• 15.03.2006 20:11

  • von Inga Stracke

Inga on Tour: Im heißen Kuala Lumpur

Er steht an, der Hitze-Grand-Prix! 70 Prozent Luftfeuchtigkeit, Temperaturen um 40 Grad - wer durchhalten will, muss fit sein

(Motorsport-Total.com) - Mich hat die "Hitzewand" fast umgehauen, als ich aus dem Flugzeug ausstieg. Aber ich war ja froh, hier zu sein, denn fast hätte das nicht so ganz geklappt. Meine Maschine von Bahrain nach Dubai (Weiterflug nach Singapur, dann nach Kuala Lumpur) hatte über zwei Stunden Verspätung, damit hätte ich keinen Anschlussflug mehr geschafft.

Titel-Bild zur News: Moschee in Kuala Lumpur

Auf dem Weg zur Rennstrecke: Eine Moschee in Kuala Lumpur

Die netten Herren von der 'Gulf Air' (ist ja schon praktisch, wenn man die Airline als Grand Prix Sponsor hat!) haben eine Weile diskutiert, und mich auf einmal umgebucht, auf eine Maschine, die nirgends in den Buchungscomputern meines Reisebüros gestanden hatte, aber um die gleiche Zeit ging wie meine - nun verspätete - Maschine planmäßig hätte nach Dubai fliegen sollen.#w1#

Komisch, komisch, vielleicht doch endlich die Fata Morgana, die ich immer sehen wollte? Nein, es gab sie tatsächlich, die 'Gulf Air' nach Dubai, voll bis auf dem allerletzten Platz, aber keiner murrte über die Enge, alle waren froh, fliegen zu können. So auch meine beiden Schweizer Kollegen, nach sieben Stunden Wartezeit am Flughafen

Kuala Lumpur ist das Zentrum des modernen Malaysia. Die Hauptstadt bietet lebendige asiatische Kultur, Seite an Seite mit britischen Kolonialbauten und Hightech-Bauwerken wie den 443 Meter hohen 'Petronas Towers'. Kuala Lumpur liegt an der Westküste, etwa 35 Kilometer vom Meer entfernt, an den Flüssen Klang und Gombek.

"KL" ist die größte Stadt des Landes, mit rund 1,5 Millionen Einwohnern verschiedener Volksgruppen. Die 'Petronas Towers', die höchsten Bürogebäude der Welt, sind wohl das deutlichste Zeichen, dass Malaysia einer der aufstrebendsten Tigerstaaten ist. 'Petronas' ist ja Partner des BMW Sauber F1 Teams und damit hat Malaysia quasi ein eigenes Team.

Blick von den Petronas Towers

Blick von den Petronas Towser auf Kuala Lumpur Zoom

BMW Motorsport Direktor Mario Theissen freute sich: "Überall sieht man BMW Sauber F1 Flaggen - es ist ein weiterer Heim-Grand Prix für uns, mit dem tollen Gefühl, das ganze Land steht hinter uns!" Ich war heute auf Einladung von BMW Sauber im 41. Stock von Tower Eins, unglaublich, man hat das Gefühl, da unten sind nur winzige Ameisen unterwegs, und irgendwie war mir auch ganz ehrlich leicht schwindelig.

Die meisten Teams und Piloten logieren im 'Pan Pacific Airport'. Sehr schön sind das Mines Beach Resort (zwischen Strecke und Kuala Lumpur), das 'Sunway Lagoon', die 'Cyberview Lodge' (alle in Richtung Stadt, mit riesigen Wasserparks) und das 'Avillion Resort' (an der Küste, von der Bar sieht man die Meeresstraße von Malacca, Schauplatz vieler Piratenstories und -filme).

Wer europäisch essen will, findet im 'Pan Pacific Airport Hotel' einen guten Italiener, interessant sind aber die vielseitigen Food Courts im Airport und im 'Twin Towers Centre'. Ein paar Straßen weiter gibt's auch ein 'Hard Rock Café', von da aus ist man schnell im Modestos - einer netten Bar/Disco in der Ferrari gerne feiert. Klasse (und billig) zum Einkaufen ist der Chinamarkt, aber auch die verschiedenen kleinen "Malls" in denen man die neueste Software zu Spottpreisen kaufen kann (aufpassen, der Zoll sieht so etwas genauso ungern wir gefälschte Uhren, die es hier auch billigst gibt.

