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Formel 1 Suzuka 2016: Rosberg-Sieg entscheidet die WM

Mercedes gewinnt in Japan beide Titel: Nico Rosberg siegt, Lewis Hamilton rettet nach einem miserablen Start noch P3 - Beinahe-Kollision in der letzten Runde

(Motorsport-Total.com) - Die Formel-1-WM 2016 ist entschieden: Nach dem Grand Prix von Japan in Suzuka steht Mercedes endgültig als Konstrukteurs-Weltmeister fest, und bei den Fahrern kann vier Rennen vor Schluss nur noch ein Mercedes-Fahrer Champion werden. Denn das 17. Saisonrennen gewann Nico Rosberg vor Max Verstappen (Red Bull) und Lewis Hamilton. Daniel Ricciardo (Red Bull) belegte den sechsten Platz und hat damit auch rechnerisch keine Titelchance mehr.

"Es ist wunderschön, auf dieser legendären Strecke zu gewinnen", strahlt Rosberg, der schon 2014 und 2015 auf Pole-Position gestanden war, aber beide Male von Hamilton geschlagen wurde. Diesmal ist Suzuka sein großer Triumph, denn in der Fahrerwertung hat er nun schon 33 Punkte Vorsprung. Das bedeutet: Selbst wenn Hamilton alle verbleibenden Rennen gewinnt, reichen ihm drei zweite Plätze und ein dritter Platz, um erstmals Weltmeister zu werden.

"Wenn alles normal rennt", analysiert Mercedes-Boss Niki Lauda, "kann in den nächsten Rennen die WM schon entschieden sein." In Suzuka fiel die Vorentscheidung bereits am Start: Während Rosberg seine Pole-Position souverän verteidigte, fiel Hamilton auf den achten Platz zurück. Beim Titelverteidiger und Vorjahressieger fiel auf der feuchten Seite der Strecke die Drehzahl in den Keller. "Ich fürchte, da war er selbst dran schuld", sagt Lauda.

Hamilton machte sich gar nicht erst die Mühe, die Verantwortung zu leugnen: "Sorry, guys", entschuldigte er sich am Boxenfunk. Später bestätigt er: "Meine Räder haben durchgedreht." Danach fuhr er mit der Wut im Bauch noch auf das Podium. Bei der Attacke gegen Nico Hülkenberg (Force India) vor der 130R steckte er zum Glück zurück; nach dem ersten Boxenstopp schnappte er sich Kimi Räikkönen (Ferrari), Sergio Perez (Force India) und Daniel Ricciardo (Red Bull).

Im Finish kämpfte Hamilton gegen Vettel um den dritten Platz. Vor dem zweiten Boxenstopp vernichtete er binnen weniger Runden mehr als zehn Sekunden Rückstand. "Vier davon", grummelt Vettel, "haben mich die ganzen Überrundeten gekostet." Das äußerte sich in mehreren wütenden Funksprüchen, einer der heftigeren davon adressiert an Landsmann Pascal Wehrlein (22./Manor). Nach dem Rennen klang er versöhnlich: "Das wird es im Racing immer geben."

Vettel kam später als Hamilton an die Box und riskierte den Wechsel auf die weichen Reifen für den letzten Stint. Als er hinter dem Mercedes auf die Strecke kam, hatte er so einige Runden lang einen Grip-Vorteil, den er aber nicht nutzen konnte. Das Podium habe er jedoch nicht da, sondern schon vorher verloren: "Wir hätten vor Lewis rauskommen müssen." Der machte sich auf die Jagd nach Verstappen, als er Vettel einmal abgeschüttelt hatte.

Tatsächlich hätte sich Hamilton die drei zusätzlichen Punkte für den zweiten Platz beinahe noch abgeholt. Ruck-zuck vernichtete er, dank um vier Runden frischerer Reifen, seinen Rückstand. Aber Verstappen verteidigte sich geschickt: Auf der Gegengerade lud er seine Batterie auf, in der DRS-Zone nutzte er die Energie. "Ich habe den Überholknopf gedrückt, um noch ein paar PS mehr aus dem Auto zu kitzeln", berichtet er.

