• 11.04.2011 16:49

  • von Mario Fritzsche & Dieter Rencken

Gummipartikel bereiten Piloten Sorgen

In Sepang machten die vielen Gummikrümel neben der Ideallinie den Fahrern schwer zu schaffen - Pirelli sieht sich in der Zwickmühle

(Motorsport-Total.com) - Im Anschluss an den Grand Prix von Malaysia äußerten sich mehrere Piloten unabhängig voneinander kritisch über den ungewöhnlich hohen Reifenabrieb neben der Ideallinie. Die in dieser Saison zum Einsatz kommenden Pirelli-Reifen sind durch die Bank weicher konstruiert als ihre Vorgänger aus dem Hause Bridgestone, weshalb der Abrieb höher ist als in der Vergangenheit.

Titel-Bild zur News: Pirelli-Reifen nach der Zieldurchfahrt

Der hohe Abrieb der Reifen führte zu vielen Gummipartikeln auf der Strecke

Der italienische Reifenhersteller verfolgt mit dieser Strategie das klare Ziel, das ihm seitens der FIA vor der Comeback-Saison auferlegt wurde: Die Rennen der Königsklasse sollen durch einen höheren Verschleiß der Pneus und damit einhergehender, höherer Anzahl Boxenstopps mehr Spannung bieten als in den Vorjahren. So weit, so gut. In Sepang jedoch ging diese Strategie einigen Piloten zu weit.


Fotos: Großer Preis von Malaysia, Sonntag


"Mit fortschreitender Renndauer wurde das Überholen durch den Gummiabrieb neben der Ideallinie immer schwieriger", berichtet Red-Bull-Pilot Mark Webber, der während des Grands Prix auf der Außenspur an Ferrari-Fahrer Felipe Massa vorbeiging. "Das war ein riskantes Manöver, aber es hat sich ausgezahlt, denn außen bot die Strecke mehr Grip als innen."

Alonso meldet Bedenken an

Fernando Alonso bestätigt die Aussagen Webbers "Das war schwieriger als in Australien, keine Frage", so der Ferrari-Pilot, der mit Blick auf die kommenden Rennen nicht ganz sicher ist, was er davon halten soll. "Mir bereitet das für Strecken wie Kanada, Singapur oder Monaco Kopfzerbrechen. Wenn du auf ein überrundetes Auto aufschließt und es innen überholst, kommst du auf die Gummikügelchen. In der nächsten Kurve geht es dann vielleicht geradeaus, weil du den Bremspunkt verpasst."

"Mir bereitet das für Strecken wie Kanada, Singapur oder Monaco Kopfzerbrechen." Fernando Alonso

Dabei sei das Problem in Sepang aufgrund der ungewöhnlich weitläufigen Piste noch gar nicht so stark zum Tragen gekommen. "Hier ist die Strecke so breit, dass es nicht so tragisch ist, aber auf den engeren Strecken könnten da Schwierigkeiten auf uns zukommen. Wir müssen uns an diese vielen Neuerungen - Strategie, KERS, Heckflügel und diese Kügelchen - gewöhnen und gut aufpassen, wenn wir jemanden überholen", schildert Alonso seine Bedenken.

Di Resta wurde mehrfach von Gummipartikeln getroffen

"Wenn dich die Gummikrümel am falschen Fleck treffen, kann es höllisch weh tun." Paul di Resta

Force-India-Rookie Paul di Resta beschreibt seine Erlebnisse deutlich dramatischer. "Es gab eine Menge Gummikrümel, für meinen Geschmack zu viel. Sie wurden aufgewirbelt und haben mich beim Einlenken in schnellen Kurven wiederholt an den Händen getroffen. Gummi ist nicht unbedingt das weichste aller Materialien. Wenn es dich am falschen Fleck trifft, kann es höllisch weh tun."

Schließlich macht Witali Petrow, dessen Rennen kurz vor Schluss nach einer spektakulären Flugeinlage beendet war, den hohen Reifenabrieb neben der Ideallinie als mögliche Ursache für seinen Abflug aus. "Um ehrlich zu sein, bin ich mir nicht sicher, was genau passiert ist", berichtet der Renault-Pilot. "Ich weiß nur, dass ich etwas Gummiabrieb aufgesammelt habe. Daraufhin untersteuerte der Wagen stark und ich kam von der Linie ab."

Pirelli zwischen den Stühlen

Seitens Pirelli hält man sich mit einer Bewertung der Aussagen noch bedeckt. "Wenn es tatsächlich ein Problem darstellt, dann werden wir uns diese Sache genauer ansehen", versichert Motorsportchef Paul Hembery. In diesem Zusammenhang sieht sich der Brite jedoch in einer Zwickmühle. "Es gab eine Menge Überholmanöver im Rennen. Zwangsläufig gab es auch viel Abrieb neben der Linie. Die Gummireste müssen schließlich irgendwo hin."

"Wenn man uns kritisiert, dass wir die Rennen spannender gemacht haben, weiß ich nicht, was ich sagen soll." Paul Hembery

Vor dem Hintergrund der geforderten, weicheren Reifen zur Verbesserung der Show, kann Hembery die Aufregung nicht nachvollziehen. "Die Leute wollten keine Prozessionen mehr sehen. Wir wurden gebeten, dagegen etwas zu unternehmen und das haben wir getan. Wenn man uns jetzt dafür kritisiert, dass wir die Rennen spannender gemacht haben, weiß ich ehrlich gesagt nicht, was ich dazu sagen soll."

In der Tat ist es für den italienischen Reifenhersteller nicht leicht. Die Verantwortlichen befinden sich "zwischen den Stühlen", wie Hembery es ausdrückt. "Wir könnten natürlich härtere Reifen produzieren und zu einer Einstoppstrategie zurückkehren, falls das den Leuten eher zusagt. Die Alternative ist: Wir gehen den Weg weiter, der von uns verlangt wurde."