• 12.05.2007 14:00

  • von Inga Stracke

Glock: "Ich bin definitiv zehn Schritte weiter"

Der BMW Sauber F1 Team Pilot im Exklusiv-Interview über seine GP2-Pole, das Test-Dilemma der Formel 1 und seine "Bewerbung" für ein Formel-1-Cockpit

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Herzlichen Glückwunsch zu deiner Pole Position! Wie ist es in der Qualifikation für dich gelaufen?"
Timo Glock: "Es war schon schwierig. Qualifikationen sind immer schwierig. Speziell für mich, weil es im ersten Qualifying der Saison in Bahrain nicht alles so gelaufen ist, wie wir uns das vorgestellt hatten."

Titel-Bild zur News: Robert Kubica mit Timo Glock

Timo Glock will im kommenden Jahr als Stammfahrer in die Formel 1 wechseln

"Das Wochenende hat gut angefangen, denn im Freien Training haben wir dominiert. Im Qualifying lief es so weiter. Ich habe dann die Zeit vom Andi Zuber gesehen und dann wusste ich, dass die Zeit schnell werden wird, denn sie war deutlich schneller als im Freien Training. Ich bin mit dem ersten Reifensatz dann eine ganz normale Rundenzeit gefahren."#w1#

"Ich habe gewusst, dass da noch etwas geht. Ich hätte aber nicht gedacht, dass da noch vier Zehntelsekunden rauszuholen sind. Das war das erste Mal seit langem, dass ich nach einer Runde gesagt habe, dass sie optimal und fehlerfrei war."

"Es ist natürlich toll, 0,4 Sekunden vor dem Andi zu stehen. Er hatte allerdings ein kleines Getriebeproblem, was ihn sicherlich etwas gekostet hat. Aber ich bin mit meiner Runde sehr zufrieden, weil sie eigentlich 100 Prozent perfekt war."

Glock ist kein Fan der neuen Schikane

Frage: "Es könnte ja ein spannendes Rennen geben, gerade durch die neue Schikane gibt es eine neue Überholmöglichkeit. Muss man da mehr aufpassen?"
Glock: "Ich glaube, es gibt keinen Fahrer, der sich bisher positiv über die Schikane geäußert hat. Ich weiß nicht, ob man durch sie den Effekt erhält, den man sich von ihr verspricht, dass die Autos näher zusammen kommen und dadurch dann auf der langen Geraden überholt werden kann."

"Man hat gesehen, dass man in der GP2 überall überholen kann. Ob das in der Formel 1 hilft, das ist schwierig zu sagen. Meine Lieblings-Schikane ist es auf keinen Fall. Ich habe auch bei den Tests verschiedene Dinge probiert, aber es ist einfach nicht meine Lieblingsstelle. Aber im Endeffekt ist das egal, wenn man auf der Pole steht."

"Für das Rennen wird es sicherlich schwierig werden, weil hinter uns auch ein paar schnelle Jungs stehen. Andi wird auf die Distanz schnell sein, denn er sitzt ja im gleichen Auto wie ich und ich weiß, wie gut unser Auto ist."

Glock wundert sich über die Dominanz

"Wir waren hier auch bei den Testfahrten so dominant, wir hätten nicht gedacht, dass wir hier auch am Rennwochenende derart dominieren können. Wir dachten, dass die anderen ihre Karten noch nicht aufgedeckt haben. Aber anscheinend sieht es so aus. Wenn wir im Rennen den Speed haben können, den wir bei den Tests hatten, dann könnte es für uns schon ganz gut aussehen."

Frage: "Wenn man sich deine Situation im vergangenen Jahr anschaut und sie mit diesem Jahr vergleicht, dann bist du doch eine ganze Ecke besser aufgestellt..."
Glock: "Ja, auf jeden Fall. Im vergangenen Jahr habe ich hier gesessen und die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Jetzt befinde ich mich natürlich in einer ganz anderen Situation, genieße noch die Unterstützung des BMW Sauber F1 Teams, bin dort Testfahrer. Das ist natürlich optimal, denn dort habe ich immer eine Anlaufstelle. Ich bin definitiv zehn Schritte weiter wie im vergangenen Jahr."

