• 29.05.2010 17:37

  • von Dieter Rencken

Hamilton: "Die Runde war nahezu perfekt"

Lewis Hamilton freut sich im Interview über sein bisher bestes Qualifying der Saison, glaubt aber, dass Red Bull immer noch das Maß aller Dinge ist

(Motorsport-Total.com) - In Barcelona betrug der Rückstand von McLaren auf Red Bull noch fast eine Sekunde, heute in Istanbul schrammte Lewis Hamilton nur noch um 0,138 Sekunden an der Pole-Position von Mark Webber vorbei. Dennoch glaubt er nicht, dass McLaren riesige Fortschritte gemacht hat. Aber Hamilton ist optimistisch für das morgige Rennen. Zum entscheidenden Faktor könnte seiner Meinung nach die superschnelle Kurve acht mit vier Scheitelpunkten werden.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Steht in dieser Saison zum ersten Mal in der ersten Reihe: Lewis Hamilton

Frage: "Lewis, McLaren ist in Kurve acht nicht so schnell wie Red Bull, aber der Fahrer scheint in anderen Passagen eine Menge gutzumachen. Man hatte den Eindruck, du hast heute so hart wie selten zuvor attackiert..."
Lewis Hamilton: "Ja, das stimmt auch, wie immer - ich versuche immer, das Auto ein bisschen mehr auszuquetschen. Es war vielleicht meine beste Session des Jahres."#w1#

Fast perfekte Runde in Q3

"Gestern war ich nicht hundertprozentig happy mit der Balance, aber heute konnte ich sie feintunen. Ich verstehe die Reifen besser und wir bekamen eine gute Runde hin. Damit war ich sehr, sehr zufrieden - mehr konnte ich nicht erwarten. Die Runde war nahezu perfekt, ebenso wie das Warmup der Reifen und das Abstandnehmen. Das Team hat dieses Wochenende auch wie immer gute Arbeit geleistet."

Frage: "Wie wichtig ist es für dich, die Red Bulls vor dem Rennen aufsplitten zu können?"
Hamilton: "Es fühlt sich toll an! Diese Jungs waren rein von der Pace her fast das ganze Jahr unschlagbar. Es ist ein echter Schub für mich und das Team, dass wir wissen, dass unser Grundspeed da ist."

"Unsere Rennpace ist noch besser. Das bringt uns für morgen in eine gute Position und ich hoffe, dass wir sie weiter unter Druck setzen können. Wir bekommen in Zukunft hoffentlich noch einige neue Teile, dann könnte es in diese Richtung weitergehen. Aber man muss relativieren: Wir sind näher dran, aber es war nur ein sehr kleiner Schritt. Vielleicht liegt uns diese Strecke besser, denn ich glaube, in Barcelona hätten sie immer noch diese acht Zehntel Vorsprung."

Frage: "Du magst diese Strecke, aber heute Morgen hat sie dich in Kurve acht abgeworfen, nicht wahr?"
Hamilton: "Ja, aber das passiert, wenn du attackierst. Wir kamen ein bisschen zu weit nach außen und da hat es uns erwischt. Das ist das erste Mal in vier Jahren, dass mir das hier passiert, so gesehen war es eine gute Erfahrung. Ich werde es sicher nicht mehr so machen!"


Fotos: Lewis Hamilton, Großer Preis der Türkei, Samstag


Frage: "Hast du Kurve acht schon einmal voll probiert?"
Hamilton: "Hast du meinen Abflug nicht gesehen (lacht; Anm. d. Red.)? Da habe ich es probiert."

Frage: "Trotzdem scheinst du dein Lächeln wiedergefunden zu haben?"
Hamilton: "Ja, vor allem, wenn ich ans Vorjahr denke! Damals fühlte sich das Auto im Qualifying schrecklich an und ich war überhaupt nicht zufrieden damit. Jetzt bin ich sehr glücklich, denn wir haben Fortschritte gemacht und sind ein bisschen näher an Red Bull herangekommen. Seit Barcelona haben wir den Abstand vielleicht um ein Zehntel verkürzt."

"Die Jungs in der Fabrik leisten unglaubliche Arbeit, obwohl sie unter immensem Druck stehen. Aber wir alle wollen gewinnen und wir kommen immer näher heran. Wir sind nur noch einen Schritt hinten. Jetzt müssen wir weiter pushen und wir dürfen nichts als selbstverständlich ansehen, dann wird das schon. Im Vergleich zu Barcelona sind wir vorangekommen, aber der Vorsprung der Red Bulls ist immer noch recht groß. Das sieht man heute nicht so sehr auf der Stoppuhr, aber da müssen wir noch einiges aufholen. Dann stehen hoffentlich bald ich und Jenson da oben!"

