Gass: "Podestplätze sind das Ziel"
Toyotas Chefrenningenieur erklärt die Besonderheiten der anstehenden Rennen in Montreal und Indianapolis und seine klare Zielsetzung
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Was sind die wichtigsten Charakteristiken des 'Circuit Gilles Villeneuve'?"
Dieter Gass: "Der 'Circuit Gilles Villeneuve' ist eine Strecke für mittleren Abtrieb mit recht hohen Geschwindigkeiten. Das Auto muss eine gute Traktion haben und auf Richtungswechsel gut reagieren, damit es mit den Kurven, die man heftig anbremsen muss, gut zurechtkommt. Es ist wichtig, früh wieder auf das Gas zu gehen und auf den Geraden auf Geschwindigkeit zu kommen. Wir müssen Jarno Trulli und Ralf Schumacher ein präzises Auto geben, dafür müssen wir beim mechanischen Setup den richtigen Kompromiss finden."

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Toyotas Chefrenningenieur Dieter Gass: Für Siege ist es noch zu früh
Frage: "Was sind die entscheidenden Punkte für die Leistung des Autos in Kanada?"
Gass: "Die Charakteristik des Kurses fordert vor allem die Hinterreifen, daher ist es wichtig, dass wir Nutzen für die Reifentests aus dem Einsatz von Ricardo Zonta am Freitag ziehen. Auch für die Bremsen ist es einer der forderndsten Kurse, nur Bahrain belastet die Bremse noch stärker. In Bahrain sahen wir gut aus und hatten keine Bremsprobleme, also erwarte ich auch in Kanada keine großen Schwierigkeiten. Die Bremsenergie entspricht in etwa jener aus Bahrain, also sollten wir einen ähnlichen Verschleiß und eine ähnliche Hitzeentwicklung erwarten."#w1#
Frage: "Gibt es gute Überholmöglichkeiten auf dem Kurs?"
Gass: "Kanada gehört, was das Überholen betrifft, zu den besseren Kursen. Die Haarnadel ist eine Erste-Gang-Kurve, direkt vor der Start- und Zielgerade. Dort könnten wir einige gute Überholmanöver sehen."
Frage: "Ralf wird als Zweiter (eigentlich als Dritter, da Christian Klien als Wiedereinsteiger als Erster auf die Bahn muss; d. Red.) in das Qualifying starten. Wie groß ist sein Nachteil?"
Gass: "Ralfs Ausfall am Nürburgring bedeutet, dass er als Zweiter in das neue Qualifying muss, das ist sicher ein Nachteil für ihn. Der Kurs in Montreal ist zum Teil ein Straßenkurs, daher ist die Strecke zu Beginn des Wochenendes und am Anfang der einzelnen Sitzungen oft schmutzig. Leider können wir das Problem nicht umgehen. Dass ein Auto noch vor uns auf die Bahn geht, wird einen kleinen Unterschied ausmachen, aber es wird nicht ausreichen. Es müssen schon fünf oder noch mehr Autos sein, damit durch den gelegten Gummiabrieb die Rundenzeiten besser werden."
Frage: "Welche Leistungen kann das Toyota-Team realistischerweise in Montreal erwarten?"
Gass: "Nach einigen Kursen, die viel Abtrieb verlangen, fahren wir in Montreal nun mit einer anderen Aerodynamikkonfiguration, die Karten werden also neu gemischt. In Kanada waren wir in der Vergangenheit nicht so schlecht, und ich entdecke keinen Grund, warum wir nicht gut aussehen könnten. Ich blicke optimistisch auf ein weiteres gutes Resultat."
Frage: "Das Rennen in Indianapolis findet gleich in der Woche danach statt. Wie unterscheiden sich die beiden Kurse?"
Gass: "Auch in Indianapolis fährt man mit mittleren Abtriebswerten, aber die Strecke ist etwas langsamer als Montreal. Indy erinnert mich ein wenig an den alten Hockenheimring mit seinen ultralangen und ultraschnellen Geraden, denen eine enge, langsame Infield-Sektion folgt. Wir müssen die Autos so abstimmen, dass sie eine gute Höchstgeschwindigkeit erzielen, aber auch viel Traktion in den langsamen Kurven haben."
Frage: "Wie findet man diesen aerodynamischen Kompromiss?"
Gass: "In der Fabrik machen wir bereits einige Simulationen, um zu sehen, in welche Richtung wir zu gehen haben, aber auch auf der Strecke halten wir die Höchstgeschwindigkeit unserer Konkurrenten im Auge. Eine Besonderheit in Indy ist es, dass die Rundenzeit konstant bleibt, egal ob man nun mit hohen oder niedrigen Abtriebswerten fährt. Die Zeit, die man in einem Sektor verliert, gewinnt man im nächsten. Für die beste Rundenzeit würde man wohl mit viel Abtrieb fahren, aber im Rennen würde das ein Nachteil sein. Denn auf dem 24-Sekunden-Vollgasteil der Strecke kann man mit einem guten Topspeed überholen."
Frage: "Was sind eure Ziele für das Rennen in den USA?"
Gass: "Ich denke, die Saison hat bereits gezeigt, dass an einem Rennwochenende alles möglich ist. Die Zuverlässigkeit ist ein sehr wichtiger Faktor, um Punkte zu holen, noch mehr als im vergangenen Jahr. Ich denke, dass wir noch nicht die Leistungsfähigkeit haben, ein Rennen zu gewinnen - jedenfalls nicht ohne Glück -, aber ich denke, dass wir in der Phase sind, bei jedem Rennen einen Podestplatz anzustreben. Wir standen in Malaysia, Bahrain und Spanien auf dem Treppchen, und in Monaco und am Nürburgring hätten wir es auch schaffen können. Ein Podestplatz muss also auch in Kanada und Indianapolis das Ziel sein."

