• 08.04.2011 17:51

  • von Dieter Rencken

Hembery: "Vielleicht setzt Red Bull auf andere Strategie"

Pirelli-Sportchef Paul Hembery im Interview: Wieso sich Red Bull eine andere Strategie leisten könnte und warum die Gummibrocken kein Problem sein sollten

(Motorsport-Total.com) - Der neue Formel-1-Reifenhersteller Pirelli muss sich in Malaysia dem ganz großen Härtetest stellen: Asphalttemperaturen um die 50 Grad und ein untypischer rauer Asphalt stellen für die Italiener eine besondere Herausforderung dar. Während sich der Reifenabrieb im Bridgestone-Zeitalter auf dem Asphalt verteilt hatte und mit Fortdauer des Wochenendes für zusätzlichen Grip sorgte, ist bei Pirelli das Gegenteil der Fall: Der Reifenabrieb sammelt sich neben der schmalen Idealline.

Titel-Bild zur News: Paul Hembery

Hemberys Pirelli-Reifen verhalten sich nicht nach dem Geschmack aller Fahrer

Wenn ein Pilot diese verlässt sammelt er die Gummiwürste auf, was zu erheblichen Problemen beim Bremsen führt. Im Interview spricht Pirelli-Sportchef Paul Hembery über dieses bei den Piloten äußerst unbeliebte Phänomen und erklärt, mit welchen Strategien er im Rennen rechnet.

Frage: "Paul, mit wie vielen Boxenstopps rechnet ihr?"
Paul Hembery: "Ich glaube, wir werden durchschnittlich drei Stopps sehen, ich wäre überrascht, wenn es vier sind. Es ist Freitag und morgen wird noch viel gefahren. Im Rennen haben wir in Melbourne eine ziemlich schnelle Veränderung der Strecke festgestellt. Ich bin nicht sicher, ob das repräsentativ war, aber im Moment sieht es nach zwölf bis 14 Runden auf dem harten Reifen aus. Wenn sich die Strecke so verändert, dann kommen wir auf 18."


Fotos: Großer Preis von Malaysia


"Das liegt sehr nahe an einer Dreistopp-Strategie. Möglicherweise wird es auch jemanden geben, der zwei Stopps macht und wenn Perez nur einen Stopp macht, dann werde ich ein ernstes Wörtchen mit ihm reden. Wir haben heute gelernt, dass die Strecke sehr schwierig ist. 50 Grad Asphalttemperatur und eine aggressive Abnützung bedeuten, dass der Verschleiß größer ist als in Melbourne."

Frage: "Wie lange halten die weichen Reifen?"
Hembery: "Das ist schwer zu sagen. Die meisten Leute haben sie im Nachmittags-Training probiert und sind eine gezeitete Runde gefahren. Einige haben dann etwas nachgelassen und wieder angegriffen, was bei einigen Fahrern funktioniert hat. Im Moment sieht es nach acht Runden aus. Ich weiß nicht wann sie den weichen Reifen verwenden werden - entweder gleich beim Start oder kurz vor dem Ende."

"Man kann davon ausgehen, dass die Teams eine Entscheidung treffen werden und es wäre dann bei diesem Verschleiß eine Dreistopp-Strategie. Hier haben wir eine eigenartige Oberfläche, die an Beton erinnert. Sie bietet wenig Grip und man rutscht viel. Es ähnelt den amerikanischen Kursen. Würde es einen Reifenkrieg geben, dann würde man für jede Oberfläche eine spezielle Mischung machen."

"Wir müssen aber zufrieden sein, denn die Temperaturen sind extrem und es gibt nicht viele Rennstrecken, auf denen der Asphalt während der Saison 50 Grad hat. Wir befinden uns also am oberen Ende der Temperaturskala und ich denke, dass die Teams lernen sich anzupassen - die einen besser als die anderen."

Frage: "Durch die Reifen verändert sich die Balance während eines Stints."
Hembery: "Ja, viele Leute haben an der Balance gearbeitet. Wir haben erst zwei Rennen hinter uns und wir wissen, dass es extrem schwierig ist herauszukriegen, wer was genau macht. Es wird mit unterschiedlichen Spritmengen gearbeitet, unterschiedliche Dinge werden simuliert und man arbeitet an unterschiedlichen Setupaspekten, neuen aerodynamischen Teilen. Aus unserer Perspektive ist es teilweise sehr schwierig wirklich zu wissen, was genau vor sich geht."

"Es ist wahr, dass am Ende des Stints auf den gleichen Reifen viele Autos gerutscht sind. Das ist die Zeit, in der sie wechseln sollten."

Frage: "Wie groß ist der Unterschied zwischen den Mischungen?"
Hembery: "Eine bis 1,2 Sekunden, was eigentlich recht gut ist. Das führt zur Qualifying-Frage und die Teams müssen definitiv jetzt eine Entscheidung treffen. Vielleicht setzt Red Bull auf eine andere Strategie, weil sie es sich leisten können, anders zu denken. Alle anderen müssten im Qualifying eigentlich den weichen Reifen nehmen."¿pbvin|512|3582||0|1pb¿

Frage: "Sind die Gummibrocken auf der Strecke ein Anlass zur Sorge?"
Hembery: "Sie sind etwas unterschiedlich. Bei den Wintertests gab es Gummiwürste, große Würste. Das sind jetzt kleinere Stücke, die von den Reifen aufgesammelt werden. Wir konnten noch nicht sagen, ob sie wieder abgestoßen werden. Einige Autos haben sie auf ihrer Runde zur Box aufgesammelt. Es wäre aber für uns viel interessanter gewesen, wenn sie dann weitergefahren wären."

"Dann wüssten wir, wie groß der Verschleiß ist. Das werden wir uns morgen genauer ansehen, aber es ist eine große breite Rennstrecke. Es sollte genügend Überholmöglichkeiten geben und daher sollten die Gummibrocken kein Problem sein."

Frage: "Bewegt sich der Verschleiß in einem annehmbaren Ausmaß?"
Hembery: "Es ist schwierig, denn unser Bezugspunkt ist ein einziger Toyota, den wir selbst einsetzen. Wir werden heute Nacht auf der Strecke herumwandern und uns das ansehen. Es ist uns heute nicht so richtig klar geworden. Der Verschleiß ist groß, natürlich verliert der Reifen an Material, es muss ja irgendwo hingehen. Nicht alle können ständig auf der Ideallinie bleiben, also wird immer viel Material vom Reifen abfallen. Die Frage ist nur, ob dieses Material für das Rennen irgendein Problem darstellt."