• 25.02.2016 15:27

  • von Craig Scarborough (Haymarket)

Formel-1-Technik 2016: Die neue Mercedes-Nase im Detail

Was als große Überraschung angekündigt wurde, ist gar keine so radikale Änderung: Craig Scarborough nimmt die neue Mercedes-Nase genau unter die Lupe

(Motorsport-Total.com) - Nach mehrtägigen Spekulationen über mögliche Innovationen hat Mercedes am Donnerstagmorgen erstmals die neue Nase für die Formel-1-Saison 2016 montiert. Sie folgt dem Trend des eingebauten S-Schachts, bringt aber auch eine Reihe anderer spezifischer Features mit. Die hohen Erwartungen an eine radikale Designänderung wurden dabei aber enttäuscht.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Mercedes' neue Nase: Oben fällt vor allem der S-Schacht-Ausgang auf Zoom

Seitdem sich das Reglement für die Nasen 2011 geändert hat, haben die Teams versucht, den Luftstrom unter und über den immer komplexer werdenden, abgestuften Nasen zu verbessern. Nachdem die Regeln seit 2015 auch die Form der Nasenspitze vorschreiben, haben sich die meisten Teams für eine kurze Variante entschieden, um den Luftstrom besser um das Auto zu lenken. Daraus resultierte, dass in diesem Jahr beinahe alle Autos einer kurzen Nase mit einem integrierten S-Schacht versehen sind.

Der Schacht nimmt den Luftstrom unter der Nase auf und führt ihn durch einen S-förmigen Kanal zu einem Ausgang, der ihn dann über das Auto leitet. In dem Prozess wird der Luftstrom zwischen Nase und Chassis verbessert. Das bedeutet keinen großen aerodynamischen Vorteil, wurde von einem Technischen Direktor aber als durchaus "lohnenswert" bezeichnet.

Schmalere Verbindungsstücke

Die Länge der neuen Mercedes-Nase ist ähnlich der, die bereits beim Launch des W07 präsentiert wurde - sie ist so kurz, wie gerade erlaubt. In der Form ist sie jedoch etwas gerader mit einer runderen Nasenspitze. Genau wie beim 2015er-Modell ist nur der obere Teil der Nase eine tatsächlich tragende Struktur, wohingegen der untere Teil lediglich eine angeschraubte Blende darstellt. Dadurch konnte die Konstruktion sowohl leicht adaptierbar als auch hohl gestaltet werden.

Die untere Blende formt den Eingang zu dem S-Schacht. Sie ist in einer U-Form nahe der Nasenspitze angebracht, nicht weiter hinten als bei der Konkurrenz. Von dort fließt die Luft durch eine Öffnung in der oberen Nasenkonstruktion über das Chassis. Das macht die S-Form im Profil insgesamt länger als bei anderen Teams, bei denen der S-förmige Schacht auf 10-20 Zentimeter gekrümmt ist. Verluste innerhalb des Schachts sollen damit verringert und ein besserer Luftstrom an der Oberseite des Autos erzeugt werden.

Mercedes W07

Alte und neue Nase: Die genanten Merkmale im unteren Bereich Zoom

Neben der neuen Nase und der Einlass-Blende hat Mercedes auch am Ausgang des S-Schacht kleine Blenden angebracht, die die Höhe der Karosserie an ihr erlaubtes Limit führt. Andere aerodynamische Änderungen im vorderen Bereich des Autos finden sich am Frontflügel, wo die Nase mit neuen Verbindungstücken angebracht ist. Sie sind schmaler und nur noch knapp halb so weit auseinander wie bei der alten Nase.

Vergleichswerte für den Zuschauer schwer zu ermitteln

Die Verbindungstücke sind auch ein wenig mehr angewinkelt. Das scheint den Zweck zu erfüllen, sie von den Seiten der Nase fern zu halten, um den Luftstrom ungestört zu den neuen Luftleitblechen unter der Nase zu leiten. Diese haben eine ähnliche, vierteilige Form wie beim letztjährigen Design. Die von Mercedes bevorzugten Einlässe am unteren Ende wurden aber ausgebaut - sechs Einlässe fördern nun den Luftstrom.

Die neue Frontpartie ist zwar nicht so revolutionär ausgefallen wie erwartet, stellt aber dennoch eine Abweichung vom Normalverfahren dar und ist ein Beispiel für die immer komplexere und detailliertere Aerodynamik-Arbeit bei Mercedes. Das Team scheut bei den Tests derweil noch immer Fahrten auf den weicheren Reifen und spult seine Longruns auf der Medium-Mischung ab. So wird es schwierig, den Performance-Unterschied mit der neuen Nase zu vergleichen. Auf dem Papier sollte sie aber einen ausschlaggebenden Vorteil gegenüber dem alten Design bringen.


Fotos: Mercedes, Test in Barcelona