Hembery: "Haben nicht mit Komplimenten gerechnet"

Pirelli-Sportchef Paul Hembery zeigt sich von der Reifen-Euphorie überrascht, erklärt das Erfolgsrezept und spricht über die nächsten Herausforderungen

(Motorsport-Total.com) - Vom Buhmann zum Heilsbringer: Pirelli-Sportchef Paul Hembery machte bei den ersten vier Saisonrennen eine beeindruckende Wandlung durch. Vor dem Auftakt in Melbourne stand der italienische Konzern bei Fahrern und Teams in der Kritik, weil die Pneus schon nach wenigen Runden in die Knie gingen. Doch inzwischen schwärmen längst Fans und Experten von den unberechenbaren Reifen, die nach Jahren erfolgloser Reglementänderungen endlich Überholmanöver ermöglichen.

Titel-Bild zur News: Paul Hembery

Paul Hembery musste sich zu Saisonbeginn gegen die Kritik wehren

"Um ehrlich zu sein, hat das selbst uns überrascht", reagiert Hembery gegenüber 'F1.com' verdutzt auf die positiven Reaktionen der letzten Wochen. "Wir rechneten nicht damit, Komplimente von den Leuten zu bekommen. Und sie stammen nicht nur von echten Fans, sondern auch von Leuten, die die Formel 1 bloß verfolgen."

Sogar bei den Fahrern, die teilweise ihren Fahrstil radikal ändern mussten, fallen die Reaktionen inzwischen positiv aus: "Sie haben sich gewöhnt. Für sie ist es natürlich anders, aber es ist für alle gleich." Hembery erklärt, dass es ein Balanceakt war, Reifen herzustellen, die derart spannende Rennen ermöglichen. "Es ist sehr schwierig, die Reifen darauf zu programmieren, zwischen 15 und 25 Runden lang zu halten", sagt er. "Wenn es schief läuft, dann hat man zu viele Stopps, und wenn es wirklich schief läuft, dann hat man gar keine."

Zudem müssen die Reifen mit allen Strecken harmonieren, die Auswahl ist auf nur vier unterschiedliche Mischungen beschränkt. "Es bedurfte vieler Rechnungen, bis wir es hinkriegten", gesteht Hembery. Sollten die Teams nun reifenschonendere Autos bauen, damit sie nur noch ein oder zwei Mal stoppen müssen, dann würde Pirelli darauf reagieren, bestätigt Hembery: "Wir werden ihre Strategien studieren und müssen sicherstellen, dass wir schnell reagieren können, wenn dies der Fall sein sollte. Schließlich wäre Bernie Ecclestone nicht sehr glücklich, wenn wir uns in Richtung einer Einstopp-Strategie bewegen - das Gleiche gilt wohl für die Fans."

Doch auch wenn dieser Fall nicht eintritt, muss Pirelli auch in dieser Saison noch einige Herausforderungen bewältigen: "Monza wird eine sein - wegen der Geraden", zählt Hembery auf. "Dann Spa, denn in der Eau Rouge werden die Reifen mit 1.000 Kilogramm belastet. Und dann wären da noch die Stadtkurse wie Monaco oder Kanada, wo wir noch nie getestet haben." Nach dem erfolgreichen Saisonstart fühlt man sich aber nun gerüstet: "Wir haben Istanbul und Sepang überstanden - das zeigt uns, das wir auf dem richtigen Weg sind."