Timo Glock ist flexibel genug

Frage: "Wie ist das Umsteigen vom Formel-1-Auto in den GP2?"
Glock: "Eigentlich ist es kein allzu großes Problem. Ich habe bis jetzt natürlich nicht allzu viele Testtage gehabt. Das ist natürlich durch das Test-Reglement ein Problem. Aber das ist für jeden das Gleiche und für mich ist es kein Problem, vom GP2 in das Formel-1-Auto umzusteigen. Ich weiß, wie beide Autos zu fahren sind und kann den jeweiligen Fahrstil auspacken und komme damit gut zurecht."

Glock würde gern mehr Tests durchführen

Frage: "Man hört aus dem Team, dass sie mit deinem Input sehr zufrieden sind. Ist das deiner Erfahrung zu verdanken, die du in all den Jahren gesammelt hast?"
Glock: "Ich glaube schon, dass die Erfahrung, die ich in verschiedenen Rennserien gesammelt habe, zum Tragen kommt. Das kann ich da schon umsetzen. Man muss natürlich dazusagen, dass ich effektiv anderthalb Tage im neuen Auto des BMW Sauber F1 Teams gesessen bin. Das ist natürlich nicht allzu viel, zumal ich das Pech hatte, dass es auch geregnet hat. Dann hatten wir auch Mal ein technisches Problem, aber das gehört halt einfach dazu."

"Aber ich nehme so, wie es ist. Im Moment läuft es gut und ich glaube, dass das Team zufrieden ist. Natürlich will ich mehr Kilometer fahren und bin immer am Fragen, um mehr Tests zu bekommen, um dem Team weiterzuhelfen. Denn ich habe schon das Gefühl, dass ich durch meine Erfahrung mit dem Team vielleicht ein paar Schritte nach vorn machen kann, natürlich gemeinsam mit Nick und Robert."

"Ich kann das glaube ich ganz gut einschätzen. Beide haben einen verschiedenen Fahrstil, aber ich denke, dass ich ganz gut beurteilen kann, was der jeweilige für seinen Fahrstil braucht. Es wäre schön, wenn ich ein paar Tests mehr hätte."

Glock wünscht sich anderes Reglement

Frage: "Die Testregeln sind ja dazu da, Geld zu sparen, aber es stellt sich jetzt heraus, dass junge Fahrer viel weniger Chancen dadurch haben. Was könnte man da machen?"
Glock: "Ein drittes Auto ist natürlich ein Thema, aber da muss man halt die Frachtkosten bedenken, die relativ hoch sind. Es gibt verschiedene Möglichkeiten."

"Ich habe zum Beispiel gesagt, dass man die Testfahrten wegfallen lassen sollte. Der Test, den wir hier für die GP2 gefahren sind, hat uns gar nichts gebracht, weil es da 15 Grad kälter war. Da sind wir teilweise anderthalb Sekunden schneller gefahren."

"Ich tendiere nun eher dazu, das auf der NASCAR-Ebene zu machen, so wenig wie möglich zu testen aber so viele Rennen wie möglich zu fahren. Vielleicht muss man auch die aerodynamischen Dinge ein wenig einschränken, da diese Dinge doch viel Geld kosten. Einen Windkanal 24 Stunden am Tag zu betreiben, ist halt doch ein finanzielles Thema."

Frage: "Vielleicht könnte man dann auch sagen, dass eine Session ein Nicht-Einsatzfahrer fahren muss?"
Glock: "Ich habe mich nie dafür eingesetzt, dass ich freitags fahren kann, das stand nie auf meiner Prioritätenliste. Was bringen mir anderthalb Stunden auf einer Rennstrecke? Da kann ich dem Team vielleicht weiterhelfen, aber nicht dem jeweiligen Fahrer. Im Endeffekt fahren Nick und Robert das Qualifying und ihnen muss man so viele Möglichkeiten geben wie möglich, um zu fahren."