Der Kurs selbst ist einer der breitesten im Formel-1-Kalender - 16 Meter - und besteht aus 15 Kurven und acht Geraden, von denen die längste 927 Meter lang ist. Der Reifenverschleiß wird in Sepang als gering bis mittel eingestuft. Die Boxenstrategie variierte in der Vergangenheit zwischen ein und zwei Stopps.

Wegen der engen Kurven fahren die Teams viel Flügel. Sicher und groß - die Auslaufzonen, gewagt die Boxenausfahrt - direkt in der 180-Grad-Kehre zwischen der Doppelgeraden. Das Streckenlayout hat von jedem der aktuellen Formel-1-Kurse das Beste übernommen - eine scharfe Rechts gleich nach dem Start, gefolgt von einer noch schärferen Links und einem schnellen Rechtsbogen.

Danach wird hochbeschleunigt auf über 215, vor Kurve 4 (ein Rechtsknick). Sie ist eine eventuelle Überholmöglichkeit, gefolgt von einem Kurvengeschlängel, ähnlich dem Kurs in Budapest, aber mit 220 bis 240 Stundenkilometern eine Ecke schneller.

Vor der schwierigen Doppelrechtskombination Kurve 7und 8 wird auf 140 herunter gebremst, dann geht es wieder mit über 200 steil bergab zur Kurve Nummer 9, ein Linkshaken, in dem es gleichzeitig wieder bergauf geht (ähnlich der Tosa in Imola).

Die Kurven 10 und 11, ein Rechtsbogen, dann eine Links, hoch bis 290, Kurve 14, eine Kehre, die die schnelle Gegengerade einleitet. Am Ende der großen Tribüne eine Linkskehre (Kurve 15), aus der die Boxeneinfahrt abgeht - und wieder zurück mit Vollgas auf die Start-Ziel.

Michael Schumacher, der Streckenarchitekt Herrman Tilke (Aachen) gemeinsam mit Marc Surer beim Layout beraten hatte, feierte hier bei der Premiere 1999 sein grandioses Comeback! Im ersten Grand Prix seit seiner Verletzung in Silverstone im Juli holte er die Pole mit über einer Sekunde Vorsprung vor dem Rest des Feldes und führte das Rennen souverän an, bis er Teamkollege Eddie Irvine den Sieg schenkte, um ihm im Kampf um den Titel zu helfen. Doch dann ging der Schlamassel los - was folgte, wurde später nur noch spöttisch "der Windabweiser-Skandal" genannt.

Zwei Stunden nach der Zieldurchfahrt war das Rennergebnis noch immer nicht offiziell! Nach Erkenntnis der Kommissare waren die seitlichen Windabweiser der Ferrari 10 mm höher vom Unterboden entfernt als erlaubt - dies bedeutete die Disqualifikation! Ferrari legte Berufung ein, Mika Häkkinen war nur für wenige Tage Weltmeister, bis zur Berufungsverhandlung am 23. Oktober in Paris.

Das Ergebnis versetzte Ferrari in Freude, McLaren-Mercedes in Rage: Man habe falsch gemessen, gab die FIA zu, und bei der richtigen Messmethode sei "...die Abweichung nur ein Millimeter, oder gar noch weniger in allen Dimensionen und liegt daher innerhalb der Toleranz", so das Statement des FIA Präsidenten Max Mosley. Damit war der Weg frei für ein offenes Rennen in beim Finale in Suzuka, wo sich Mika Häkkinen den Titel sicherte.

Ach ja....ich hatte an jenem Sonntag Geburtstag und wollte eigentlich abends essen gehen. Essen waren wir dann auch, so gegen halb drei Uhr morgens, als wir endlich die Rennstrecke nach der Extra-Arbeit verlassen hatten. Mit in meinem Gepäck etwas, das meinen Ärger wieder besänftigte: Mika hatte mir zum Geburtstag die Rennhandschuhe, die er im Grand Prix getragen hatte, unterschieben und geschenkt - mit persönlicher Widmung!

Selamat Datang, Eure Inga Stracke von der Strecke