Hockenheim: Hamilton gewinnt trotz Safety-Car-Pech

Trotz eines taktischen Fehlers während der Safety-Car-Phase gewann Lewis Hamilton vor Sensationsmann Nelson Piquet Jr. und Felipe Massa

(Motorsport-Total.com) - Der Mercedes-Fluch in Hockenheim ist beendet: Zehn Jahre nach Mika Häkkinen gewann dank Lewis Hamilton heute Nachmittag endlich wieder ein Silberpfeil den Grand Prix von Deutschland! Der nunmehr alleinige WM-Leader setzte der Durststrecke auch noch mit Stil ein Ende - nämlich nach Rad-an-Rad-Duellen im Showdown um den Sieg.

Titel-Bild zur News: Podium in Deutschland 2008

Mit diesem Siegerfoto hätte niemand gerechnet: Piquet Jr., Hamilton, Massa

Vor fast 100.000 Fans sah es bei trockenen Bedingungen und knapp über 20 Grad schon fast so aus, als würde sich Mercedes selbst um den sicher scheinenden Triumph bringen, denn während einer Safety-Car-Phase wurde Hamilton als einziger Siegesanwärter nicht an die Box geholt. Dadurch musste der 23-Jährige in den letzten Runden drei Konkurrenten überholen. Kommentar von Teamchef Ron Dennis: "Sorry, Lewis, dass wir es dir so schwer gemacht haben!"#w1#

"No problem, Ron!"

Doch Hamilton meinte nur: "No problem, Ron!" Überhaupt schien ihm heute alles leicht von der Hand zu gehen, denn der McLaren-Mercedes-Pilot war vom ersten Meter an souverän. Am Start münzte er seine Pole-Position in die Führung um, gefolgt von Felipe Massa (Ferrari) und seinem Teamkollegen Heikki Kovalainen. Schon nach der ersten Runde hatte Hamilton stattliche 1,8 Sekunden Vorsprung auf den Ferrari, der in seinem Rückspiegel immer kleiner wurde.

Start in Hockenheim 2008

Lewis Hamilton erwischte den besten Start, die Top 5 blieben unverändert Zoom

Was dann folgte, war zunächst ein ziemlich statischer Grand Prix. Ein schönes Manöver gleich zu Beginn zeigte Robert Kubica (BMW Sauber F1 Team), als sich vor ihm der auf weichen Reifen gestartete Jarno Trulli (Toyota) und Fernando Alonso (Renault) duellierten und er an beiden vorbeizog. Alonso machte den gleichen Fehler wenig später noch einmal und wurde dadurch von Kimi Räikkönen (Ferrari) geschnappt.

Vorne rollte indes der Hamilton-Express: Nach fünf Runden hatte der Brite 7,0 Sekunden Vorsprung, nach 17 waren es 11,0 Sekunden. Im 18. Umlauf kam er dann erstmals an die Box - Standzeit: 9,0 Sekunden. Auch Kubica kam in der 18. Runde, Trulli und Alonso in der 19., Massa in der 20., Kovalainen in der 21. und Räikkönen in der 23. Von den Topstars fuhr Nick Heidfeld (BMW Sauber F1 Team) mit 27 Runden den längsten ersten Stint.

Räikkönen musste kleinere Brötchen backen

Gravierende Verschiebungen gab es nicht, Räikkönen arbeitete sich aber an Trulli vorbei und Hamilton verlor ein paar Sekunden von seinem Vorsprung auf Massa, weil er nach seinem Stopp eine Runde lang von Trulli aufgehalten wurde. Bereits zuvor hatten sich die beiden Freunde Jenson Button (Honda) und David Coulthard (Red-Bull-Renault) ein herzerfrischendes Duell geliefert, bei dem schlussendlich Coulthard als Sieger hervorging.

Timo Glock

Zum Glück blieb Timo Glock bei seinem schweren Crash unverletzt Zoom

In der 29. Runde kam Timo Glock (Toyota) an dritter Stelle liegend an die Box. Wenig später verlor der Deutsche eine Position gegen Sebastian Vettel (Toro-Rosso-Ferrari), der ein starkes Rennen zeigte - und dann die große Schrecksekunde: Im 36. Umlauf brach Glocks rechte Hinterradaufhängung in der Zielkurve! Er schlug auf der rechten Seite rückseitig in die Boxenmauer ein, wartete einige Augenblicke mit dem Aussteigen und wirkte anschließend etwas benommen.

Anschließend wurde der Toyota-Pilot rein präventiv in ein Krankenhaus gebracht, doch ernsthafte Verletzungen scheint er sich nicht zugezogen zu haben. Dafür stellte der Zwischenfall das Renngeschehen komplett auf den Kopf, weil das Safety-Car auf die Strecke kommen musste. Hamilton, Heidfeld und Nelson Piquet Jr. (Renault) pokerten und nutzten diese Gelegenheit nicht für ihren letzten Boxenstopp, alle anderen hingegen schon.

