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  • 07.10.2010 12:23

  • von Dieter Rencken

Heidfeld: "Es hat sich nichts Gravierendes verändert"

Sauber-Pilot Nick Heidfeld über seinen Renneinstand 2010, seine Chancen für 2011 und die Schwierigkeit, Überholmanöver genau zu timen

(Motorsport-Total.com) - Seit Singapur zählt Nick Heidfeld wieder zur Riege der Stammfahrer in der Formel 1, sah bei seinem ersten Rennen in dieser Saison aber nicht die Zielflagge. Dies möchte der Deutsche beim Japan-Event in Suzuka nachholen, geht dabei allerdings in erster Linie auf Bewerbungsfahrt für 2011. Weil bei Sauber kein Platz mehr frei ist, sieht sich Heidfeld nach anderen Optionen um. In seiner Medienrunde spricht der 33-Jährige über seine Cockpitaussichten für die kommende Rennsaison.

Titel-Bild zur News: Nick Heidfeld

Nick Heidfeld begrüßt die Fans in Japan: Fährt er auch 2011 in der Formel 1?

Frage: "Nick, du bist nun wieder ein Stammfahrer in der Formel 1. Wie zufrieden bist du mit deiner Situation und was hast du dir für die restlichen Rennen vorgenommen?"
Nick Heidfeld: "Ich freue mich darüber, ein Comeback hingelegt zu haben. Ich freue mich sehr auf die vier noch ausstehenden Rennen. Ich hatte allerdings gehofft, dass Singapur etwas besser für mich laufen würde - speziell im Hinblick auf das Endergebnis."#w1#

"Nach einem Jahr gab es aber viel mehr zu lernen, als ich dachte. Ich kenne zwar das Team, doch das Auto und auch die Reifen sind so anders, dass man nicht einfach nur einsteigen und sofort am Maximum ankommen kann. Wichtig war für mich, viele Runden zu drehen."

"Das Rennen hätte ich gerne beendet, denn wenn du viele Umläufe am Stück zurücklegst, lernst du schlichtweg mehr als bei nur kurzen Ausfahrten. Ich stelle jedenfalls fest, dass ein anderer Fahrstil gefragt ist. Hoffentlich wird mir das eine Hilfe sein."


Fotos: Nick Heidfeld, Großer Preis von Singapur


2011: Eine Option weniger für Heidfeld...

Frage: "Zwischen Singapur und Japan stellte das Sauber-Team einen neuen Fahrer und einen neuen Sponsor für 2011 vor: Sergio Perez und Telmex kommen an Bord. Hast du davon gewusst, als du für die restlichen Rennen 2010 unterschrieben hast?"
Heidfeld: "Nein, davon wusste ich nichts. Mir war aber klar, dass im Hintergrund gewisse Dinge vor sich gingen und dass Gespräche stattfanden."

"Peter informierte mich schließlich, noch bevor es offiziell gemacht wurde. Ich habe mich nicht darüber beklagt, sondern habe ihm im Gegenteil sogar gratuliert. Ich denke, das sind tolle Nachrichten für das Team und somit auch für die Formel 1 - speziell aber für die Jungs in Hinwil, mit denen ich über sieben Jahre hinweg zusammen gearbeitet habe."

"Ich habe mich nicht darüber beklagt, sondern habe ihm im Gegenteil sogar gratuliert." Nick Heidfeld

"In Hinwil gibt es einige großartige Anlagen und ich freue mich sehr für dieses Team, dass sie mit ihrem großen mexikanischen Partner Telmex weitermachen können. Hoffentlich sichert ihnen das die Zukunft und ermöglicht ihnen, künftig weiter voran zu kommen."

Frage: "Das mögen tolle Nachrichten für Sauber sein, aber nicht unbedingt für dich..."
Heidfeld: "Das stimmt. Für mich ist das nicht so gut, weil nun klarerweise ein Platz weniger vorhanden ist. Es ist aber nicht so, dass ich diesen Platz als garantiert angesehen hätte. Manche Leute könnten jetzt den Eindruck bekommen, ich sei zurückgekommen und würde nun wieder hinausgeworfen."

"So fühlt es sich aber nicht an für mich. Das Team und Peter haben Vertrauen in mich und deswegen haben sie mich an Bord geholt. Die Gründe für den Deal im kommenden Jahr sind in meinen Augen ziemlich offensichtlich. Ich habe ein sehr gutes Gefühl in diesem Team. Die Mannschaft steht hinter mir und gemeinsam arbeiten wir im restlichen Saisonverlauf bestmöglich zusammen."

Die Cockpitsuche dauert an

Frage: "Wie zuversichtlich bist du, im kommenden woanders unterzukommen? Rechnest du mit einem Engagement als Stammfahrer bei einem anderen Team?"
Heidfeld: "Ich denke, das wird klappen. Solange aber nichts unterschrieben ist, kannst du dir dessen nicht sicher sein. Allzu viele Plätze gibt es nicht mehr, doch wir geben unser Bestes. Es sieht definitiv positiv aus."

Frage: "Hat die Entscheidung von Sauber einen Einfluss darauf, auf welche Option du dich am meisten konzentrierst?"
Heidfeld: "Nein. Die Gespräche, die ich zuvor begonnen hatte, finden noch immer statt. Für mich war das keine große Überraschung. Es ist auch nicht so, dass Sauber das einzige Team auf meiner Agenda für 2011 gewesen wäre."

