• 08.04.2011 16:37

Die PK der Teamchefs: Das erste Malaysia-Fazit

In der FIA-Pressekonferenz vom Freitag sprechen einige Teamchefs der Formel 1 über aktuelle Themen und ziehen eine erste Zwischenbilanz

(Motorsport-Total.com) - Das zweite Formel-1-Wochenende des Jahres ist schon in vollem Gange, doch nicht für jedes Team hielt der Trainingsfreitag einen positiven Auftakt bereit: HRT hatte wieder einmal mit Problemen zu kämpfen auch bei Renault lief es zunächst nicht rund. Einzig Red Bull darf sehr zufrieden sein, denn die Titelverteidiger legten eine gute Geschwindigkeit an den Tag. In der Pressekonferenz zogen die jeweiligen Teamchefs ein erstes Zwischenfazit zum Großen Preis von Malaysia in Sepang.

Titel-Bild zur News: Christian Horner (Teamchef), Colin Kolles (Teamchef), Ross Brawn (Teamchef), Eric Boullier

Monisha Kaltenborn und ihre Kollegen in der FIA-Pressekonferenz von Sepang

Insgesamt fünf Rennstall-Sprecher stellten sich dabei den Fragen der Journalisten - und auch Pirelli-Motorsport-Direktor Paul Hembery saß hinter dem Mikrofon. Der Brite teilte sich die Bühne mit Eric Boullier (Renault), Ross Brawn (Mercedes), Christian Horner (Red Bull), Monisha Kaltenborn (Sauber) und Colin Kolles (HRT). Und alle hatten in der Pressekonferenz ihre ganz eigene Geschichte zu erzählen...

Frage: "Eine Frage an alle: Wie lief es am Freitag für eure Teams? Colin, möchtest du als Erster antworten?"

Colin Kolles: "Es lief ein bisschen besser als beim letzten Mal."

Frage: "Narain Karthikeyan rollte aus und auch Vitantonio Liuzzi musste anhalten. Kannst du uns die Gründe dafür nennen?"

Kolles: "Das waren kleinere Probleme, denn sonst hätten wir wohl kaum die Möglichkeit gehabt, noch einmal auf die Strecke zu gehen. Es gab Schwierigkeiten mit der Elektronik. Der viele Rauch kam daher, dass Cosworth zu viel Öl eingefüllt hatte."

Frage: "Konntet ihr am Freitag einige Fortschritte machen?"

Kolles: "Ich denke schon, ja. Im Prinzip war es unser erster Testtag."

Frage: "Du hattest vorab gesagt, das Ziel sei, möglichst viele Kilometer abzuspulen..."

Kolles: "Meiner Meinung nach konnten wir einige Fortschritte erzielen. Am Samstag werden wir weiter voran kommen. Es war nicht so schlecht. Wir hatten keine größeren Probleme. Es geht halt einfach darum, das richtige Setup zu finden."

Frage: "Ross, wie verlief der Freitag aus deiner Sicht?"

Ross Brawn: "Wir hatten einen besseren Auftakt als in Melbourne. Wir konnten ordentliche Fortschritte mit dem Fahrzeug machen. Es gab ein, zwei kleinere Probleme, doch diese sollten wir über Nacht in den Griff kriegen. Das Auto war so schlecht nicht. Wir müssen noch eine gute Balance bei viel Benzin finden."

"Die Reifen nehmen hier eine Schlüsselrolle ein. Vielleicht verhält es sich hier so ähnlich wie in Barcelona. Als wir mit viel Sprit unterwegs waren, hatten wir nicht die richtige Balance und litten darunter. Wir müssen uns daher darauf konzentrieren, eine bessere Balance für das Fahren mit einer hohen Spritladung zu finden."

Frage: "Welche Erfahrungen konntet ihr mit dem Reifenverschleiß machen?"

Brawn: "Wenn die Balance nicht stimmt, ist der Verschleiß sehr groß. Passt die Balance, dann liegt der Verschleiß in einem erträglichen Rahmen."


Fotos: Mercedes, Großer Preis von Malaysia


Frage: "Eric, wie ist es dir am Freitag ergangen? Die Ereignisse überschlugen sich..."

Eric Boullier: "Ja, es war recht dramatisch. Am Morgen hatten wir bei beiden Autos einen Defekt an einer Aufhängungsstrebe. Wir dachten erst, es sei ein Bremsproblem. Es war schwierig zu verstehen und daher taten wir uns auch schwer, eine sichere Diagnose zu stellen."