In der vorletzten Runde dann Hamiltons einzige Attacke, vor der Zielschikane. "Ich werde ihn ja wohl nicht durchwinken", verteidigt Verstappen seinen Spurwechsel, der von Hamilton via Funk sofort gemeldet wurde. Hamilton fuhr geradeaus durch den Notausgang, die Entscheidung um Platz zwei war gefallen. Sogar Mercedes-Sportchef Toto Wolff muss zugeben: "Dem Racer in mir gefällt das." Und für Red-Bull-Teamchef Christian Horner war die Aktion "hart, aber fair".

Räikkönen kam nach einem suboptimalen Rennsonntag als Fünfter ins Ziel. Zuerst startete er nach einem Getriebewechsel nur vom achten statt vom dritten Platz, dann rutschte er bei der Verfolgung von Ricciardo einmal in die Wiese. "Dass er das Auto da überhaupt wieder unter Kontrolle bekommen hat, war stark", findet Formel-1-Experte Marc Surer. Ricciardo ließ er auf der Ziellinie dann um 5,6 Sekunden hinter sich.

Der Australier erlebte eine Woche nach seinem Sieg in Malaysia einen durchwachsenen Grand Prix von Japan. "Wegen Räikkönens Getriebestrafe stand ich auf der feuchten Seite. Das hat Hamilton auch zu spüren bekommen", erklärt er seinen schlechten Start (trotz Hamilton-Patzer von P4 auf P5). Später war er in der Spoon-Kurve neben der Strecke, und beim zweiten Boxenstopp verschenkte das Team einige Sekunden. Dass auf den Geraden Speed fehlte, tat sein Übriges.

Spannend war das Match zwischen Force India und Williams. Hülkenberg sorgte mit seiner Attacke gegen Valtteri Bottas in der Schikane für die Aktion des Tages. "See you later", funkte er nach Vollzug. "Ich war ein bisschen genervt, weil ich ihn schon die Runde davor überholen hätte sollen", grinst er im Nachhinein. Am Start hatte Hülkenberg Glück gehabt: Romain Grosjean (11./Haas) wich ihm zweimal ziemlich selbstlos aus.

Sehenswert auch das Duell zwischen Felipe Massa (9./Williams) und Carlos Sainz (17./Toro Rosso), bei dem es zwischenzeitlich um den zehnten Platz ging. Sainz verteidigte sich in der ersten Kurve mit voller Härte, Massa steckte zurück. In der nächsten Runde war der Spanier dann aber fällig. Williams hatte trotz Einstoppstrategie keine Chance gegen Force India. In der Konstrukteurs-WM beträgt der Rückstand auf P4 schon zehn Punkte.

Ansonsten war der Grand Prix von Japan nicht das aufregendste Rennen der Saison 2016. Honda musste sich wieder den einen oder anderen demütigenden Funkspruch anhören; Fernando Alonso wurde 16., sein McLaren-Teamkollege Jenson Button 18. Wehrlein landete auf dem letzten Platz, 19,9 Sekunden hinter seinem Stallgefährten Esteban Ocon. Selten in der Formel 1: Alle 22 gestarteten Fahrer sahen die Zielflagge.

Rosberg hat nun eine Hand an der WM-Trophäe, bevor es in zwei Wochen in Austin weitergeht. "Ich versuche einfach, mich Rennen für Rennen zu fokussieren. Das funktioniert ganz gut", sagt er. Hamilton schreibt er noch nicht ab: "Dafür kenne ich ihn gut genug - mit ihm muss man immer rechnen." Aber für Lauda war Rosbergs Sieg in Suzuka "weltmeisterlich". Angestoßen wird im Privatjet. Wolff: "Käpt'n Lauda wird hoffentlich was servieren!"