"Ich bin dafür, dass ich als Testfahrer zwischen den Rennen mehr Tests habe. Da kann ich mit dem Team zwei Tage konzentriert fahren. Anderthalb Stunden bringen mir nichts. In dieser Zeit verändert sich die Strecke so stark, dass du die ganze Zeit über das Setup den Verhältnissen anpasst."

Frage: "Aber du hast gerade gesagt, dass du die Testtage reduzieren würdest..."
Glock: "Es gibt die Möglichkeit, Tests zu reduzieren und die Rennen auszubauen, man kann aber auch sagen, dass es zwischen den Rennen wieder mehr Testtage gibt, da man vielleicht merkt, dass man doch nicht so viel Kosten spart."

"Da gibt es verschiedene Optionen und Wege, die man gehen kann. Aber ich will ja in Bezug auf kommendes Jahr nicht über Tests reden sondern über ein Renn-Cockpit..."

Glock hofft auf eine Chance in der Formel 1

Frage: "Wie sieht es diesbezüglich aus?"
Glock: "Wir müssen abwarten. Wir befinden uns gerade einmal im zweiten Rennen, das GP2-Jahr ist noch relativ jung. Es ist natürlich schwierig zu sagen, aber mein Ziel ist es, das zu machen, was ein Lewis Hamilton und ein Nico Rosberg gemacht haben."

"Ich möchte durch die GP2 in die Formel 1 kommen. Wenn man sieht, zu was Lewis in der Formel 1 in der Lage ist, das sollte vielleicht der Weckruf für andere Teams sein, denn das bringt frischen Wind rein, er hält drauf und weiß, was er macht."

"Wenn ich daran denke, dass ich im vergangenen Jahr seit Silverstone mehr Punkte geholt habe als Lewis, dann würde ich mich freuen, wenn ich eine Möglichkeit erhalten würde. Das wäre schon genial. Wie gesagt, das bringt einfach frischen Wind rein. Lewis riskiert extrem viel, was man sicherlich den ganzen Serien zu verdanken hat, in denen er vorher gefahren ist."

"Wenn man sich die Rennen in der GP2 anschaut, dann sieht man, dass dort noch gekämpft wird und ein Risiko eingegangen wird. Da wird einfach gekämpft ohne Ende. Vielleicht ist das wie gesagt so etwas wie ein Weckruf für die Teams."

Frage: "Wenn man es rückblickend betrachtet, dann war es für dich also ein guter Weg, in der ChampCar Erfahrung zu sammeln, nun wieder nach Europa zurückzukehren und in diesem und im vergangenen Jahr wieder GP2 zu fahren."
Glock: "Im Endeffekt auf jeden Fall. Die Problematik in Amerika ist immer noch der Zoff mit der IRL und der ChampCar, ich glaube, dass man da nie auf einen grünen Zweig kommen wird."

"Wenn man sich anschaut, wie sich die GP2 entwickelt hat, dann ist das einfach die Serie. Die Rennen schauen sich in der Formel 1 alle an. Man muss sagen, dass Lewis vergangenes Jahr einen Stein losgetreten hat und ich hoffe, dass ich daran anknüpfen und auf den Zug aufspringen kann."

"Es sagen viele, dass es schwierig ist, Formel-1-Testfahrer zu sein und nebenbei noch GP2-Rennen zu fahren. Aber das bekomme ich im Moment ganz gut hin. Ich pendle immer zwischen GP2- und Formel-1-Fahrerlager, schnappe Infos auf. Ich würde mich freuen, wenn es im kommenden Jahr klappt."

Frage: "Zum Abschluss noch: Dein Tipp für die Pole in der Formel 1?"
Glock: "Ich glaube schon, dass man Alonso auf Pole setzen kann. Ziemlich sicher, weil er einfach sehr motiviert ist. Er ist schon gestern eine ganz gute Zeit gefahren. Ich glaube, dass McLaren-Mercedes noch einmal einen Schritt nach vorn gemacht hat. Alonso ist hier extrem motiviert, das wird sicherlich der Mann für die Pole sein."