"Wir brauchten einiges an Zeit, um diese Vorfälle genau zu untersuchen. Das war schließlich ein Sicherheits-relevantes Thema. Wir fanden letztendlich heraus, dass die fehlerhaften Teile aus derselben Produktionsphase stammten. Wir hatten aber einen Ersatzplan in der Hinterhand, entschieden uns dafür, fuhren wieder hinaus und alles lief prima."

Frage: "Das heißt, ihr fahrt nun mit anderen Aufhängungsstreben?"

Boullier: "Nein, nein. Es sind die gleichen, nur aus einem anderen Material. Wir haben den Verdacht, dass es ein Materialfehler sein könnte, denn das Design ist dasselbe. Alles stimmt exakt überein - außer, dass es neue Elemente waren."

Frage: "Ein gefährliches Fahrzeug würdet ihr nicht fahren lassen. Ihr seid also davon überzeugt, dass der Rennwagen nun vollkommen sicher ist?"

Boullier: "Ja."


Fotos: Renault, Großer Preis von Malaysia


Frage: "Paul, welche Erkenntnisse brachte der Tag für Pirelli mit sich?"

Paul Hembery: "Nun ja, aus unserer Sicht ist es noch sehr früh, um ein Urteil abzugeben. Es stimmt: Wir haben es hier mit mehr Reifenverschleiß zu tun. Es besteht ein ziemlicher Unterschied zwischen den weichen und den harten Pneus, was vielleicht eine Sekunde ausmacht. Ausgehend davon arbeiten die Teams möglicherweise schon an ihren Strategien."

"Ich rechne mit einer Dreistopp-Taktik im Rennen. In Melbourne wurden wir aber davon überrascht, dass jemand nur einmal an die Box kam. Das hätten wir vorher nicht erwartet. Drei Boxenstopps scheinen anhand der Ergebnisse vom Freitag die wahrscheinlichste Strategie zu sein."

Frage: "Sprechen wir über den Verschleiß: Welche Unterschiede gibt es dabei zwischen den beiden Mischungen?"

Hembery: "Die weicheren Pneus bekommen viel Graining. Ich denke, das wurde ziemlich deutlich. Alle versuchten sich an einer schnellen Runde und manche Fahrer nahmen etwas an Tempo raus, um zu sehen, ob sich die Reifen erholen würden. Anhand der Daten, die ich kurz überfliegen konnte, würde ich sagen, dass wir uns über einen Zeitraum von acht bis neun Runden unterhalten."

Frage: "Wann werden die Teams zum Reifenwechsel hereinkommen? 1:43 Minuten scheint der Zeitpunkt dafür zu sein, denn diese Zeit wurde zum Schluss gefahren..."

Hembery: "Das müsst ihr schon meine Nebensitzer fragen. Damit werden sie sich über Nacht beschäftigen, wenn sie an ihrer Strategie basteln."¿pbvin|512|3576|inside|0|1pb¿

Frage: "Monisha, für Sauber beginnt vermutlich alles von vorne..."

Monisha Kaltenborn: "Nun ja, das will ich nicht hoffen."

Frage: "Nach dem, was in Australien passierte?"

Kaltenborn: "Natürlich. Das vergangene Wochenende war sehr enttäuschend für das Team. Von der Leistung her leistete das Team einfach herausragende Arbeit. Die Fahrer waren klasse - vor allem Sergio Perez, der mit einer Einstopp-Strategie fuhr. Sie hätten es verdient gehabt, ihre Punkte zu behalten. Angesichts dieser Umstände fühlt es sich schon sehr hart an, wenn man bestraft wird."

"Wir konzentrierten uns aber auf unsere Aufgabenliste und lösten das Problem, was im Übrigen keine größere Geschichte war. Insgesamt war es ein kleiner Fehler. Das ist schon sehr ärgerlich, denn dieser kleine Fehler kostete uns zehn WM-Punkte. Mit dem Radius des Heckflügel-Elements gab es aber keine größeren Schwierigkeiten. Wir nahmen unseren Überprüfungs-Vorgang noch einmal genau unter die Lupe, um sicherzustellen, dass es nicht wieder vorkommt."

Frage: "Was sind deine Eindrücke zum ersten Trainingstag in Sepang?"

Kaltenborn: "Es war kein schlechter Tag für uns. Wir hatten uns ein Programm vorgenommen, das wir fast vollständig erledigen konnten. Es gab ein Problem mit der Balance, außerdem versuchen wir natürlich, die Reifen zu verstehen. Wir haben also genug zu tun."


Fotos: Sauber, Großer Preis von Malaysia


Frage: "Christian, wie lautet dein Tagesfazit?"

Christian Horner: "Es war ein guter Tag für unser Team. Wir arbeiteten uns durch ein Programm, wobei beide Piloten sowohl die weichen als auch die harten Reifen und anderes ausprobierten. Es war ein produktiver und guter Tag."

