• 24.08.2013 18:54

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Gerüchte nehmen wieder Fahrt auf: Doch Michelin?

Michelin bekräftigt erneut, dass es für eine Rückkehr schon 2014 noch nicht zu spät sei - Pirelli wähnt sich dank bestehender Verträge in Sicherheit

(Motorsport-Total.com) - Gut ein halbes Jahr vor Beginn der Saison 2014 steht immer noch nicht fest, welcher Reifenhersteller die Formel 1 künftig beliefern wird. Zwar wird seit Wochen versichert, dass die Verhandlungen mit dem derzeitigen Monopolisten Pirelli Fortschritte machen, doch vor dem morgigen Grand Prix von Belgien tauchen in Spa-Francorchamps erneut Gerüchte auf, wonach Michelin überraschend den Zuschlag erhalten könnte.

Titel-Bild zur News: Paul Hembery

Unter Druck: Pirelli-Sportchef Paul Hembery möchte endlich eine Entscheidung Zoom

Die 'BBC' berichtet, dass zwischen dem Automobil-Weltverband FIA und Michelin Gespräche stattgefunden haben sollen, und beruft sich auf namentlich nicht genannte "hochrangige Quellen". Dem Bericht zufolge soll alsbald auch ein Treffen zwischen Formel-1-Geschäftsführer Bernie Ecclestone und Michelin-Sportdirektor Pascal Couasnon stattfinden. Michelin lässt indes über einen Sprecher "grundsätzliches Interesse" an einer Rückkehr in die Königsklasse ausrichten.

Trotz des fortgeschrittenen Zeitpunkts wäre ein überraschender Wiedereinstieg technisch wohl machbar, wie Nicolas Goubert, Technischer Direktor von Michelins Motorsport-Programm, bereits im Juni am Rande der 24 Stunden von Le Mans im Interview mit 'Motorsport-Total.com' erklärt hatte: "Es ist innerhalb eines halben Jahres möglich", sagte der Franzose damals.

Kritik an Pirelli reißt nicht ab

Pirelli steht spätestens seit der Reifenschaden-Orgie von Silverstone massiv in der Kritik. Auch im Training in Spa-Francorchamps gab es Reifenprobleme bei gleich zwei WM-Anwärtern (Sebastian Vettel und Fernando Alonso), die jedoch auf ein auf der Strecke liegendes Titan-Bauteil vom Lotus von Kimi Räikkönen zurückgeführt werden konnten. Ein Sicherheitsproblem mit den Reifen soll für den morgigen Grand Prix nicht bestehen.

Die Entscheidung muss letztendlich der Motorsport-Weltrat der FIA bei seiner nächsten Sitzung im September treffen. Pirelli hat bereits vor Monaten einen neuen Bandenwerbungs-Vertrag mit Ecclestone unterschrieben, der jedoch nichtig ist, sollte das Unternehmen als Reifenlieferant aussteigen. Auch mit mehreren Teams soll sich Pirelli bereits einig sein, zu Details wollen sich die Italiener bisher aber nicht äußern.

Nicolas Goubert

Nicolas Goubert von Michelin hält eine Rückkehr schon 2014 für möglich Zoom

"Leute haben unterschrieben", sagt Pirelli-Sportchef Paul Hembery auf die Frage von 'Motorsport-Total.com' nach dem aktuellen Stand im Hinblick auf 2014. Die aktuellen Gerüchte kommentiert er nicht, sondern verweist darauf, dass man dazu Michelin fragen müsse. Aber was Pirelli angeht, gebe es "keine Hindernisse", die Zusammenarbeit mit der Formel 1 weiterhin fortzusetzen.

Hembery beruft sich auf unterschriebene Verträge

"Wir haben bestehende Verträge", unterstreicht Hembery, und zwar "mit allen Teams außer einem (Marussia; Anm. d. Red.). Wir arbeiten auf 2014 hin und geben im Hinblick auf 2014 schon viel Geld aus." Dass es trotzdem noch keine Zusage der FIA gibt, sei "ein bisschen lächerlich. In ein paar Wochen haben wir September und wir arbeiten auf nächstes Jahr hin. Die Teams und der Promoter sind an Bord." Nachsatz: "Man sollte annehmen können, dass es okay sein wird..."

Eigentlich hätte es nach Auslaufen des Pirelli-Vertrags von 2011 bis 2013 eine öffentliche FIA-Ausschreibung geben sollen, doch damit rechnet inzwischen niemand mehr. "Ganz ehrlich: Wenn man im September eine Ausschreibung macht, wo der Fahrbetrieb doch schon im Januar beginnt, wäre das sinnlos", kritisiert Hembery. "Das hätte man dann schon im September 2012 tun sollen. Es würde lächerlich erscheinen."

Todt angeblich großer Michelin-Fan

Laut Informationen von 'Motorsport-Total.com' wäre Michelin die bevorzugte Wahl von FIA-Präsident Jean Todt; außerdem sollen zwischen dem französischen Reifenhersteller und einigen Teams bereits erste Kontakte geknüpft worden sein. Ecclestone stellt sich zumindest nach außen hin hinter Pirelli: "Sie wollen in die Formel 1 zurückkehren", wird er von 'auto motor und sport' auf Twitter zitiert, "aber wir haben schon seit einiger Zeit Verträge mit Pirelli."

Dass Michelin überhaupt in Erwägung zieht, wieder Grand-Prix-Sport zu betreiben, kommt etwas überraschend. Ende 2006 hatten sich die Franzosen zurückgezogen, weil ein "Reifenkrieg" zwischen zwei Herstellern durch das Reglement untersagt wurde. Inzwischen kann sich Michelin aber auch ohne Konkurrenten vorstellen, in die Formel 1 zurückzukehren, solange das Reglement eine technische Herausforderung darstellt, sodass man sich als Innovationsführer profilieren kann.

"Sie wollen in die Formel 1 zurückkehren." Bernie Ecclestone

Ein Dorn im Auge sind Michelin auch die 13-Zoll-Räder, die keine Serienrelevanz haben und daher durch 18-Zoll-Räder ersetzt werden sollen. Angeblich habe man aber angeboten, zwei Übergangsjahre lang mit 13 Zoll weiterzufahren, sollte man den Zuschlag erhalten. Außerdem berichtet die 'BBC' von profillosen Michelin-Slicks, die auch auf nasser Strecke verwendet werden könnten und die Michelin gerne ins öffentliche Schaufenster stellen würde.