• 21.04.2015 14:41

  • von Craig Scarborough (Haymarket)

Formel-1-Technik: Hondas radikaler Motor

Technik-Experte Craig Scarborough erklärt das radikal unterschiedliche Konzept der Honda-Antriebseinheit, die derzeit noch für viele Probleme sorgt

(Motorsport-Total.com) - In der Monaten vor der Präsentation des McLaren MP4-30 wurde viel über die Technik des neuen Formel-1-Motors von Honda spekuliert. Bisher war dessen Start von Problemen überschattet. Nach einem Desaster bei den Wintertests kämpfte McLaren bei den ersten Überseerennen darum, verlorenen Boden gutzumachen.

Titel-Bild zur News: Jenson Button

In Bahrain konnte Jenson Button wegen Motorproblemen nicht im Rennen starten Zoom

Durch die Einführung neuer und unerprobter Technologien wollte Honda den Vorsprung seiner Rivalen ausgleichen, woraus nun viele der Haltbarkeits-Probleme resultieren. Da die Entwicklung während der laufenden Saison eingeschränkt ist, wollte man die 2015 nicht mit einer Basiskonfiguration der Antriebseinheit beginnen, die sich kaum noch verbessern lässt.

McLaren wählte beim diesjährigen Auto ein aggressives Aerodynamik-Konzept, was Honda dazu zwang, die Antriebseinheit unter der engen Hüllen des Autos zu verpacken. Durch die andauernden Probleme am Auto von Jenson Button beim Bahrain-Grand-Prix konnten wir nun zum ersten Mal einen genaueren Blick auf die Honda-Antriebseinheit werfen. Dabei zeigte sich, wie radikal Honda bei dem Versuch, das Volumen seines Paketes zu minimieren, vorgegangen ist.

Extrem kompaktes Design der Antriebseinheit

Honda hat den Turbolader aufgeteilt, allerdings auf völlig andere Weise als Mercedes. Der Turbolader sitzt zusammen mit der MGU-H im engen "V" des Motors. Damit der Turbolader dort hineinpasst, scheint Honda mit einem axial umströmten Kompressor gewählt zu haben. Anders als bei einem herkömmlichen Turbolader mit einem großen Gebläse sind dort eine Reihe kleiner Bläser entlang einer Welle angebracht. Diese Lösung dreht schneller hoch, erzeugt aber weniger maximalen Ladedruck, was in einer Formel mit Benzinlimit allerdings kaum ins Gewicht fällt.

Auf der gleichen Welle wie der Kompressor ist auch die MGU-H und die vom Abgasstrahl angetriebene Turbine angebracht. Diese scheint konventioneller ausgelegt zu sein und befindet sich hinter dem Motor. Mit diesem Layout hoffte Honda, die Fahrbarkeit zu verbessern und die Abmessungen des Motors zu verringern.

Über dem Turbolader befindet sich ein kompakter, flacher Luftsammler mit Aluminium-Einlässen. Innen sind die Einlässe um 90 Grad gedreht. So reduziert man die Höhe des Luftsammlers, während man die Länge der Einlässe variabel gestalten kann.

Enger Einbau sorgt für Probleme bei der Kühlung

Der Öltank und die MGU-K befinden sich vor dem Motor beziehungsweise unter der linken Zylinderbank, was einem konventionellen Design entspricht. Das ERS-Modul weicht hingegen wieder von der Regel ab, denn dort sind vor dem Motor die Batterie und beide elektronischen Kontrollboxen (für das ERS-K und ERS-H) in einer Einheit untergebracht.

Damit wird die gesamte Antriebseinheit flacher und leichter und benötigt damit im Bereich unterhalb des Tanks weniger Platz, was den aerodynamisch günstigen Einbau erleichtert. Allerdings bedeutet dieser enge Einbau auch, dass es kaum Platz für externe Kühlung gibt.

Alle ERS-Elemente benötigen jedoch Wasser- oder Ölkühlung, war zu den Haltbarkeits-Problemen führte. Honda musste die Leistung reduzieren, um die die Temperaturen unter Kontrolle zu halten und Lecks der Kühldichtungen an den rotierenden Wellen zu vermeiden.

Obwohl Honda nach wie vor Probleme mit der Zuverlässigkeit hat, ist das grundsätzliche Design der Antriebseinheit fundiert. Daher könnte sie durchaus leistungsstark und zuverlässig werden. Dann könnte McLaren auch die Vorteile seines Aerodynamik-Designs voll ausspielen.