"Wir legten viele Runden zurück und konnten ein Verständnis für die Charakteristik der Reifen aufbauen. Die Strategie stellt in diesem Jahr eine weitere Dimension dar. Es wird spannend sein, zu sehen, wie sich all dies gestaltet. Außerdem müssen wir das Wetter im Auge behalten. Vor uns liegt also ein sehr interessantes Wochenende."

Frage: "Der Vorsprung am Morgen war ziemlich gewaltig, oder nicht?"

Horner: "Ja, aber da darf man nicht zu viel hineinlesen. Die Teams sind schließlich mit unterschiedlichen Programmen unterwegs. Es gab sogar einen Abstand zwischen unseren beiden Autos."

"Am Nachmittag konnten wir jedenfalls sehen, dass McLaren sehr konkurrenzfähig zu sein scheint und auch Mercedes ist nicht allzu weit weg. Meiner Meinung nach hat Ferrari bisher noch nicht alles gezeigt. Es ist also sehr schwierig, viele Rückschlüsse zu ziehen. Im Hinblick auf unsere eigene Leistung war es aber ein produktiver Freitag."


Fotos: Red Bull, Großer Preis von Malaysia


Frage: "Colin, der Winter war hart für dich und dein Team. Wie viele Anstrengungen kostete es, um das Team am Leben zu erhalten?"

Kolles: "Es brauchte einen gewissen Einsatz, würde ich sagen."

Frage: "Wie viel Einsatz? Gib uns doch bitte etwas an die Hand, denn du hast ja früher schon Teams geleitet..."

Kolles: "Ich bin niemand, der eine große Geschichte daraus macht. Wir sind hier. Im Dezember, im Januar und im Februar haben wir hart gearbeitet und nun müssen wir uns verbessern. So ist es nun einmal. Wenn ich jetzt zurückschaue und zum Weinen in die Ecke gehe, dann wir mich niemand trösten. Wir sollten die Vergangenheit ruhen lassen und nach vorne schauen."

Frage: "Kannst du mir sagen, ob es stimmt oder nicht? Dein Team fiel offenbar bei einigen Crashtests durch. Wie weit warf dies deine Mannschaft zurück?"

Kolles: "Nun ja, ich denke nicht, dass wir die Einzigen sind, die einen Crashtest nicht geschafft haben. Es war recht eng bei uns und deswegen hatten wir in Australien gewisse Probleme. Bei einem Test fielen wir wegen 0,07 g durch. Für eine Millisekunde betrug der Wert 20 g und daher konnten wir den Frontflügel und die Frontpartie nicht einsetzen. So ist es."

Frage: "Am vergangenen Mittwoch klappte der Crashtest aber?"

Kolles: "Richtig."

Frage: "Es war also alles ein bisschen eng..."

Kolles: "Es war eng, denn es braucht natürlich einen Beobachter der FIA. Man muss also Termine machen und die Leute zusammentrommeln. Wir waren zuversichtlich, den Test zu bestehen. Wir stellten uns darauf ein, dass es klappen würde - und so kam es auch. Jetzt können wir mit unseren neuen Frontpartien antreten."


Fotos: HRT, Großer Preis von Malaysia


Frage "Ross, wie frustrierend war Australien? Beginnt die Saison in Wirklichkeit erst hier?"

Brawn: "Für uns scheint es wohl so zu sein. Es war frustrierend. Die Probleme waren aber hausgemacht. In Australien hatten wir einfach mit vielen Dingen so unsere liebe Not. Mit ein, zwei Themen kann man sich gut auseinandersetzen, doch wir hatten eine ganze Flut an Schwierigkeiten."

"Es war knifflig genug, die Autos konstant am Fahren zu halten und die Arbeit zu erledigen, die wir vor uns hatten. Dies gelang letztendlich nicht, weil es auch im Rennen einige Probleme gab. Es war kein großartiges Wochenende für uns. Es ist enttäuschend, denn das Auto ist noch nicht dort, wo wir es haben wollen. In Australien war es aber besser als es den Anschein hatte. Ich hoffe, wir können das an diesem Wochenende unter Beweis stellen."

Frage: "Was hältst du von den Abständen im Freien Training? Lautet das große Duell wieder Red Bull gegen McLaren oder kann Mercedes ebenfalls mitmischen?"

Brawn: "Ich denke, es braucht noch eine ganze Weile, bis wir Red Bull ärgern können. Es geht aber einiges voran. Da gibt es noch ein paar Dinge, die wir verstehen müssen. Wir brauchen solche Tage wie heute, an denen der Rennwagen konstant am Fahren ist."