"Die Gespräche, die ich zuvor begonnen hatte, finden noch immer statt." Nick Heidfeld

"Für mich hat sich nichts Gravierendes verändert. Es ist nun eben ein Platz weniger verfügbar, was nicht besonders toll ist für all jene Fahrer, die noch auf der Suche nach einem Cockpit für 2011 sind. Ich denke aber, ich befinde mich bei den anderen Teams in einer guten Position, welche noch einen Platz für das kommende Jahr anbieten."

Frage: "Du sprichst in diesem Zusammenhang von mehreren Teams und nicht nur von einem Team, richtig?"
Heidfeld: "Ja."

Frage: "Als du für die letzten fünf Rennen dieser Saison unterschrieben hast, wurde das Jahr 2011 bei den Verhandlungen gestreift?"
Heidfeld: "Nein, es ging nur um diese fünf Rennen. Beide Seiten wollten sich ihre Optionen für 2011 offen halten - sowohl Peter als auch ich."¿pbvin|512|3162|inside|0|1pb¿

Droht Heidfeld ein ähnliches Schicksal wie 2010?

Frage: "Nehmen die noch ausstehenden vier Rennen daher eine besondere Rolle für dich ein, wo du doch nun unter Beweis stellen kannst, wozu du imstande bist?"
Heidfeld: "Diese Rennen werden nicht wichtiger, als ich es vor meiner Unterzeichnung erwartet hatte. Es war klar, dass es nicht einfach werden würde, während der Saison ins Auto zu steigen."

"Die Leuten fragten mich, warum ich nicht bei Pirelli blieb, um dort weitere Informationen zu sammeln. Ich denke, ich kann in den letzten vier Rennen des Jahres einen guten Job machen. Ich will fahren und ich liebe den Motorsport. Wichtig ist halt auch, dass man sich zeigt."

"So bedeutsam die vier letzten Saisonrennen sein mögen, einfach nur dabei zu sein und Farbe zu bekennen erinnert die Leute hoffentlich an mich und meine Leistungen aus der Vergangenheit. In den vergangenen Jahren fuhr ich schließlich gegen einige der aktuell großen Namen - wie zum Beispiel Webber, der nun ein Titelkandidat ist."

"Hoffentlich erinnern sich die Leute an mich und meine Leistungen aus der Vergangenheit." Nick Heidfeld

"Ich bin auch schon gegen Kimi, Felipe und Robert angetreten. Sie alle genießen ein gutes Standing in der Formel 1. Ohne jetzt arrogant klingen zu wollen: Ich denke, im Vergleich zu ihnen sah ich sehr gut aus. Die Leute erinnern sich sicherlich daran."

Frage: "Wie sicher bist du dir, dass du am Ende nicht wieder in einer Position bist, wie zu Beginn dieser Saison? Vielleicht wartest du wieder einige Monate und dann..."
Heidfeld: "Ich weiß es nicht. Hoffentlich wird es nicht passieren. In der Formel 1 kannst du das nie mit Sicherheit sagen."

Der schmale Grat zwischen Aggressivität und Fairness

Frage: "Sprechen wir über Mark Webber. Genießt er nun mehr Autorität auf der Strecke, weil er aktuell an der Spitze der Gesamtwertung liegt? Was ist dein Eindruck?"
Heidfeld: "Ich denke, er hat sich in den vergangenen Jahren und insbesondere in dieser Saison einen Namen gemacht."

"Andererseits wissen alle, dass er der Spitzenreiter ist und keine großen Risiken eingehen darf. Er mag ein großer Kämpfer sein, ist aber gewiss nicht dumm. Sollte es eine Situation geben, die für ihn in einem Crash resultieren könnte, wäre er gut beraten, nichts Blödes zu veranstalten."

"Er mag ein großer Kämpfer sein, ist aber gewiss nicht dumm." Nick Heidfeld

"Aus diesem Grund ist er für mich im Augenblick der Favorit auf den Titel. Der Druck scheint ihm nichts auszumachen. In Singapur hätte es sehr leicht richtig schiefgehen können für ihn. Dort hat er ein sehr gutes Rennen abgeliefert."

Frage: "Wie siehst du in diesem Zusammenhang den Crash zwischen Webber und Hamilton?"
Heidfeld: "Von Außen kannst du das unmöglich beurteilen. Du versuchst in der Hitze des Gefechts, die richtige Entscheidung zu treffen. Solche Dinge können passieren."

Frage: "Wie schwierig ist es, das Limit zwischen Fairness und Aggressivität zu finden?"
Heidfeld: "Das ist nicht einfach. Nach einer Saison oder einer Karriere kann man rückblickend sicherlich sagen, 'das war zu hart' oder 'er war nicht fair genug'."

"In einer Situation, in der man ein Überholmanöver vorträgt, ist das allerdings schwierig zu beurteilen. Wenn du dich entscheidest, dich auf der Innenseite neben einen anderen zu setzen und so spät wie möglich zu bremsen, dann kannst du nichts weiter mehr tun, selbst wenn du siehst, dass ein Crash droht."

"Ein Crash ist auf diese Weise schnell passiert." Nick Heidfeld

"Du bremst in diesem Fall ohnehin so spät wie möglich und kannst nicht noch härter in die Eisen steigen, um einen Unfall zu vermeiden. Ein Crash ist auf diese Weise schnell passiert. So läuft der Hase im Motorsport. Idealerweise versucht man, hinter seinem Vordermann zu bleiben oder komplett neben ihn zu gelangen. Das ist aber nicht immer möglich."