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Hamilton: Momentum in der WM jetzt auf meiner Seite

Lewis Hamilton erklärt, warum der Monaco-Sieg ein Glücksfall war und schickt eine Kampfansage in Richtung Nico Rosberg - Neun Punkte trennen die beiden noch

(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton ist zurück. Zwar war der aktuelle Weltmeister genau genommen nie ganz aus dem WM-Kampf verschwunden, jedoch ist der Abstand nun auf den geringsten Stand seit Saisonbeginn 2016 gesunken. Der Brite konnte mit nur zwei Siegen in diesem Jahr in großen Schritten auf Teamkollege Nico Rosberg aufholen, der 2016 immerhin schon viermal gewann. Aus 43 Punkten Rückstand beim Europa-Auftakt in Barcelona wurden neun Pünktchen nach dem fünften Kanada-Triumph von Hamilton. Das Momentum bei Mercedes scheint gekippt zu sein.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Super-Hamilton! Der Kanada-Triumphator ballt die Faust zur Siegerpose Zoom

Der Brite selbst sieht die Lage von Rosberg weniger dramatisch. Der Wiesbadener konnte in Monaco und Montreal insgesamt nur 16 Zähler einfahren. "Ich habe keine Anzeichen gesehen, dass er verunsichert wäre", schildert Hamilton. Nachdem Rosberg immer wieder mit sich haderte, während Hamilton Sieg um Sieg einfahren konnte, schien die Machtverteilung spätestens seit dem Mexiko-Grand-Prix im Vorjahr verdreht: Rosberg gewann die letzten drei Saisonrennen, nachdem der Titel von Hamilton bereits in Austin feststand. Die Siegesserie überdauerte auch die Winterpause, sieben Mal durfte sich Rosberg feiern lassen, bevor mit der Mercedes-Kollission in Barcelona der Faden riss.

Seine Rennpace habe der Deutsche in den vergangenen zwei Rennen dennoch nicht eingebüßt, glaubt Hamilton: "Er ist das gesamte Wochenende über gut gefahren. Ich weiß nicht, wie er heute gefahren ist, aber im Qualifying fuhr er sehr gut. Er pusht immer noch", weiß der dreifache Weltmeister. Er wurde in den ersten Saisonrennen auch von technischen Pannen und Pech verfolgt. "Wir beginnen nun, saubere Wochenenden zu haben. Auch dieses Wochenende war noch nicht zu 100 Prozent perfekt mit dem Start, aber wir haben trotzdem das Ergebnis eingefahren, das wir nun haben. Auf unserer Seite der Garage zeigen wir nun unsere Stärken und beginnen, gute Ergebnisse einzufahren, was jedem Selbstvertrauen gibt."

Hamilton: "Siege einzufahren, das ist unser Leben"

Sein Motto "never give up" scheint ihm geholfen zu haben, nachdem er seit dem Saisonauftakt von der Technik geplagt wurde. Schon in Australien wollte ihm der Start nicht gelingen, in Bahrain kostete eine Berührung mit Valtteri Bottas wertvolle Punkte, in China hatte er mit Motorproblemen (MGU-H) zu kämpfen, die auch das Russland-Wochenende beeinträchtigten. In Barcelona folgte dann der vorläufige Tiefpunkt mit der Kollision zwischen Hamilton und Rosberg in Kurve 3.

Die ersten fünf Rennen haben aber nicht nur Hamilton selbst zugesetzt, auch seiner Crew: "Ich bin mir sicher, dass meine Mechaniker das fühlen, weil sie nach den ersten fünf (Rennen; Anm. d. Red.) wirklich niedergeschlagen waren. Sie fühlen sich großartig. Dafür arbeiten sie, um diese Siege einzufahren, das ist ihr Leben - unser Leben. Wir legen uns ins Bett und träumen davon, dass wir einen Tag haben werden, wie jener heute. Wenn alle ihren Job perfekt machen, ist dieser Sieg das Sahnehäubchen", schwärmt er am Sonntagabend von seinem insgesamt 45. Karriereerfolg.


Fotostrecke: GP Kanada, Highlights 2016

Waren Monaco und Kanada nun endgültig die Trendwende? "Ehrlich gesagt bin ich bei vielen Dingen sehr vergesslich, also spüre ich es nicht...vielleicht habe ich darüber einfach nicht genügend nachgedacht. Ich bin mir dessen bewusst, dass noch ein langer Weg zu bestreiten ist." Immerhin liegen noch 14 Saisonrennen vor den Mercedes-Piloten. Dass auch der vierte Titel, der dritte in Folge, möglich ist, das bezweifelt er nicht. "Ich habe in diesem Jahr nie an meinem Speed und daran, was ich im Auto machen kann, gezweifelt - nicht im geringsten. Natürlich weiß man nie, was als nächstes passieren wird."