"Das bedeutet, wir bauen ein besseres Verständnis dafür auf. Das wärmere Wetter und die anderen Reifenbedingungen bringen neue Probleme mit sich. Nach dem, was wir in Barcelona gesehen hatten, müssen wir alle etwas umdenken. Wir müssen Fortschritte machen. Es sieht aber schon deutlich besser aus als in Melbourne."

Frage: "Eric, was hat sich seit Australien verändert? Warum traten die Schwierigkeiten aus der Morgensession nicht schon in Melbourne auf?"

Boullier: "Wie ich schon sagte: Ich rechne fest damit, dass wir ein Problem mit der Hitze oder mit dem Material haben. Diesen Verdacht hegen wir derzeit. Es handelt sich einfach um ein neues Teil aus einer neuen Produktionsphase. Das ist alles. Shit happens - leider."

"Wir haben hier einige neue Elemente im Gepäck, also hilft uns die nun fehlende Streckenzeit nicht dabei, die Balance des Fahrzeugs zu verstehen. Ich stimme mit Ross überein: Es ist ungeheuer wichtig, mit einem gewissen Verschleiß zu fahren. Wir müssen uns über Nacht wirklich viele Gedanken machen und am Samstagmorgen noch einmal hart arbeiten."

Frage: "Wie war die Atmosphäre im Team nach dem dritten Platz von Australien?"

Boullier: "In vielerlei Hinsicht war dieses Ergebnis eine große Erleichterung. Es war zunächst einmal eine Belohnung für den harten Winter und für all das, was in dieser Zeit geschah. Schön war auch, zu sehen, wie Witali ein komplettes Wochenende meisterte. Für das gesamte Team war das Resultat eine große Belohnung."¿pbvin|512|3582|pirelli|0|1pb¿

Frage: "Paul, zusätzlich zu den normalen Reifen sind hier noch weitere harte Pneus vor Ort. Dabei handelt es sich um eine neue Generation harter Reifen, wenn ich das so sagen darf. Wie haben sich diese Pneus am Freitag verhalten?"

Hembery: "Nun ja, wir hatten am Morgen nur eine begrenzte Streckenzeit damit zur Verfügung. Ein Feedback lautete folgendermaßen: Die neuen Reifen sind langsamer, wärmer und weisen weniger Verschleiß auf. Sie gehören einer neuen Produktgeneration an, die auf einem bestimmten Niveau nicht nachlassen soll. Wir versuchen einfach, uns zurechtzufinden."

"Wir sind auf der Suche nach dem richtigen Punkt. Wir wollen es nicht übertreiben, andererseits aber auch nicht zu konservativ sein. Es ist ein Teil unserer Lernkurve. Wir hatten die Möglichkeit, diese Pneus unter echten Rennbedingungen zu sehen. Wir konnten beobachten, wie sich das Produkt verhielt, denn wir haben nur begrenzte Möglichkeiten zum Testen."

Paul Hembery

Paul Hembery ist zufrieden damit, wie sich die Pirelli-Reifen bisher schlagen Zoom

"Wir verfügen über den Toyota, mit dem wir in der vergangenen Woche in Istanbul unterwegs waren, doch dort regnete es einige Tage lang. Dieser Test war daher nicht so erfolgreich, wie wir es uns eigentlich gewünscht hatten. Auf diese Weise können wir eng mit den Teams zusammenarbeiten und die Reifen in echten Verhältnissen ausprobieren. So bekommen wir richtige Daten."

Frage: "Werden diese neuen Reifen noch einmal zum Einsatz kommen?"

Hembery: "Das kommt auf das Rennen an. Wir werden sehen, wie dieser Grand Prix abläuft. Wir müssen auch noch lernen, wie sich die Strecke entwickelt. Das kannst du nicht erkennen, wenn du einen Solotest absolvierst. Dafür braucht es alle 24 Rennwagen auf dem Kurs. Die Rahmenrennen haben ebenfalls einen großen Einfluss."

"Ich denke, das konnten wir in Melbourne feststellen. Das war einer der Hauptgründe bei der veränderten Strategie hin zu weniger Boxenstopps, als wir noch am Samstag prophezeit hatten. Das könnte auch hier passieren. Eine diesbezügliche Entscheidung werden wir noch am Sonntagabend treffen."

Frage: "Melbourne wurde als Erfolg für Pirelli verbucht. Was müsste ein Erfolg in Sepang alles beinhalten?"

