• 09.05.2013 22:08

  • von Dieter Rencken

Grosjean: "Allison hat Chester viel beigebracht"

Romain Grosjean erklärt, warum er trotz des Verlusts von James Allison für die Zukunft zuversichtlich ist und ob die Krise vor Bahrain am Selbstvertrauen genagt hat

(Motorsport-Total.com) - Unmittelbar vor dem Europa-Auftakt der Formel 1 in Barcelona hat Lotus bekanntgegeben, dass Technikchef James Allison - einer der begehrtesten Techniker der Szene - das Team verlässt und sein Amt an Nick Chester übergibt, der bereits seit mehr als zwölf Jahren in Enstone arbeitet. Welche Auswirkungen dies haben könnte, und wie die Lage beim derzeit auf Platz zwei liegenden Lotus-Team nach dem Knalleffekt ist, erklärt Pilot Romain Grosjean in der Medienrunde am Donnerstag. Zudem spricht er über seinen persönlichen Aufschwung mit dem Podestplatz in Bahrain.

Titel-Bild zur News: Romain Grosjean

Romain Grosjean blickt trotz der Hiobsbotschaft zuversichtlich in die Zukunft Zoom

Frage: "Romain, wie denkst du über den Abgang von James Allison?"
Romain Grosjean: "Wir blättern eine Seite im Geschichtsbuch um. James war lange hier, und ich habe viel Respekt vor ihm. Ich habe es genossen, mit ihm zu arbeiten. Nick, der jetzt übernimmt, kennt das Team sehr gut. Nicht nur eine Person hat den E20 und den E21 gebaut. Es sollte also in Ordnung sein. Wir haben 600 Mitarbeiter, die hart arbeiten. James war an der Spitze, und jetzt übernimmt jemand, der das Team gut kennt, schon lange hier ist - es gab einfach eine Änderung."

Frage: "Rechnest du mit einem sanften Übergang?"
Grosjean: "Ja, er sollte sehr sanft ablaufen. Ich bin nicht jeden Tag in Enstone und weiß nicht, wie alles funktioniert. Da Nick schon lange Teil des Teams ist, ist es etwas anderes, als würde er von woanders kommen."

Frage: "Ist es nicht unüblich, dass ein Team wie Lotus, das auf Platz zwei in der Konstrukteurs-WM liegt, nach vier Rennen eine Schlüsselperson wie den Technikchef verliert?"
Grosjean: "Ja, das ist es, aber die Situation ist nun so, und es sollte in Ordnung sein. Die Saison 2013 läuft, 2014 steht bevor. Es sollte gut gehen."

Frage: "Hattest du viel mit Allison zu tun?"
Grosjean: "Ja, er war bei einigen Rennen dabei, und es war immer gut, einen Mann mit seiner Erfahrung dabei zu haben. Ich respektiere seine Arbeit sehr - seine Herangehensweise, wie er mit den Daten und mit der Technik umgegangen ist. Nick war in China dabei, und ich war überrascht, wie gut es gelaufen ist, denn es war das erste Mal in diesem Jahr. Er weiß, wie das Team arbeitet, er kennt Enstone, und er kennt unsere Philosophie."

Frage: "Hat Lotus genügend Tiefe, um das wegzustecken, denn Allison gilt als großes Genie?"
Grosjean: "Die Zukunft wird es zeigen, aber ich glaube schon."

"Wir blättern um, und hoffentlich ist auch die nächste Seite gut." Romain Grosjean

Frage: "Das Timing ist eine Überraschung, aber die Gerüchte halten sich ja schon lange. Wart ihr im Team darauf vorbereitet? Habt ihr damit gerechnet?"
Grosjean: "James war an der Spitze, aber wir haben einfach ganz normal weitergearbeitet. Wenn die Saison beginnt, dann bleibt keine Zeit, um über all diese Dinge nachzudenken. Wir haben uns auf die Rennen konzentriert, darauf, das Beste zu geben."

Frage: "Es ändert nichts an deiner Arbeit, aber ist es Anlass zur Sorge, dass ein Team mit so viel Potenzial eine absolute Schlüsselfigur verliert?"
Grosjean: "Nein, noch einmal. Nick ist schon lange hier, und er kennt das Team. James ist natürlich eine Größe in diesem Team, aber er hat seinem Nachfolger viel beigebracht. Wir blättern um, und hoffentlich ist auch die nächste Seite gut."

Frage: "Mercedes und Red Bull haben darauf gedrängt, dass die Mischungen geändert werden. Jetzt haben sie zumindest eine neue Hard-Mischung mit einem niedrigeren Arbeitsfenster bekommen. Wird das ihnen mehr helfen als Lotus und Ferrari, die mit dem Reifen offenbar zurechtgekommen sind."
Grosjean: "Am Papier nicht. Ich weiß es aber nicht. Es ist schwer zu sagen. Wenn das Arbeitsfenster niedriger ist, dann ist es einfacher, sie zu überhitzen. Für Autos, die die Reifen zerstören, müsste es härter werden. Da wir die Reifen aber nie gefahren haben, liegt die Antwort auf der Strecke."


Fotos: Lotus, Großer Preis von Spanien


Frage: "War Bahrain 2013 das erste Rennen seit Ungarn im Vorjahr, wo du mit einem Lächeln nach Hause gefahren bist?"
Grosjean: "Ich war lange nicht auf dem Podest. Ende des Vorjahrs gab es aber einige Rennen, wo ich mit mir selbst zufrieden war. Das Ergebnis ist aber immer ein Faktor, der das Lächeln eines Sportlers beeinflusst. Es ist immer besser, wenn man ein Highlight setzen kann und so nach Hause fahren kann."

Frage: "Wie hart waren die ersten drei Rennen für dich, was den Frust angeht?"
Grosjean: "Sie waren hart. Es ist nicht leicht mit anzusehen, dass das Auto gut funktioniert und dein Teamkollege gut fährt, du aber durch irgendetwas blockiert bist. Da kann man nur sein Bestes geben, versuchen, alles unter Kontrolle zu haben und herausfinden, wo das Problem liegt."

"Ich bin nicht an einem Tag sehr schlecht und am nächsten sehr gut." Romain Grosjean

Frage: "Hattest du das Gefühl, dass das dein Selbstvertrauen beeinträchtigt hat?"
Grosjean: "Nein, das Selbstvertrauen war noch immer da. Und das Vertrauen des Teams auch. Wir wussten, dass irgendwas nicht passt. Wir wussten nicht was, aber uns war klar, dass es nicht sein kann, dass ich jede Runde eine Sekunde verliere. Ich bin nicht an einem Tag sehr schlecht und am nächsten sehr gut."

Frage: "In Bahrain hast du meistens im Verkehr gesteckt. Es heißt, dass man da die Reifen mehr verschleißt. Wie schwierig war es, die Reifen trotz der Zweikämpfe am Leben zu halten?"
Grosjean: "Ehrlich gesagt mussten wir in Bahrain nach dem ersten Stint sehr früh stoppen, denn ich bekam McLaren-Trümmerteile in den Kühler. Da dachte ich schon, dass das Rennen so gut wie vorbei ist. Am Ende hat das Auto aber gut funktioniert, und wir haben die Reifen geschont, wenn es möglich war."