Hülkenberg über den VJM05: "Ein harmonisches Auto"
Nico Hülkenberg schildert seine ersten Eindrücke vom Force India VJM05, mit dem er und Teamkollege Paul di Resta Platz fünf in der Teamwertung erringen wollen
(Motorsport-Total.com) - Nico Hülkenberg greift nach einem Jahr Rennpause in dieser Saison wieder als Stammfahrer ins Lenkrad eines Formel-1-Boliden. Bei Force India bestreitet der Deutsche seine zweite Saison in der Königsklasse, nachdem er im Jahr 2010 im Williams-Team sein Debüt gab. Anlässlich der Vorstellung des neuen Force India VJM05 äußert sich Hülkenberg zu den wichtigsten Punkten im Vorfeld der Saison.

© xpb.cc
Nico Hülkenberg ist nach einem Jahr Rennpause heiß auf den Saisonstart
Im Interview spricht Hülkenberg über seinen Eindruck vom neuen VJM05, seine Erwartungen an die Saison, seinen Teamkollegen Paul di Resta und seine Einschätzung des Kräfteverhältnisses im Mittelfeld.
Frage: "Nico, wie verlief deine Vorbereitung auf die Saison?"
Nico Hülkenberg: "Nach Brasilien habe ich mir eine Auszeit gegönnt, entspannt und ein wenig trainiert. Nach Weihnachten habe ich einen Kurzurlaub in New York eingelegt. Seit Anfang Januar gebe ich wieder Vollgas. Es gibt viel zu tun und zu bedenken."
Frage: "Wie ist dein erster Eindruck vom Force India VJM05?"
Hülkenberg: "Abgesehen von der Nase, wo es eine Veränderung gegeben hat, unterscheidet sich das Auto meiner Meinung nach nicht allzu sehr vom letztjährigen Modell. Zudem ist die Position des Auspuffs nun eine andere. Was die Aerodynamik betrifft, wurden nur Details verändert. Ich habe das Auto erstmals im Windkanal gesehen und es sah gut aus. Bevor du aber nicht gegen die anderen gefahren bist, weißt du nie genau, wo du stehst. Wir müssen abwarten."
Frage: "Aufgrund der neuen Vorschriften beim Auspuff haben alle Teams an Abtrieb eingebüßt. Glaubst du, dass Force India genügend davon hat wettmachen können?"
Hülkenberg: "Alles sieht gut aus. Der Verzicht auf den heiß angeblasenen Diffusor war natürlich ein Rückschlag, aber gleichzeitig haben die Aerodynamiker und Ingenieure alles daran gesetzt, in anderen Bereichen Fortschritte zu erzielen und den Verlust zu kompensieren. Heutzutage braucht es in erster Linie ein starkes Aerodynamik-Paket. Du kannst es dir aber nicht erlauben, auf mechanischer Seite ins Hintertreffen zu geraten, beispielsweise durch eine schlechte Radaufhängung. Unterm Strich brauchst du ein harmonisches Auto, bei dem alles zusammenpasst."

