Hartplatz seine Qualitäten. Game, Set and Match für den Spanier.

Abends lud 'Foster's' zur Grand-Prix-Eröffnungsparty, aber nach so vielen Events und auftretenden, jetlagbedingten Müdigkeitsattacken habe ich mir "Australian for Beer" gespart und war bei meinem Lieblingsthai zum Essen: Frühlingsrollen - mein Lieblingsessen, danach Krokodil- und Känguruhstirfry!

Wunderschön: der Freitagabend! BMW hatte netterweise zum Dinner geladen und die Location war einfach ein Traum: das 'Donovan's' (neben dem berühmten Stokehouse, das ich in meiner Vorschau beschrieben hatte) direkt am Strand. Wir dinierten mit Blick auf die Dünen und die hereinrollenden Wellen, die weiße Gischt leuchtete in den Scheinwerfern vor der Terrasse und die weißen Möwen sahen darin so gespenstig aus, dass ein Kollege sie - nach einigen Gläsern das absolut ausgezeichneten australischen Weines - meint: Schaut mal, die leuchten ja.

Das zweite Kompliment - neben Location, Wein, Dinner und Gesellschaft - mache ich aber BMW aus einem anderen Grund. Nach der allgemeinen Geheimnistuerei, Verschleierung und Schönfärberei, die in der Formel 1 an der Tagesordnung sind, war es wohltuend zu hören, wie ehrlich und offen BMW Motorsport Direktor Mario Theissen die letzten Probleme der Weiss-Blauen zugab und erklärte. Die WM-Punkte durch die Plätze vier und sechs durch Nick Heidfeld und Jacques Villeneuve im Rennen musste man ihnen danach erst recht gönnen!

Haben die Ex-Benetton-Jungs das Feiern verlernt?

Am Samstag hielt uns Flavio Briatore mit seiner Gruß-Entgleisung etwas in Atem, und "Schumi" enttäuschte damit, dass er in der zweiten K.-O.-Runde der Qualifikation rausflog. Er versuchte zwar, sich weiterhin locker zu geben, aber die Enttäuschung war ihm schon deutlich anzusehen. Seine Crew arbeitete noch lange, auch die anderen Teams konnten das Melbourner Nachtleben weniger genießen.

Ich habe mir Samstagabend einen Abstecher in den Klub eines Bekannten gegönnt, das "Boutique", wahrscheinlich der einzige Klub, in dem ich je war, in dem rund um die Uhr Fashion-TV läuft, vorzugsweise Bikini-Modenschauen! Dazu kam's mit so vor, als hätten sich die Models eben dieser Shows geradewegs aus dem Fernseher in den Klub begeben, naja, sie hatten ein wenig mehr an, aber dafür hatten sie auch ihre durchweg schönen männlichen Modellkollegen dabei. Schade nur, dass auch die sich eher nur füreinander interessierten... war aber durchaus schön anzusehen und man konnte den Blick vom riesigen Plasmafernseher abwenden ohne das "Thema" zu wechseln.

Fernando Alonso

Direkt nach dem Rennen wusste man bei Renault noch, wie das Feiern geht Zoom

Der Sonntag? Mann, was ein Rennen - ich hätte es ja zu gerne gesehen, aber irgendwie war so viel los, und sind so viele ausgefallen, dass ich nur damit beschäftigt war, im Fahrerlager hin und her zu rennen um die Stimmen einzuholen, damit Ihr hier auf 'F1Total.com' schnellstens informiert wart. Zwischendurch war Kai Ebel immer wieder so nett, mir die Platzierungen zu sagen, sonst hätte ich gar nichts mehr mitbekommen!

Aber was bitte sollte denn das, Senor Alonso? Häschenohren und dann das Ganze als Känguru-Imitation verkaufen? Naja, wenn er schon beschimpft wird (von einer indischen Tierschützerin), dass er in seiner Siegesfreude und einem seiner raren Temperamentsausbrüche seiner Heimat gedachte und eine Torrero-Pose nachmachte, dann will er sich jetzt wohl ein Späßchen erlauben und das Ganze ins Lächerliche ziehen. Sei's ihm gegönnt, er hat auch diesmal souverän dominiert!

Sorgen mache ich mir nur um seine Mannschaft! Die Renault-Crew, die meisten ehemalige "Bennetton-Party-Boys" hatten zwar am Sonntagabend am Fluss in einer coolen Location eine Siegesparty, doch irgendwie war es sehr ruhig, die Tanzfläche recht leer und die Jungs eher in Gespräche vertieft als an, neben, auf oder unter der Bar... Wahrscheinlich war ich auf der falschen Party? Bei Red Bull Racing und Honda soll's bis in die Morgenstunden gut abgegangen sein.