Beide Ferraris gleichzeitig an der Box

Bei Ferrari musste sich Räikkönen beim Service hinter Massa anstellen, aber dennoch schien die Taktik der Italiener voll aufzugehen. Hamilton fuhr nämlich einige Runden lang wie entfesselt, musste aber im 50. Umlauf Benzin ausfassen und kam nur als Fünfter wieder auf die Strecke zurück. Das Thema Heidfeld, der ein paar Führungskilometer sammelte, erledigte sich aber von selbst - und dann begann die große Hamilton-Show!

Lewis Hamilton und Norbert Haug

Norbert Haug stellte sich als erster Gratulant bei Lewis Hamilton ein Zoom

Zunächst machte er eine Position gegen Kovalainen gut, wobei der Finne just in jenem Moment kurz Bremsprobleme zu haben schien - eine (laut Reglement nicht erlaubte) Stallorder wollen wir den Silberpfeilen natürlich nicht unterstellen. Nächster Gegner war Massa: Hamilton saugte sich im Windschatten heran, Massa machte vor der Spitzkehre innen zu wenig entschlossen zu - und schon war der McLaren-Mercedes vorbei. Massas Konter vor der Mercedes-Tribüne war für die Galerie.

Renault schnupperte kurz am Sieg

Doch damit war das Rennen noch nicht entschieden, denn in der Hektik um die finalen Boxenstopps war völlig untergegangen, dass Piquet nicht mehr reinkommen musste - erst ein Renault-Funkspruch klärte dieses Rätsel auf. Hamilton machte mit dem Glückspilz aus Brasilien kurzen Prozess, aber Landsmann Massa kam nicht mehr an den Renault-Piloten an, womit Weltmeistersohn Piquet erstmals auf ein Formel-1-Podium klettern durfte!

Nelson Piquet Jr.

Ihn hatte niemand auf der Rechnung: Nelson Piquet Jr. lag sogar in Führung Zoom

Massa rettete 0,4 Sekunden Vorsprung auf Heidfeld, der ebenfalls von der Safety-Car-Phase profitierte, über die Ziellinie, während Kovalainen und Räikkönen in der Schlussphase noch an Kubica vorbeigingen. Vettel sicherte sich als Achter den letzten Punkt - nach einer sehr starken Leistung: Am Start machte er eine Position gut, später ging er an der Box kompromisslos an Alonso vorbei, am Ende schnappte er sich auch noch Trulli.

Apropos Alonso: Der Doppelweltmeister war heute phasenweise schnell unterwegs, doch nach der Begegnung mit Vettel an der Box fuhr er offensichtlich mit viel Wut im Bauch - und die entlud sich in Form von einigen Fahrfehlern. Auch zwischen Coulthard und Rubens Barrichello (Honda) kam es in der Schlussphase noch zu einer Kollision, als Barrichello im Bereich vor der Mercedes-Tribüne ein gewagtes Überholmanöver riskierte.

Rosberg konnte keine Akzente setzen

Nico Rosberg (Williams-Toyota) wurde nach farbloser Vorstellung seines Teams Elfter, Adrian Sutil (Force-India-Ferrari) 16. Letzterer fiel am Start hinter seinen Stallgefährten Giancarlo Fisichella zurück, überholte den Italiener dann wieder, lag im Ziel aber dennoch hinter ihm. Insgesamt wurden 17 von 20 gestarteten Piloten gewertet - Barrichello (Kollision mit Coulthard), Mark Webber (Red-Bull-Renault/Motorschaden) und Glock (Unfall) schieden aus.

David Coulthard und Sébastien Bourdais

Hochbetrieb an der Boxengasse während der Safety-Car-Phase Zoom

Die Entscheidung fiel also durch das Safety-Car, doch Hamilton war so oder so der schnellste Mann im Feld und damit ein verdienter Sieger. Der Brite übernahm auch die alleinige Führung in der Weltmeisterschaft, in der er nach zehn von 18 Rennen 58 Punkte auf seinem Konto hat. Auf den weiteren Positionen folgen Massa (54), Räikkönen (51), Kubica (48) und Heidfeld (41). Bei den Konstrukteuren liegt Ferrari (105) vor dem BMW Sauber F1 Team (89) und McLaren-Mercedes (86).

Was den Rest der Saison angeht, so scheint McLaren-Mercedes das geringe Handicap vom Saisonbeginn inzwischen wettgemacht zu haben, denn nach den beiden Heimsiegen in Silverstone (McLaren) und Hockenheim (Mercedes) hat Hamilton den psychologischen Vorteil auf seiner Seite. Der Brite hat drei der vergangenen fünf Rennen gewonnen, war auch in Montréal siegverdächtig. Aber: Wie er aus dem Vorjahr weiß, kann trotzdem noch alles passieren...

Folgen Sie uns!

F1-Tests: Zeiten, Termine, Statistiken

Exklusives Formel-1-Testcenter

Im F1-Testcenter finden Sie Zeiten, Termine und unzählige Statistiken zu den Testfahrten in der Formel 1!