Hembery: "Meiner Meinung nach muss das jeder für sich beurteilen. Wir haben es mit einer sehr langen Saison zu tun und für uns ist alles neu. Aus der Sicht eines Reifenherstellers ist speziell diese Strecke sehr interessant. Eine derart beschaffene Oberfläche kennen wir aus dem US-amerikanischen Motorsport. Die Unterschiede zu einem Betonboden sind gering."

"Es fehlt fast ein bisschen an Grip. Es ist schon interessant: Nach Melbourne denkt man, dass man hier höhere Geschwindigkeiten, höhere Temperaturen und eine aggressivere Oberfläche vorfinden wird. Dabei fehlt es beinahe an Grip. Würden wir uns in einem Reifenwettbewerb befinden, würde man einen Pneu nur für diese Strecke entwerfen."

Frage: "Monisha, kommen wir noch einmal auf den Heckflügel zu sprechen: Welche Veränderungen waren nötig? Musstet ihr neue Heckflügel bauen, um hier antreten zu können?"

Kaltenborn: "Ja, das war es auch schon. Wegen ein paar Millimetern entsprachen unsere Flügel nicht dem Technischen Regelwerk. Wir mussten einfach sicherstellen, dass der Radius zur R100-Vorlage der FIA passt. Da gab es nicht wirklich viel zu tun. Viel wichtiger war, dass wir uns darum kümmerten, ein solches Szenario für die Zukunft zu verhindern."

Monisha Kaltenborn

Monisha Kaltenborn und Sauber haben den "Flügelsalat" in den Griff gekriegt Zoom

"Dieser kleine Fehler kostete uns schließlich zehn WM-Punkte - und das ist ziemlich viel für uns. Wir analysierten den kompletten Prozess und machten ihn sicherer. Wir fügten ein paar Schritte hinzu. Wir hatten aber natürlich schon vorher einen Ablauf, der funktionierte und richtige Ergebnisse ausspuckte. Menschen machen halt Fehler und das kann passieren. Es hätte nur festgestellt werden sollen."

Frage: "Sprechen wir über Sergio und seine Einstopp-Strategie in Melbourne. Viele Leute fragen sich nun, ob sie nicht auch eine solche Taktik hätten wagen können. Ist Sergio etwa ein 'Reifenflüsterer'?"

Kaltenborn: "Nun ja, auch wir waren von seiner Fahrweise überrascht, wenn ich ehrlich sein soll. Es ist aber noch zu früh, um zu sagen, wie sein Fahrstil ausfällt. Es war gerade einmal sein erstes Rennen. Vor uns liegt noch eine komplette Saison. Es gelingt ihm aber zweifelsfrei, seine Reifen in gutem Zustand zu halten. Das konnte man sehen. Noch ist es aber zu früh, um ein abschließendes Urteil darüber zu fällen."

Frage: "Christian, kannst du erklären, weshalb es den Anschein hat, dass die Frontpartie des Red Bull RB7 tiefer zu hängen scheint?"

Horner: "Es wurde schon so viel über den Frontflügel gesprochen, dass ich in dieser Runde wahrscheinlich nicht noch mehr hinzufügen muss. Unterm Strich ist es so: Unser Fahrzeug entspricht den Regeln. Das reicht uns."

"Wir fahren den Rennwagen im Hinblick auf das Setup ein bisschen anders. Wir haben etwas mehr Neigung im Auto, wobei das Heck etwas höher und die Front etwas tiefer liegen. Von außen betrachtet ergibt das einen Unterschied. So ist es. Das Auto ist absolut regelkonform. Die FIA ist zufrieden damit und daher sind auch wir zufrieden."

Frage: "Wie war die Stimmung im Team nach der Leistung von Melbourne?"

Horner: "Hervorragend. Wir hatten einen sehr, sehr stressigen Winter. Im vergangenen Jahr kämpften wir schließlich bis zuletzt um die Titel, was eine große Herausforderung war. Dies verschlang natürlich viel Energie, Konzentration und Aufmerksamkeit von uns allen. Wir durften uns in der Zwischenzeit nicht vom Designen des neuen Autos ablenken lassen, was bereits im Hintergrund angelaufen war."

"Dabei warteten weitere Herausforderungen auf uns, denn es gab andere Regeln, KERS kehrte zurück, wir mussten den neuen Heckflügel entwerfen und hatten es dann auch noch mit einem neuen Reifenlieferanten zu tun. Das Team arbeitete aber phänomenal hart und brachte das Auto in einer Gemeinschaftsaktion zum ersten Test auf die Strecke."

Christian Horner (Teamchef)

Christian Horner ist stolz auf den guten Saisonstart des Red-Bull-Teams Zoom

"All dies ging in einer kürzeren Zeitspanne vonstatten, als die Mannschaft früher für das Design und die Konstruktion des Autos zur Verfügung hatte. Wir hatten schließlich eine gute Vorsaison - wahrscheinlich unsere beste überhaupt. Aus verständlichen Gründen waren wir enttäuscht, dass das erste Rennen in Bahrain gestrichen wurde."

