• 07.12.2001 11:00

  • von Marcus Kollmann

Geht auch Jordan langsam das Geld aus?

Der 53-jährige Teamchef spricht über das Thema Finanzierung eines Rennstalls und den "Ausverkauf"

(Motorsport-Total.com) - In den letzten Tagen hat das Thema Geldsorgen in der Formel 1 für eine Menge Gesprächsstoff gesorgt und während es offensichtlich ist, dass kein Team solche Probleme gerne an die große Glocke hängt, scheint die Königsklasse des Motorsports derzeit eine Phase des Wandels durchzumachen. Aber nicht nur die Terroranschläge auf Amerika vom 11. September alleine sind verantwortlich für die zu stopfenden Finanzlöcher bei den Teams, sondern auch der innerhalb der Serie zugenommene Wettkampf untereinander, sowie das bevorstehende Tabakwerbeverbot, welches seine Anzeichen vorausschickt und die Teams schon jetzt nach alternativen Sponsoren Ausschau halten lässt, sind als Ursachen zu benennen.

Titel-Bild zur News: Eddie Jordan (Teamchef)

Jordan befindet sich derzeit in Verhandlungen mit verschiedenen Firmen über ein Sponsoring

Das Team von Eddie Jordan, so heißt es, ist anscheinend ebenfalls von Problemen betroffen und soll ernsthaft erwägen im kommenden Jahr beim Test-Team nur noch einen Boliden einzusetzen, um so Kosten zu sparen. Für gewöhnlich ist diese Vorgehensweise den kleinen, finanzschwachen Teams bislang vorbehalten gewesen, wohingegen die finanziell besser gestellten Teams mindestens zwei Boliden bei den Testfahrten für den Einsatz bereithielten.

In einem Interview mit dem Fachmagazin 'F1 Racing' bestätigte der Jordan-Teamchef, "dass in einer idealen Welt, in der man genug Einnahmen erwirtschaftet und die Ressourcen zur Finanzierung des Engagements in der Formel 1 vorhanden sind, es leichter ist sich rein auf das sportliche Geschehen zu konzentrieren." Jordan, der eigenen Aussagen nach in den ersten Saisons seines Teams, 1991 und 1992, die schwierigste Zeit seines Lebens durchmachte und kurz vor dem Bankrott stand, absolvierte in der letzten Zeit auffällig viele Auftritte in der Öffentlichkeit. Sei es nun um sich für wohltätige Zwecke einzusetzen oder um für seinen Rennstall die Werbetrommel zu rühren und neue Sponsoren von einer Zusammenarbeit zu überzeugen. Insider sehe darin eine Bestätigung für gewisse Schwierigkeiten die es zu lösen gilt.

Verkauf von Lizenzen und Merchandising wichtiger Bestandteil zur Finanzierung der laufenden Kosten

Jordan, der in seiner zehnjährigen Dienstzeit als Formel-1-Teamchef nicht davor zurückschreckte die Fahrer für ein Cockpit in seinem Team bezahlen zu lassen, sowie diese erst gegen Ablösesummen wieder zu anderen Teams wechseln ließ, ist im Bereich der Vermarktung seines Rennstalls und für die Formel 1 an sich nach außen hin ein Vorreiter gewesen. Neben dem Verkauf von Fan-Artikeln und der Mitgliedschaft im Jordan-Club, bietet der Ire ein eigenes Magazin, sowie einen Energy-Drink, getauft auf den Namen "EJ 10", sowie seit kurzem auch eine Gläser-Kollektion an.

In dem "Ausverkauf" sieht Jordan kein Problem, denn er weiß nur zu gut, dass die dadurch eingenommenen Millionen zum Überleben seines Teams unerlässlich sind, was folgende Aussage bestätigt: "Eines morgens bekamen wir von Sainsbury´s eine Nachbestellung unseres Drinks EJ10, welcher sich in ihren Geschäften wirklich sensationell gut verkauft hat. Vielleicht ist das nicht genau der Platz an dem wir unser Getränk verkauft sehen wollten, aber es wäre nachlässig von mir gewesen wenn ich diese Order nicht erfüllt hätte, denn dort gibt es nun einmal den Bedarf und es ist eine Einnahmequelle. Jeder durch die Verkäufe verdiente Penny wird direkt in das Team gesteckt. Ich weiß nicht was in ein paar Jahren passieren wird, wenn uns die Unterstützung durch die Tabakfirmen fehlen wird, aber in punkto Merchandising und Lizenzierung unserer Marke muss ich sicherstellen, dass ich zwischen 20 und 30 Million DM einnehme."

Mit dieser Aussage machte der 53-jährige, vierfache Familienvater klar, dass die Teams heutzutage schon auf die Einnahmen durch den Verkauf von Produkten die das eigene Logo tragen stark angewiesen sind. Allerdings glaubt Jordan nicht, dass er damit die "Seele" seines Teams oder seine eigene verkauft, denn seiner Auffassung nach nutzt er nur die Möglichkeiten die ihm die Formel 1, die weltweit Hunderte Millionen Menschen vor den Fernseher lockt, bietet.

Frank Williams als Vorbild

Aber selbst Top-Teams wie McLaren haben angekündigt, dass sie sich in Zukunft nicht mehr ausschließlich auf den Verkauf von mit dem Rennsport direkt zusammenhängenden Artikeln verlassen werden, sondern zum Beispiel auch eigene Möbel-Kollektionen verkaufen wollen, weshalb sich Jordan in dieser Hinsicht in guter Gesellschaft befindet.

Geht es nach dem Teamchef, so hat sein Team gerade weil es sich anders als die restlichen Rennställe präsentiert in jüngster Zeit so einen großen Zuwachs an Fans erlebt. Im Vergleich zum in Grove beheimateten Team von Frank Williams hat Jordan Grand Prix seiner Auffassung nach aber noch Nachholbedarf: "Wir sind ganz anders als Williams, welche sehr fokussiert sind. Frank hat diesbezüglich vermutlich bessere Arbeit geleistet als ich. Aber nun gut, er ist ja auch erfahrener und hat irgendwann entschieden die Marketing-Rechte wegzugeben. Ich bin jetzt genauso wie er, aber ich bin noch nicht genauso erfolgreich. Ich bin immer noch auf der Suche nach dem Erfolg. Man benötigt dafür Geld, und erst seit kurzem sind wir überhaupt in der Lage unsere Fahrer für ihre Leistungen zu bezahlen...", gewährte Jordan einen etwas tieferen Einblick in eine zugleich interessante und komplexe Materie in der Fragen über die Höhe des eigenen Budgets, sowie aus welchen Summen sich dieses zusammensetzt, weiterhin ein wohlgehütetes Geheimnis jedes einzelnen Teamchefs bleiben.

Jordans Aussagen bestätigten aber auch, dass sich der ursprünglich rein auf die Rennstrecke beschränkende Wettkampf im Laufe des letzten Jahrzehnts zunehmend verlagert hat und neben den Rennen auf den Strecken auch noch andere "Rennen" in Form des Kampfes um Sponsoren gewonnen werden wollen und dies viel Zeit und Überzeugungskraft koste.