Erholung in der tierischen Welt

Im Melbourner Zoo trennen keine Zäune Bewohner und Besucher Zoom

Dafür war ich am Montag fit wie ein Turnschuh und habe mich zum ersten Mal auf den Rialto Tower gewagt - von dort oben sieht man die ganze Stadt, bis zum Strand! Nachdem es doch recht bewölkt war, habe ich mir die fahrt nach Phillip Island gespart und habe stattdessen zum ersten Mal den Melbourner Zoo besichtigt: wirklich klasse.

Keine Gehege, die Kängurus hüpfen direkt an einem vorbei (obwohl die meisten faul in der Gegend herumliegen). Apropos Bewegungsunlust: Die Koalas pennen permanent ihren Eukalyptus-Rausch aus. Die Wombats würde ich wohl heute noch suchen, die faulen Pelzgesellen buddeln sich jede Menge Höhlen, in denen sie dann wohl den Großteil ihres Lebens schlafend verbringen - gesehen habe ich sie nur als Plüschversion

Nicht schlafend, sondern laufend soll wohl Juan-Pablo Montoya eines Werbeplakates des McLaren Mercedes Teamsponsors Johnnie Walker sein Leben verbringen. Der Kolumbianer wird auf den Plakaten, die vor allem an Bus- und Tramstationen in ganz Melbourne zu sehen waren, neben seinem McLaren Mercedes gezeigt, mit den Worten "Keep Walking"!

Plastikgeld der anderen Art

Geldscheine

Reißfest, wasserfest, schmutzabweisend - Australiens Papiergeld ist nicht aus Papier Zoom

Ach, fast hätte ich vergessen zu erwähnen, was ich außer dem Land, der Kultur, den Leuten, der Mentalität, den Shops, den Stränden, den Koalas, Kängurus und Wombats, etc., etc., etc., noch so toll an "Down Under" finde: das Geld! Die Australier haben's geschafft, Geldnoten zu entwickeln, die richtig klasse sind und perfekt zu Ihrer Lebensmentalität passen: Sie sind nicht so riesig groß wie unsere dummen Euronoten, passen daher auch prima in kleine Damengeldbeutel und sie sind reiß- und wasserfest! Nicht verlesen: wasserfest! Die Dinger sind aus Plastik und scheinen unverwüstbar (wie der Australier an sich eben auch).

In der Ecke habe sie zur Sicherheit ein kleines durchsichtiges Fenster und sie sollen auch sehr viel kopiersicherer sein als unsere Euros. Das Beste: Diese Noten gab es schon in Australien, bevor bei uns der Euro eingeführt wurde! Da fragt man sich ja schon, warum die Herren Euroerfinder nicht mal kurz in "Down Under" vorbei geschaut haben? Immerhin, Malaysia hat bereits das Patent auf seine neuen Banknoten angewandt. Die waschbaren Plastiknoten haben dazu noch einen anderen Vorteil: Sie werden längst nicht so dreckig-eklig wie unsere Papiernoten!

So, jetzt noch einen kleinen Tipp für Australienreisende: Wer mit dem Handy erreichbar sein und sich die lästigen Roamingkosten sparen will, kann hier für 30 Australische Dollar in jedem 7-11 Convenient-Store eine Prepaid SIM-Karte kaufen, einmal mit 30 Dollar aufgeladen, ist sie sechs Monate gültig. Für längere Telefonate vom Festnetz gibt es eine noch günstigere Möglichkeit: eine Prepaid Telefonkarte zum Beispiel von 'ChitChat'. Zwei australische Cent die Minute nach Deutschland! Aufpassen: Manche dieser Karten haben zusätzlich eine Verbindungsgebühr, das Kleingedruckte vorher lesen, damit man sich die Connection-Fee spart!

So, jetzt ist erst mal ein wenig Formel 1 Pause und dann starten wir in die Europasaison.

G'dday, Eure Inga Stracke von der Strecke

P.S. Am Sonntag vor dem Rennen wurden die Uhren in Australien übrigens wirklich um eine Stunde zurückgedreht. Es wird noch untersucht, ob es Paulchen Panther war oder einfach nur der Beginn der Winterzeit auf dem fünften Kontinent.