"Wir hatten zu dem Zeitpunkt nämlich das Gefühl, bereit zu sein. Als wir in Melbourne ankamen, wussten wir nicht, wo wir im Vergleich zu unseren Rivalen stehen würden. Sebastian zeigte am gesamten Wochenende eine absolut dominante Vorstellung. Er war einfach eine Klasse für sich. Angesichts des neuen Rennformats und der großen Bedeutung der Strategie war es wichtig, all das auf Anhieb auf die Reihe zu kriegen."

"Es war sehr schön, den Saisonauftakt in Australien zu gewinnen. Dort hatten wir bisher noch nie wirklich gute Ergebnisse. Die bisherige Bestleistung war ein vierter Platz. Das Einzige, was uns zu unserem Glück an der Spitze fehlte, war das andere Auto. Es war jedenfalls eine tolle Teamleistung, dass wir 2010 mit einem Sieg beschließen und 2011 mit einem Sieg eröffnen konnten."

Frage: "2013 wird ein neues Motorenformat Einzug halten, doch hinter den Kulissen finden ständig Meetings dazu statt. Könnt ihr uns verraten, was in dieser Hinsicht vor sich geht?"

Brawn: "Nun, wir entwerfen einen Motor für 2013. Es gibt ein Regelwerk und wir designen einen Motor, der diesen Regeln gerecht wird. Wie üblich gibt es dabei viele Diskussionen. Die Regeln der FIA stehen allerdings fest, sofern der Automobil-Weltverband keine Anpassungen mehr daran vornimmt. Dementsprechend werden wir 2013 mit eben diesem Motor antreten."

Kolles: "Wir werden sehen."

Boullier: "Ja, wir arbeiten daran, einen neuen Motor zu entwickeln, der sich an den ab 2013 gültigen Regeln orientiert. Das ist alles."

Kolles: "Wir sind kein Motorenhersteller."

Horner: "Renault konzentriert sich auf die Motorenregeln für 2013, so wie sie aktuell Bestand haben."

Kaltenborn: "Bei uns ist es ähnlich. Wir wissen, dass sich Ferrari bereits damit beschäftigt. Für uns ist wichtig, dass - welchen Motor auch immer wir letztendlich im Heck haben werden - sich die unabhängigen Teams ein solches Aggregat leisten können. Das ist das größte Thema für uns. Natürlich müssen wir auch sicherstellen, dass wir innovative Technologien mit einbeziehen. Es geht darum, eine Balance zu entwerfen."

Frage: "Monisha, du hast vorhin über zehn Punkte gesprochen. Was sind diese zehn Punkte wert?"

Kaltenborn: "Das kann ich euch am Saisonende verraten."

Frage: "Es handelt sich um richtig viel Geld, oder nicht?"

Kaltenborn: "Das könnte sein. Wir sind aber noch immer zuversichtlich, dass wir diese Scharte ausmerzen können."

Frage: "Ross und Colin, könnt ihr ein bisschen über euren Windkanal-Deal sprechen?"

Kolles: "Das ist ein kommerzielles Thema von Mercedes."

Brawn: "Wir haben Windkanäle. Aufgrund der Beschränkungen der FOTA verwenden wir für das Formel-1-Programm nur einen davon. Der andere Windkanal steht Kunden offen. Colin ist eine Partei, die sich für gewisse Zeit in dieser Anlage einmietet. So einfach ist das. Wir haben einen Windkanal, den wir nicht nutzen. Wir hatten diese Anlage in Verwendung, bevor die Beschränkungen eingeführt wurden."

Ross Brawn (Teamchef)

Ross Brawn wittert einen Aufwärtstrend bei den Silberpfeilen von Mercedes Zoom

"Es handelt sich um den ursprünglichen Windkanal von Brackley. Jetzt vermieten wir die Einrichtung an Interessenten, die sich dort einmieten wollen. Ganz einfach. Mir war nicht klar, dass Colin einer unserer Kunden ist, bis mich unser kaufmännischer Leiter darauf hinwies. Ich finde es klasse, wenn wir helfen können. Es handelt sich um einen ganz normalen Mietvertrag."

Frage: "Christian, kannst du etwas über KERS erzählen? In Australien schien dieses System nicht in euren Autos verbaut zu sein. Kommt es hier in Malaysia zum Einsatz? Was war das Problem in Melbourne?"

