• 05.03.2008 13:38

Head: "Teams sind gekommen und gegangen"

Patrick Head im Interview über die Herausforderungen der Saison 2008, sein Fahrerduo und die Geschichte des Williams-Rennstalls

(Motorsport-Total.com) - Formel-1-Urgestein Patrick Head ist seit über 30 Jahren bei Williams an Bord und eine der charismatischsten Persönlichkeiten im Rennsport. Im Interview blickt der Brite zurück auf eine lange Erfolgsstory und erklärt seine Sicht der Dinge. Für die bevorstehende Saison erhofft er sich ein starkes Williams-Team und regelmäßige Besuche auf dem Podium.

Titel-Bild zur News: Patrick Head (Teammitbesitzer)

Feiert in diesem Jahr mit Williams das 30-jährige Jubiläum: Patrick Head

Frage: "Das Team hat bei den Wintertestfahrten einen guten Eindruck hinterlassen. Was sind deine Erwartungen für die bevorstehende Saison, Patrick?"
Patrick Head: "Wir wollen weiterhin Fortschritte machen und von unserem Tief im Jahr 2006 aus wieder zu einem Spitzenteam werden, das immer in der Lage ist, um Siege und Meisterschaften mitzufahren."#w1#

Kräfteverhältnis ist schwierig zu beurteilen

Frage: "In den Medien wird spekuliert, Williams könnte unmittelbar hinter Ferrari und McLaren-Mercedes und vor allen Übrigen liegen. Ist das realistisch?
Head: "Es ist noch zu früh, um Auskunft darüber zu geben, wo wir letztendlich stehen werden. Es sieht so aus, als hätten Ferrari und McLaren seit 2007 gute Fortschritte gemacht. BMW hat allem Anschein nach ein schnelles Auto und Renault hat Fortschritte gemacht - nicht zuletzt, weil Fernando Alonso wieder hinter dem Lenkrad sitzt, da bin ich mir sicher. Red Bull sieht so langsam recht stark aus und Toro Rosso macht das Beste aus dem Auto, denn sie kennen den Wagen schon lange und dürfen keineswegs außer Acht gelassen werden. Auch wir haben Fortschritte gemacht, aber wir können erst am Saisonstart sagen, wie das Kräfteverhältnis aussieht."

"Der FW30 ist eine logische Fortführung der beim FW29 angewandten Prinzipien." Patrick Head

Frage: "Welche Verbesserungen wurden beim FW30 im Gegensatz zum FW29 vorgenommen und wie unterscheiden sich die beiden Modelle auf technischer Ebene?"
Head: "Der FW30 ist eine logische Fortführung der beim FW29 angewandten Prinzipien, obwohl sich die Kühlanlagen recht stark unterscheiden. Natürlich hat der neue Wagen von den neun Monaten Aerodynamik-Forschung am ursprünglichen FW29 profitiert, einige Änderungen wurden aber erst im Laufe der Entwicklung des Vorjahreswagens noch hinzugefügt."

Frage: "Im vergangenen Jahr belegte das Team den vierten Rang in der Konstrukteurswertung, ein großer Sprung im Vergleich zu 2006. Könnte ein Mitmischen im Titelkampf für Williams in den kommenden zwei bis drei Jahren realistisch sein?"
Head: "Wir bauen kein Auto, damit es einen vierten Platz holt! Natürlich ist der Wagen immer so ausgelegt, dass er die bestmögliche Position garantieren kann. Die Resultate basieren zunächst also zum größten Teil auf unseren Fähigkeiten, ein Auto zu bauen. Obwohl Nico (Rosberg; Anm. d. Red.) schon in seine dritte Saison geht, fährt Kazuki (Nakajima; Anm. d. Red.) in diesem Jahr seine erste. Demnach wird unser Fahrerduo nicht so erfahren sein, wie man sich das von einem Team vielleicht erwartet, das in einer Weltmeisterschaft kämpft. Aber wir haben fest vor, 2008 regelmäßig auf das Podium zu gelangen. Die Haltbarkeit moderner Formel-1-Wagen setzt voraus, dass dieses Vorhaben nur durch ein Auto umgesetzt werden kann, dass sich sehr nahe an der Performance der Topautos befindet."