© xpb.cc
Hülkenberg (Mitte) bezeichnet den Force India VJM05 als "harmonisches Auto" Zoom
Frage: "Wie würdest du die Philosophie des Teams im Hinblick auf das neue Auto beschreiben?"
Hülkenberg: "Die Philosophie war natürlich, ein wettbewerbsfähiges und sehr schnelles Auto zu bauen. Angesichts von 20 Rennen in diesem Jahr brauchst du ein Auto, das auf jeder Strecke funktioniert, nicht nur auf einer Hochgeschwindigkeitspiste wie Monza oder einem engen Stadtkurs wie Monaco. Gerade im Mittelfeld geht es sehr eng zu. Wenn du da mit den anderen mithalten willst, musst du überall konkurrenzfähig sein. Wir haben daher versucht, das Auto in jedem Bereich zu verbessern."
Frage: "Wie groß ist dein Hunger auf den Saisonstart nachdem du im vergangenen Jahr keine Rennen fahren konntest?"
Hülkenberg: "Sehr groß! Ich habe mich im Simulator intensiv vorbereitet, den Sitz anpassen lassen und mein Trainingsprogramm intensiviert. Jetzt fühle ich mich bereit und freue mich auf die aufregende Zeit, die mir bevorsteht."
Fokus bei den Testfahrten auf eigener Vorbereitung
Frage: "Erwartest du, dass es womöglich ein paar Wochen dauern wird, bis du wieder im richtigen Rhythmus für Qualifyings und Rennen bist?"
Hülkenberg: "Das ist schwierig zu sagen. Ich kenne diese Prozesse ja noch aus der Saison 2010. Im Vergleich zu damals, als ich ein kompletter Neuling war, ist die jetzige Situation eine andere. Jetzt weiß ich, was mich erwartet. Aufgrund eines kompletten Jahres Abwesenheit aus der Startaufstellung werde ich aber wohl ein wenig Zeit brauchen, bis ich wieder voll im Rennrhythmus drin bin."
Frage: "Die Pirelli-Reifen kennst du bisher nur von deinen Freitagseinsätzen im vergangenen Jahr. Glaubst du, dass das Verhalten der Reifen über ein komplettes Wochenende gesehen einer der Hauptpunkte sein wird, den du noch lernen musst?"
Hülkenberg: "Was die Anpassung des Setups vom dritten Freien Training für das Qualifying betrifft und auch das Verhalten der weichen Reifen im Rennen - all das kenne ich nur aus meiner Erfahrung mit den Bridgestone-Reifen. Ich war im vergangenen Jahr im Freien Training so gut wie nie mit den weichen Reifen unterwegs. Auf diesem Gebiet gibt es für mich also noch viel zu lernen und bis Melbourne haben wir nicht mehr viele Testmöglichkeiten. Wir haben einen vollgepackten Zeitplan, aber diese Herausforderung gefällt mir."
Frage: "Was hast du dir für die Testfahrten vorgenommen, abgesehen vom Sammeln von Erfahrungen in Bezug auf die Reifen?"
Hülkenberg: "Ich will einfach so viel wie möglich fahren, um das Gefühl für die Formel 1 wiederzuerlangen und mich so gut wie möglich vorbereiten. Es wird darauf ankommen, spätestens beim letzten Barcelona-Test sowohl eine Qualifying- als auch eine Rennsimulation zu fahren. Das ist im Grunde der normale Plan für Testfahrten. In diesem Fall liegt der Fokus aber etwas mehr auf meiner eigenen Vorbereitung."
Vorfreude auf des Teamduell gegen Paul di Resta
Frage: "Was erwartest du vom teaminternen Duell gegen Paul di Resta?"
Hülkenberg: "Ich kenne Paul bereits aus dem vergangenen Jahr sehr gut und weiß, wozu er fähig ist. Er hat in meinen Augen eine sehr starke Rookie-Saison hingelegt. Im zweiten Jahr bist du naturgemäß noch stärker. Ich sehe bei uns beiden eine kämpferische Ader und wir beide hatten vor unserer Formel-1-Zeit großen Erfolg. Anhand der Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr gehe ich davon aus, dass wir gut zusammenarbeiten werden. Es gibt eine gesunde Rivalität zwischen uns. Wir können uns gegenseitig ans Limit treiben. Gleichzeitig wird dadurch das Team ans Limit getrieben, was sehr gut ist."

© xpb.cc
Auf das teaminterne Duell gegen Paul di Resta (links) freut sich Hülkenberg bereits Zoom
Frage: "Habt ihr ähnliche Fahrstile und bevorzugt ihr ähnliche Setups?"
Hülkenberg: "Grundsätzlich beschäftigst du dich natürlich mehr mit deinem eigenen Setup als mit dem deines Teamkollegen. Es fällt daher manchmal gar nicht so leicht, einen Unterschied auszumachen. Ich kann nicht sagen, ob wir einen ähnlichen Fahrstil haben."
Frage: "Wie schwierig wird es im engen Mittelfeld werden, den sechsten Platz in der Konstrukteurswertung aus dem Vorjahr zu wiederholen?"
Hülkenberg: "Ich sehe da keinen Unterschied zu anderen Jahren. Auch im vergangenen Jahr ging es im Mittelfeld sehr eng zu. Von Williams erwarte ich einen Schritt nach vorn, sie wollen uns das Leben schwerer machen als zuletzt. Gleichzeitig wollen wir uns behaupten und nach Möglichkeit sogar einen Platz weiter nach vorn kommen, um die Konstrukteurswertung als Fünfter abzuschließen. Lotus wird ebenfalls interessant zu beobachten sein."