Horner: "In Australien waren wir am Freitag damit unterwegs. Wir hatten das Gefühl, es könnte ein Risiko für die Zuverlässigkeit darstellen. Zudem ist der Zugewinn durch KERS in Australien etwas geringer als bei anderen Strecken."

"Wir entschieden uns daher dafür, das Risiko nicht einzugehen und das System am Freitagabend bei beiden Fahrzeugen auszubauen. Wir hatten stets vor, es hier wieder einzubauen. Heute war es im Einsatz. Es funktionierte gut und zuverlässig. Wir werden zweifelsohne noch im Laufe des Abends eine Entscheidung treffen."

Frage: "Bitte präzisiere diesen Sachverhalt: Ist es euer eigenes KER-System oder stammt es aus dem Hause Renault?"

Horner: "Dieses System weist viele Schnittstellen mit Renault auf. Es wurde in Zusammenarbeit mit ihnen entwickelt. Die Installation wird natürlich auf jedes einzelne Team angepasst, das ist klar. Es gibt aber viele Gemeinsamkeiten - zumindest zwischen den beiden Renault-befeuerten Teams, die KERS einsetzen."

Frage: "Eine Frage an die Teamchefs: Es macht nicht wirklich viel Sinn, dass die Fahrer den verstellbaren Heckflügel am Freitag und am Samstag beliebig verwenden dürfen, aber im Rennen am Sonntag nur einmal pro Runde. Sollte man die Regeln ändern? Was könnte man tun, um dies zu bewirken?"

Horner: "Ich denke, wir brauchen noch ein paar mehr Rennen. In Melbourne war dieses neue System sicherlich nicht sehr kraftvoll. Ein paar Rennwagen befanden sich dadurch zwar in einer Überholposition, doch generell handelte es sich dabei um eine der kürzeren Geraden. Angesichts der Länge der Geraden werden wir an diesem Wochenende sicherlich einen besseren Einblick in die Arbeitsweise des verstellbaren Heckflügels haben."

"Die FIA ist im Hinblick auf die Aktivierungsbereiche offen für alles. Wir sollten aber wahrscheinlich noch etwas abwarten, bevor wir die Lage richtig einschätzen können. Es ist eine interessante Frage. In vielerlei Hinsicht wäre es in meinen Augen einfacher, konstante Verwendungsregeln zu haben. Es ist halt ein bisschen eine Entdeckungsreise. Wir müssen nebenher etwas darüber lernen."

Boullier: "Ich denke, der gesunde Menschenverstand müsste vorgeben, dass wir es nutzen dürfen, wann auch immer wir oder die Fahrer es im Training oder Qualifying verwenden wollen. Damit kann man eventuellen Zuverlässigkeitsproblemen auf die Spur kommen und die Piloten können sich an die Topspeeds gewöhnen - und nicht umgekehrt."

Colin Kolles (Teamchef)

Colin Kolles und sein Team kommen voran, doch es gibt noch Baustellen Zoom

Brawn: "Meiner Meinung nach müssen wir das System im Training einsetzen, um die nötigen Einstellungen vorzunehmen. Es geht um Getriebeübersetzungen und die Fahrer müssen sich daran gewöhnen. Die Nutzung in der Qualifikation steht zur Debatte. Im Rennen ist das System dazu da, um das Überholen zu verbessern."

"Es gibt bestimmte Streckenabschnitte, in denen es ein Auto verwenden kann, der Vordermann hingegen nicht. Da kommen die Geräte zur Abstandsmessung ins Spiel. Ich denke, beim Großen Preis von Malaysia werden wir sehen, was dieses System wert ist. Man kann diese Neuerung leicht abschalten oder ihre Nutzung ausbauen. Schauen wir einmal, wie sich diese Sache entwickelt und ob es die Show der Formel 1 wirklich verbessert."

Frage: "Eine Frage an alle außer Herrn Horner und Herrn Hembery: Was haltet ihr von den Frontflügeln von Red Bull? Arbeitet ihr an einem ähnlichen System oder plant ihr, das zu tun?"

Kaltenborn: "Wir mussten uns um eine andere Flügel-Angelegenheit kümmern und konzentrierten uns daher nicht auf den Frontflügel von Red Bull. Das Auto dieses Teams wurde überprüft und die FIA hält es für legal. Das ist okay. Wir werden die Sache aber weiter verfolgen. Red Bull ist sich im Klaren darüber. Ich denke aber trotzdem, dass wir uns mehr mit unserem eigenen Auto und nicht mit den Fahrzeugen der Konkurrenz beschäftigen sollten."

Kolles: "Ich habe, so glaube ich, im Augenblick genug andere Baustellen als den Frontflügel von Red Bull. Ich konzentriere mich auf meine eigenen Probleme. Ross kann da vielleicht mehr dazu sagen."