Jede Menge Jubiläen für Williams

Frage: "Nico bestreitet 2008 sein drittes Jahr für das Team, Kazuki gibt sein Debüt. Arbeiten die beiden gut zusammen?"
Head: "Ja, das tun sie. Kazuki wird stetig schneller, besonders bei Qualifikationssimulationen von einer Runde auf frischen Reifen. Wir erwarten von Nico, unser Teamleader zu sein, aber Kazuki wird sich sicherlich nicht verstecken."

Frage: "Das Jahr 2008 markiert ein Jubiläum für Williams, die 500-Rennen-Marke wird erreicht und 50.000 Rennrunden werden komplettiert. Hättest du dir je träumen lassen, dass sich das Team so lange hält?"
Head: "Ich glaube, dass weder Frank (Williams; Anm. d. Red.) noch ich selbst daran gedacht hatten. Damals sind Formel-1-Teams einfach gekommen und gegangen. In den ersten fünf Jahren war es ein finanzieller Spagat zu überleben, aber wir konnten glücklicherweise schon sehr bald Rennen und Meisterschaften gewinnen. Das stärkte die Finanzen natürlich gewaltig."

"Mittlerweile nimmt jedes Team weit über 100 Personen mit zu den Rennen." Patrick Head

Frage: "Was war die größte Veränderung, die du erlebt hast?"
Head: "Die verschiedenen Tätigkeitsbereiche sind mit dem Niveau der Berichterstattung enorm gewachsen. Mittlerweile nimmt jedes Team weit über 100 Personen mit zu den Rennen, von denen eine Vielzahl keinen direkten Arbeitsbezug zu den Autos an sich hat, sondern Marketingabteilung oder Logistik angehört."

Die Quintessenz des Erfolgs

Frage: "Dein Verhältnis zu Frank Williams hat 30 Jahre überdauert. Was denkst du ist der Schlüssel zu diesem Erfolg?"
Head: "Grundsätzlich teilen Frank und ich die gleichen Ansichten über die Freuden am Motorsport und kümmern uns beide um verschiedene Bereiche. Ich bin auf der technischen Seite, Franks Augenmerk liegt auf dem Marketing, den Finanzen und den Beziehungen zu unseren Großpartnern. So treten wir uns nicht gegenseitig auf die Füße."

Frage: "Als ihr damals Williams auf den Weg gebracht habt, hättest du je daran geglaubt, einmal 16 Weltmeisterschaftstitel zu holen?"
Head: "Nein, überhaupt nicht. Aber wir wollten beide so viel wie möglich erreichen."

Frage: "Könntest du ein hauptsächliches Element herausstellen, das zum Erfolg des Teams beigetragen hat?"
Head: "Konsequente Führung von der Spitze abwärts, das Verständnis, dass die Formel 1 in erster Linie ein technisches und organisatorisches Problem darstellt und die Einsicht, wie sehr wir von den Fähigkeiten und dem Enthusiasmus unserer Mitarbeiter abhängig sind."

"Rennen zu gewinnen ist sehr befriedigend." Patrick Head

Frage: "Welches der 500 Rennen war das, welches dich am meisten zufrieden gestellt hat?"
Head: "Rennen zu gewinnen ist sehr befriedigend. Dem haben wir uns verschrieben und so stellt jede Niederlage ein Versagen dar. Sobald das Rennen gelaufen ist, denken Frank und ich schon wieder über die Zukunft nach."

Frage: "Was sind deine Vorhersagen für die gesamte Saison 2008?"
Head: "Dass in allen Rennen hauptsächlich Ferrari und McLaren um den Sieg kämpfen werden, so wie schon 2007. Dass mindestens ein Rennen von einem dritten Team gewonnen werden wird und dass Williams gegenüber 2007 Fortschritte macht."