Hamilton selbst überrascht vom WM-Stand

Er scheint sogar etwas überrascht über seine Erfolge zu sein: "Wir hatten ein Problem nach dem anderen. Ich habe nicht auf Monaco vorausgeschaut und dann fuhr ich dieses stürmische Rennen." Hamilton profitierte im Fürstentum auch von einem Fehler der Red-Bull-Boxencrew, ansonsten wäre Daniel Ricciardo vor ihm gelandet. In Kanada verspielte Ferrari durch einen Strategiefehler den möglichen Sieg. "Ich bin hierher gekommen und habe mich Freitag und Samstag schon stark gefühlt, bin auf Pole gefahren und der heutige Tag hat sich phänomenal angefühlt. Ich war sehr schnell. Ich hatte immer den Speed, wann auch immer ich es gebraucht habe, das war ein großartiges Gefühl im Auto. Die Balance war genau richtig, im Rennen besser als im Qualifying", so Hamilton.

Er hätte kein Geld darauf verwettet, nun so knapp in der WM-Wertung Zweiter zu sein: "Das hätte ich so niemals erahnt. Ich dachte, dass Monaco womöglich eine einmalige Sache war, aufgrund der Positionsunterschiede. Ein Glücksfall, aber das Rennen war sehr stark." Es stellte sich heraus, dass der Sieg keine Eintagsfliege war und Hamilton wieder erstarkt ist.

Lewis Hamilton

Dreht sich die WM schon in Baku? Neun Punkte trennen Hamilton und Rosberg Zoom

Seinen Kritikern (zuletzt Felipe Massa), die ihm immer wieder vorwerfen, dass sein ausschweifender Lebensstil seine Leistung beeinträchtigen würde, richtet er aus: "Gestern und heute habe ich gezeigt, dass ich gleich fokussiert wie jeder andere hier bin. Ich hatte einen kurzen Ausreißer, als ich in Kurve 10 weit rauskam. Ich bin in keiner Schikane geradeaus gefahren" - im Gegensatz zu den Kollegen Rosberg oder Vettel. "Das ist beruhigend zu sehen, dass ich diesen Fokus habe und selbstsicher im Auto bin, hoffentlich hält das an."

Hamiltons Nachteil: Baldige Strafe?

Er möchte als WM-Führender zu seinem Heimrennen in Silverstone kommen, also müsste er in Baku und Spielberg gut abschneiden. "Das ist natürlich das Ziel. Es wäre toll, nach Silverstone zu kommen und die heutige Leistung abzurufen, aber ich muss jedes Rennen gewinnen - und ich will jedes Rennen gewinnen. Es gibt kein Muss, nur die Begierde, jedes Rennen zu gewinnen."

Dabei weiß er auch, dass ihm bald eine Strafe drohen könnte: "Ich habe weniger Motoren und ich weiß, dass ich zu einem gewissen Zeitpunkt nach der Pause den sechsten Motor brauchen werde. Ich weiß, dass ich diesen Joker habe und dass er eine wesentliche Rolle an einem Rennwochenende spielt. Wenn ich sehr viel Glück habe und auf den Motor aufpasse - und ich habe ihn heute geschont - dann muss ich es hoffentlich nicht machen." Hamilton fuhr in Kanada bereits mit dem vierten Turbolader und der vierten MGU-H-Einheit, jeweils fünf darf man davon in einer Saison verwenden. Rosberg steht hingegen solide bei je der zweiten Einheit, ein weiterer Vorteil für den WM-Führenden.

Hamilton sieht das gestrige Ergebnis ungewohnt kritisch, denn es "nervt" ihn, dass man nicht beide Mercedes auf das Podium gebracht hat. "Ich weiß, wie hart alle in der Fabrik arbeiten, damit wir Erster und Zweiter werden. Das ist unser Ziel und es fühlt sich nicht toll an, wenn wir nicht auf eins und zwei ins Ziel fahren."


Großer Preis von Kanada

"Stärken werden nicht schwinden..."

Natürlich sieht er aber auch seinen Nutzen: "Auf der anderen Seite ist es natürlich positiv was die Punkte betrifft. Nico wird weiterhin pushen, und ich ebenfalls. Ich fühle mich toll im Auto, solange alles hält, also sehe ich diese Stärke auch nicht schwinden", schickt er eine kleine Kampfansage in Richtung Rosberg.

Er sieht aber trotz der 25 Punkte Verbesserungsbedarf: "Es gibt immer noch Dinge, die wir aufgreifen müssen, wie die Starts zum Beispiel. Wenn wir das in den Griff bekommen haben, sind wir hoffentlich wieder dort, wo wir sein wollen." Mercedes-Team-Aufsichtsratsvorsitzender Niki Lauda weiß ebenfalls, dass der WM-Kampf nun wieder enger wird, wie er bei 'Sky.de' erklärt: "Das ist überhaupt keine Frage. Wenn der Nico das wieder zurückholen will, was er heute verloren hat, muss er in Baku gewinnen."


Fotos: Mercedes, Großer Preis von Kanada


Hamilton haben die zwei Siege aus seinem Formtief geholt: "Der Lewis hat sich wieder voll berappelt. Beide Autos liefen technisch stabil, was bei Lewis zu Beginn des Jahres ein Problem war. Jetzt wird es zwischen den beiden interessant", freut sich der Österreicher. Schon am kommenden Wochenende wird zwischen Hamilton und Rosberg die nächste Runde im Titelduell ausgetragen.