Hamilton: Der Verlust der Unschuld

Lewis Hamilton galt bisher als motorsportlicher Ziehsohn von Ron Dennis, doch in Ungarn hat er seinem Mentor gewaltig ins Gesicht gespuckt

(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton ist in dieser Saison das Wunderkind der Formel 1 - der perfekte Rennfahrer, ein Vorzeigeprofi, immer besonnen, immer freundlich, immer lächelnd. Auffallend war auch sein bisher absolut perfektes Verhältnis zu Teamchef Ron Dennis, der ihn im Kindesalter unter Vertrag genommen und fast väterlich an die Spitze des Motorsports geführt hat.

Titel-Bild zur News: Ron Dennis, Lewis Hamilton

Das Verhältnis zwischen Lewis Hamilton und Ron Dennis beginnt zu bröckeln

Doch gestern kam es am Hungaroring zur ersten Zerreißprobe des Verhältnisses der beiden, als Hamilton von Dennis am Beginn des dritten Qualifyingteils angewiesen wurde, Fernando Alonso beim Rausfahren aus der Box wegen der Extrarunde Benzin überholen zu lassen. Hamilton verweigerte - übrigens zum ersten Mal - und lieferte sich anschließend mit Dennis am Funk ein unschönes Verbalduell, das mit den Worten "Fuck you!" beschlossen worden sein soll.#w1#

Hamilton hat ein schlechtes Gewissen

"Ich stecke in großen Schwierigkeiten mit meinem Boss", gab Hamilton in einem ungewohnt offen geführten 'ITV'-Interview kleinlaut zu. "Ich ging nach dem Qualifying in mein normales Meeting mit den Ingenieuren. Ihr könnt euch die Gefühle vorstellen, die da geherrscht haben - man fühlt sich, als habe man dem Team etwas angetan. Das war merkwürdig. Ron war zu dem Zeitpunkt naturgemäß sehr wütend auf mich."

"Ich stecke in großen Schwierigkeiten mit meinem Boss." Lewis Hamilton

"Wenn du eine Teamorder von einem Teamchef nicht einhältst, der dir diese Möglichkeit gegeben hat, dann ist das eine schwierige Situation. Aber unterm Strich muss man dafür aufstehen, woran man glaubt und was man fühlt. Ich habe mich für die Entscheidung, die ich in dem Moment getroffen habe, entschuldigt. Aber ich war auf mich alleine gestellt. Ich habe mich bei Ron entschuldigt und gesagt, dass es nicht mehr passieren wird", so der 22-Jährige.

Jubel der Mechaniker eher gedämpft

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass Hamilton-Siege von den McLaren-Mercedes-Mechanikern bisher immer besonders frenetisch gefeiert wurden, doch während der Siegerehrung heute am Hungaroring fiel der Beifall der silbernen Crew äußerst gedämpft aus. Auch Dennis selbst erklärte später in einem Medienbriefing, er sei leer und könne wegen der Ereignisse dieses Wochenendes überhaupt nichts empfinden.

"Ich würde nicht sagen, dass wir tiefgründige Unterhaltungen hatten." Lewis Hamilton

Unabhängig davon sprach Hamilton noch einmal über sein inzwischen stark angeschlagenes Verhältnis zu Alonso: "Um ehrlich zu sein, bin ich mit Fernando in diesem Jahr sehr gut ausgekommen. Wir haben gemeinsam PlayStation gespielt. Ich würde aber nicht sagen, dass wir tiefgründige Unterhaltungen hatten. Ich habe versucht, sie am Laufen zu halten, aber das ist nicht einfach", sagte er achselzuckend.