Frage: "Wie werden die ersten Runden mit vollen Tanks durch Kurve acht? Es bist ja nicht nur du dort abgeflogen, sondern auch andere..."
Hamilton: "Das wird schon klappen, aber für die Red-Bull-Jungs ist das natürlich am besten. Sie können die Kurve im Qualifying locker voll fahren - einfach unglaublich! Bei uns geht das nicht. Alleine in der einen Kurve nehmen sie uns fast vier Zehntel ab. Ich glaube, mit Benzin werden wir etwas näher dran sein, aber man muss auch aufpassen, denn die Reifen können ab einem gewissen Punkt nachlassen, wenn man nicht auf sie achtet. Ich denke aber, wir haben diesbezüglich eine gute Balance gefunden."

Frage: "Euer Höchstgeschwindigkeitsvorteil müsste euch beim Anbremsen von Kurve zwölf entgegenkommen, nicht wahr?"
Hamilton: "Ja. Zum Glück haben wir das Setup heute passend auf den Wind ausgerichtet. Wir dachten, dass es Rückenwind geben würde, der dann tatsächlich rechtzeitig zum Qualifying aufkam. Sebastian sagt zurecht, dass es mit den neuen Strategieregeln sehr schwierig ist, jemanden zu überholen. Es ist wirklich nicht einfach, aber auf dieser Strecke geht es. Die Schwierigkeit wird sein, den Red Bulls durch Kurve acht einigermaßen zu folgen und im Windschatten zu bleiben, aber es ist nicht unmöglich und ich werde es Mark morgen so schwierig wie möglich machen."

Großer Respekt vor Red Bull

Frage: "Bist du zuversichtlich?"
Hamilton: "Ich mag dieses Wort nicht. Ich bin zufrieden mit der Balance des Autos und glaube, dass wir morgen eine gute Chance haben. Es liegt an uns, solide Arbeit zu leisten. Das ist das Ziel."

Frage: "Kannst du von deiner Position aus gewinnen?"
Hamilton: "Mark und Sebastian waren in den vergangenen Rennen extrem schnell. Hier ist es normalerweise so, dass derjenige vorne bleibt, der sich auf Pole qualifiziert und die erste Kurve gewinnt, aber nichts ist unmöglich. Alles kann passieren. Das ist mein bester Startplatz. Wenn ich nahe genug an Mark herankomme, werde ich meine Chance sicher suchen, aber wir müssen abwarten. Wir müssen die Reifen schonen und wir haben ein langes Rennen vor uns, aber es ist wie gesagt schon toll, so weit vorne zu stehen."

"Das ist in dieser Saison mein erstes Mal in der ersten Reihe, daher bin ich sehr, sehr zufrieden mit dem Ergebnis, auch wenn ich auf der schmutzigeren Seite stehe. Ich werde auch von dieser Seite mein Bestes geben. Das Auto ist noch nicht perfekt, aber es kann verbessert werden. Während des Rennens finde ich immer mehr und mehr Zeit, also freue ich mich schon auf morgen. Ich kann nur beten und hoffe auf gutes Wetter. Meine Familie und meine Freunde werden mich sicher unterstützen. Klar will ich gewinnen - drückt mir die Daumen!"

Lewis Hamilton

Lewis Hamilton glaubt nicht, dass der Rückstand schon aufgeholt ist Zoom

Frage: "Wie siehst du den Start?"
Hamilton: "Um Mark mache ich mir keine Sorgen, denn er wird wohl einen guten Start erwischen und vielleicht vorne bleiben. Sebastian ist am Start aber manchmal ziemlich aggressiv. Ich will zumindest das Rennen beenden und werde alles versuchen, um die erste Kurve zu überstehen. Wenn ich Mark dann herausfordern kann, umso besser, aber wir stehen auf der schmutzigen Seite, also müssen wir abwarten. Ich hoffe, dass sie die Strecke ein bisschen reinigen, denn meine Seite ist wirklich sehr staubig. Aber ich bereite meine Reifen so gut wie möglich vor, dann wird es schon hinhauen."

Frage: "Die Red Bulls waren bisher kein Beispiel für perfekte Zuverlässigkeit. Ist das bei einem anspruchsvollen Rennen wie diesem deine größte Hoffnung?"
Hamilton: "Ja. Es ist ein langes und sehr heißes Rennen, sehr schwierig für die Reifen und die Autos. Wir sind sehr zuverlässig - hoffentlich auch morgen. Ich würde niemandem etwas Schlechtes wünschen, denn wir wollen aus eigener Kraft gewinnen, aber schauen wir mal, was morgen passiert."

Frage: "Im Moment scheint ihr das einzige Team zu sein, das Red Bull gefährden kann?"
Hamilton: "Sieht so aus. Ich glaube, dass wir das beste Team sind. Wir arbeiten so hart wie möglich. Sie haben einen großen Vorteil durch ihr Auto, aber sobald wir da auf ihrem Niveau sind, werden wir vorne liegen. Solange müssen wir halt versuchen, Druck auf sie auszuüben."

Frage: "Stimmt es, dass du deine Ohrringe unter dem Helm nicht tragen darfst. Stimmt das?"
Hamilton: "Nein. Die FIA hat es mir erlaubt. Da ist alles okay."