Gillan: "Wollen 2012 dort sein, wo Mercedes ist"

Williams-Chefingenieur Mark Gillan erklärt, was man für 2012 umstellen möchte, wieso die Struktur bisher nicht passte und fordert auch von den Piloten mehr Einsatz

(Motorsport-Total.com) - Das neue technische Triumvirat aus Technikchef Mike Coughlan, Chefingenieur Mark Gillan und Chefaerodynamiker Jason Somerville steht bei Williams derzeit unter enormem Druck. In den letzten Saisonrennen haben die Nachfolger von Sam Michael & Co. die letzte Chance, neue Teile am alten Auto auszuprobieren und Fehlern des FW33 auf die Schliche zu kommen, schließlich gibt es nach Saisonende durch das Testverbot nur noch die Möglichkeit, im Windkanal voranzukommen, ehe das neue Auto im Februar präsentiert wird.

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello

Williams muss 2012 einen Neustart nach dem Seuchenjahr hinlegen

"Wir wollen im kommenden Jahr dort sein, wo Mercedes derzeit ist", erklärt Gillan, dass man sich bei Williams die Latte hochlegt. "Wir wollen in die Top-5. Das ist unser Ziel. Wir wissen, dass wir bezüglich der Entwicklungsgeschwindigkeit zulegen müssen. Uns ist klar, dass man uns bezüglich der aerodynamischen Entwicklung abgehängt hat. Wir haben uns in allen Bereichen der Firma ganz bewusst sehr hohe Ziele gesteckt. Wir müssen auf Platz vier oder fünf."

Gillan ist klar, dass ein weiteres Pleitejahr wie 2011 nicht akzeptabel ist, zumal das britische Traditionsteam an die Börse gegangen ist und dadurch noch extremer von positiven Meldungen abhängig ist. "Wo wir derzeit stehen, wollen wir absolut nicht länger sein. Wir müssen im kommenden Jahr vom ersten Rennen an besser aufgestellt sein", weiß er.

Piloten spürten selten Verbesserungen

Um die Entwicklungsgeschwindigkeit zu verbessern, muss laut dem Briten auch die Herangehensweise umgestellt werden. "Bisher gab es viele kleine Detailverbesserungen, die meist nur wenig zusätzliche Performance brachten" gibt er Einblicke in die Schwierigkeiten der Saison 2011. "Manchmal waren diese Verbesserungen auf der Strecke kaum auszumachen. Die Piloten konnten die Updates oft gar nicht spüren. Das macht es bezüglich Feedback natürlich schwierig."


Fotos: Williams, Großer Preis von Indien


Diesbezüglich fordert er für 2012 Änderungen, "es sollte aber auch im weiteren Verlauf dieses Jahres schon anders laufen. Wir müssen dafür sorgen, dass Verbesserungen auf der Strecke deutliche Wirkung zeigen." Gillan glaubt, dass vor allem die Beförderung von Coughlan zum Technikchef rasch seine Wirkung zeigen sollte, denn bisher scheiterte der Rennstall auch an der flachen Struktur: "In der bisherigen Struktur sind die Ereignisse an Strecke und in der Fabrik kaum gleichzeitig zu überblicken. Mit Mike kommt nun jemand in die Rolle des Technikchefs, der eine solche Aufgabe schon einmal hatte. Das sorgt bei uns für klarere Strukturen."

Bei der Bestimmung der Problemzonen möchte sich Gillan auf keinen spezifischen Bereich festlegen - er fordert vielmehr in allen Bereichen Fortschritte: "Wir müssen den gesamten Prozess von Design, über Produktion bis hin zum Erproben auf der Strecke verbessern. Diese Prozesse müssen beschleunigt werden."

Pleiten lagen am Faktor Mensch

Er ist fest davon überzeugt, dass es an den Menschen lag, dass dem einstigen Topteam dieses Jahr die Durchschlags-Kraft fehlte, und lobt die technischen Einrichtungen: "Wir sind in den Bereichen wie Aerodynamik und Windkanal sehr gut aufgestellt. Diese Anlagen sind vom Allerfeinsten. Unser Windkanal ist genauso gut wie jener von Toyota, die immerhin einen der besseren hatten. Bei uns ist alles für die Entwicklung eines schnellen Rennautos vorhanden."

"Wir wünschen uns, dass die Fahrer im kommenden Jahr noch häufiger vorbeikommen." Mark Gillan

Doch nicht nur die Techniker müssen sich nun ins Zeug legen - ununterbrochenen Einsatz fordert Gillan auch von den Williams-Piloten ein. Und zwar auch abseits der Renn-Wochenenden. "Dass sich die Fahrer in der Fabrik blicken lassen, ist ganz enorm wichtig. Die Mitarbeiter in der Entwicklung können dann ganz persönliches Feedback bekommen. Sie sprechen mit denjenigen, die neue Teile am Auto ausprobieren und testen. Das ist moralisch auch nicht zu unterschätzen", meint Gillan.

Obwohl die Fahrer ohnehin nach jedem Rennen die Fabrik besuchen, wünscht sich der Chefingenieur, "dass die Fahrer im kommenden Jahr noch häufiger vorbeikommen. Das ist vor jedem Rennen auch in Sachen Simulatorarbeit ganz wichtig." Bei Maldonado, der nach wie vor in seinem venezolanischen Geburtsort Maracay lebt, hat er allerdings Verständnis: "Pastor hat allein aufgrund seines Wohnsitzes weniger gute Möglichkeiten, schnell mal vorbeizukommen."