Gascoyne: "Hatten weniger Probleme als erwartet"
Toyotas Technischer Direktor Mike Gascoyne im Interview über die wesentlichsten Neuerungen des heute in Valenciennes vorgestellten TF106
(Motorsport-Total.com) - Toyota stellte heute im französischen Valenciennes den neuen TF106 für die kommende Formel-1-Saison vor. Das Auto läuft zwar schon seit Wochen im Testbetrieb, doch heute äußerte sich das Team erstmals offiziell zu dem Neuwagen, der 2006 den ersten Grand-Prix-Sieg einbringen soll. Die wichtigsten Änderungen erklärte Mike Gascoyne, Technischer Direktor des japanisch-deutschen Rennstalls.

© Toyota
Der TF106 wurde von Mike Gascoyne und seinem Designteam entwickelt
Frage: "Mike, was ist verglichen zu vergangenem Jahr neu an diesem Auto?"
Mike Gascoyne: "Die Vorderachse ist eine Weiterentwicklung der Vorderachse vom TF105B - und damit ist uns ja schon ein großer Sprung in der Performance der Vorderachse gelungen. Der TF106 stellt eine Weiterentwicklung davon dar. Wir haben auch ein signifikant unterschiedliches Layout der Heckpartie eingeführt. Das Getriebe ist prinzipiell gleich, hat aber weniger Gewicht und ist steifer."#w1#
Toyota setzt auf ein neues Dämpferkonzept
"Vom rotierenden Konzept der hinteren Stoßdämpfer der letzten paar Jahre sind wir zu einem linearen Konzept abgewichen. Wir hatten in den letzten Jahren ein Dämpferproblem, das wir jetzt endlich lösen konnten. Als wir den TF105B gefahren sind, waren die Fahreraussagen, dass alles viel, viel besser sei, aber die Performance war vom Heck her eingeschränkt. Sie haben also auf ein besseres Heck gewartet. Wir führten das lineare Konzept der hinteren Stoßdämpfer ein und stellten bei den Tests mit dem TF106 signifikante Verbesserungen fest. Jetzt passt das Heck zur Vorderachse, wodurch das Auto viel ausbalancierter ist."
Frage: "Der V8 ist um zehn Zentimeter kürzer als der V10. Wie beeinflusst das das Chassis?"
Gascoyne: "Die unterschiedliche Länge hat für uns keine wesentliche Rolle gespielt. Als wir wussten, dass wir uns weiterhin mit Rennbenzin qualifizieren müssen, legten wir uns fest, was die Position des Benzintanks angeht. Angesichts der Daten, die uns von Bridgestone zur Verfügung gestellt wurden, erwarteten wir eine nicht mehr so stark nach vorne verlagerte Gewichtsverteilung als bisher. Wir haben die Länge des Monocoques erhöht und die Länge des Getriebes beibehalten. Durch den V8 ist die Gestaltung der Kühler etwas einfacher, und die Kühler sind auch kleiner geworden. Die Positionierung des Auspuffs ist jetzt einfacher, weil ganz einfach weniger Rohre zu verlegen sind!"
Vibrationen waren auf dem Prüfstand stärker als im Auto
Frage: "Welche Auswirkungen haben die Eigenschaften des V8-Motors?"
Gascoyne: "Natürlich sind mit dem V8 die Vibrationen wesentlich stärker. Wir hatten anfänglich Probleme auf dem Prüfstand, aber auf dem Prüfstand wird der Motor anders montiert, weshalb man nur beschränkt etwas daraus lernen kann. Ein Motor ist auf dem Prüfstand anders als auf dem Auto - und er reagiert dort auch anders. Wir hatten sogar weniger Probleme als erwartet im Auto, aber es hätte auch andersherum laufen können. Bis man nicht den Motor im Auto hat und die Fahrer damit auf die Strecke lässt, weiß man nicht genau, was alles kaputt gehen könnte."
"Der Vorteil ist, dass wir schon viele Kilometer zurückgelegt haben und Motorschäden ausmerzen können. Die Fahrbarkeit ist sehr gut, die Fahrer sind angenehm überrascht. Luca (Marmorini, Motorenbauer; Anm. d. Red.) und sein Team haben exzellente Arbeit geleistet. Der größte Unterschied zu den V10-Motoren sind die Starts und das geringere Drehmoment im niedrigeren Drehzahlbereich."
Frage: "Wie schwierig ist es, den Reifenhersteller zu wechseln?"
Gascoyne: "Bridgestone hat einen guten Job gemacht und uns in der kurzen Zeit zwischen dem Saisonende und dem Beginn der Wintertests viele Informationen zur Verfügung gestellt, daher wussten wir schon ungefähr, worauf wir uns einzustellen hatten. Wir fanden schnell eine gute Balance, aber natürlich muss man die Auswirkungen von Veränderungen des Setups auf die Reifen erst genau kennen lernen."
Positiver Auftakt der Zusammenarbeit mit Bridgestone

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Die Toyota- und Bridgestone-Ingenieure arbeiten seit November eng zusammen Zoom
"Natürlich machen unterschiedliche Reifenhersteller gewisse Dinge eben anders. Das ist mit ein Grund, weshalb wir ein mechanisches Grundpaket für Bahrain schon im November und Dezember ausprobieren wollten. Wir wollten nicht in dieser Zeit irgendwelche Dinge lernen und dann wieder verwerfen müssen, weil das neue Auto ganz anders ist. Stattdessen konnten wir an die Sache gezielt herangehen, uns durch verschiedene Setup-Parameter arbeiten, ihre Auswirkungen studieren und lernen, wie die Reifen darauf reagieren. Die Balance stimmte aber wie gesagt relativ rasch. Wir waren angenehm überrascht."
Frage: "Haben abgesehen vom Motor auch andere Regeländerungen das Chassis beeinflusst?"
Gascoyne: "Es gibt kleinere aerodynamische Modifikationen vorne, und die Crashstruktur im Heckbereich wurde nach oben gezogen, genauso hoch wie an der Front. Die hintere Crashstruktur haben wir proportional mit den vergrößerten Heckflügelendplatten verlängert, damit wir so noch mehr Unfallenergie absorbieren können."