Brawn: "Es gibt eine Regel, die besagt, dass das Bodywork steif sein muss. Uns allen ist klar: Das ist unmöglich, denn alles bewegt sich. Es kommt auf die Neigung an. Die FIA hat eine Reihe von Tests, um festzustellen, wie sehr sich das Bodywork bewegt. Solange man diese Tests besteht, ist dein Fahrzeug vollkommen legal. Diese Tests können sich verändern. Tatsache ist: Über den Winter wurden sie angepasst, denn die FIA versucht immer, diese Tests zu optimieren. Das gilt auch für andere Bereiche. In diesem Jahr gibt es eben einen neuen Test."

"Red Bull scheint diese Überprüfung zu bestehen, also braucht man kein weiteres Wort mehr dazu verlieren. Sie verfolgen eine bestimmte Philosophie bei ihren Fahrzeug und ihrer Herangehensweise. Jetzt liegt es an den Teams, zu entscheiden, ob das der Grund oder einer der Gründe für ihre Leistung ist. Falls ja, dann sollte man darüber nachdenken, ebenfalls einen solchen Weg einzuschlagen."

"Ansonsten muss man überprüfen, dass es keine Ausrede dafür ist, dass sie im Augenblick alles gewinnen. Es ist eine Philosophie, die das gesamte Autokonzept verknüpft. Man kann durchaus festhalten, dass viele Teams über den Winter damit gerechnet haben, dass sie die Situation in diesem Zusammenhang verändern würde. So war es aber nicht. Damit müssen wir klarkommen und ein konkurrenzfähiges Auto entwerfen, das die FIA-Tests besteht."


Fotos: Großer Preis von Malaysia, Freitag


Boullier: "Ich werde nicht wiederholen, was Ross sagte, doch es ist offensichtlich, dass ich ihm zustimme. Es gibt gewisse Regeln und die FIA führt verschiedene Tests durch - vor allem im Hinblick auf die Flexibilität des Bodyworks. Wenn Red Bull den Regeln entspricht, gibt es nicht viel zu sagen. Doch zurück zur Frage: Es ist eine bestimmte Philosophie."

"Wie Christian schon sagte: Sie fahren mit einem anderen Setup, das etwas mehr Neigung beinhaltet. Wir haben ebenfalls einen anderen Weg eingeschlagen, der einer anderen Philosophie folgt. Wir werden das im Auge behalten, denn es handelt sich schließlich um das schnellste Auto auf der Strecke. Speziell dann, muss man das beobachten. Wir wissen aber nicht, ob wir diesem Trend folgen werden oder nicht."

Frage: "Paul, gab es bisher einige negative Überraschungen oder lief alles nach Plan?"

Hembery: "Es gab keine unangenehmen Überraschungen, nein. Überraschungen gab es, aber keine negativen. Ich sagte vorhin schon, dass es ganz anders ist, wenn man mit 24 Fahrzeugen auf der Strecke ist. Es ist hart, wenn man keine Teststrecken oder Möglichkeiten hat."

"Das wäre schwierig für jeden, der diesem Sport beitritt. Es war bislang wirklich interessant. Wir lernen immer weiter dazu. Ich bin mir ziemlich sicher: Uns steht ein Lernjahr ins Haus. Jede Strecke ist anders und stellt uns vor immer neue Herausforderungen. Am Saisonende werden wir meiner Meinung nach genug Daten für alles haben, was wir tun müssen."

Frage: "Die Teams stellen in ihren Werken sehr viele Simulationen an. Wie läuft das bei Pirelli? Wie funktioniert es und kann man viel dabei lernen?"

Hembery: "Nun ja, damit wir Fortschritte machen können, werden wir irgendwann unseren eigenen Simulator benötigen. Es wird ja so wenig getestet."

"Es braucht ein Werkzeug, um die Interaktion zwischen Auto und Reifen zu simulieren. Darauf arbeiten wir hin. Im Augenblick beschränken wir uns allerdings darauf, den Teams einige Daten an die Hand zu geben, damit sie ihre eigene Arbeit verrichten können. Künftig wollen wir aber Simulationen dazu verwenden, um unsere Produktentwicklung ohne Testen voranzutreiben."

"Bei Straßenwagen wenden wir das bereits an. Wir wollen zumindest an einen Punkt gelangen, an dem wir nach einer Analyse zu einer Lösung kommen, ohne dafür auf die Strecke gehen zu müssen. Unsere Leistung hängt zu einem Großteil aber auch von der Oberfläche und dem Wetter ab. Es gibt also noch immer einige Unbekannten in diesem Bereich."