• 17.06.2014 15:07

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Formel 1 auf Sparkurs: (Un)erwünschte Nebenwirkungen

Heizdecken bis Testfahrten, Windkanäle bis Kundenautos: Die Königsklasse will fixe Pläne für Kostensenkungen auf den Weg bringen, doch überall lauern Kontroversen

(Motorsport-Total.com) - Am Mittwoch wird die Königsklasse in London die Weichen für ihre Zukunft stellen. Beim Treffen der Formel-1-Kommission auf dem Flughafen Biggin Hill wollen die Verantwortlichen der Teams, der FIA, der Sponsoren, Strecken und Zulieferern sowie Bernie Ecclestone die Motorsport-Weltratssitzung am 26. Juni in München vorbereiten. In diesem Gremium wird dann über die Vorschläge endgültig und verbindlich entschieden. Ganz oben auf der Agenda steht das Dauerthema Kostenkontrolle.

Titel-Bild zur News: Monza Start Ziel Gerade

Wann ist der Weg endlich frei für eine erschwinglichere Formel 1? Zoom

Praktisch alle Teams und der Automobil-Weltverband sind daran interessiert, die Ausgaben zu senken, allerdings liegt noch kein tragfähiges und umfassendes Konzept auf dem Tisch. Entweder fürchten die "Großen" um eine funktionierende Überwachung respektive den Verlust eines Wettbewerbsvorteils wie im Falle der Budgetobergrenze. Oder es sind die "Kleinen", die um Unabhängigkeit und Konkurrenzfähigkeit bangen - wenn es etwa um die Einführung von Kundenautos geht.

So könnten sich die Verantwortlichen auf eine kleine Lösung einigen, wie sie die Strategiegruppe der Formel 1 schon vor einigen Wochen in Form eines Stufenplans bis 2017 entwickelte. Doch die einzelnen Punkte sind nicht unumstritten: Das Heizdecken-Verbot etwa könnte fallen, schließlich bringt die Maßnahme kaum Einsparungen, weil alle Teams über einen großen Bestand verfügen. Hinzu käme, dass die von der nicht mehr existierenden FOTA ausgehandelte Option, das Material als Werbefläche zu nutzen und so die Zahlungen an Ausrüster Pirelli zu reduzieren, vom Tisch wäre.

Motorenzulieferer legen schon jetzt drauf

Vielversprechender, wenn auch ähnlich kontrovers diskutiert, ist da die Maßnahme, das Freie Training am Freitag auf eine Session am Nachmittag zu verkürzen, um die Kosten für eine Übernachtung zu sparen. Die Medienaktivitäten der Teams würden dann vom Donnerstag auf den Vormittag verschoben, was Journalisten und TV-Anstalten ein Dorn im Auge ist. Es ist außerdem zu befürchten, dass die reduzierte Zeit auf der Strecke durch kostspielige Simulatorarbeit kompensiert wird, was einen massiven Vorteil für die großen Teams bedeuten würde.

Dass die zahlenden Zuschauer weniger fahrende Autos zu sehen bekämen, kann aus Sicht der Streckenbetreiber und Sponsoren ebenfalls nicht wünschenswert sein. Außerdem hielten sich die Einsparungen wohl in Grenzen, schließlich handelt es sich bei den Freien Trainings um kostengünstige Tests: Die Stecke muss nicht eigens gemietet werden, Equipment und Personal sind bereits vor Ort. Bei den eigentlichen Tests sehen die Pläne eine Komprimierung und exklusive Gelegenheiten für Neulinge vor, dazu soll die Vorbereitung ausschließlich in Europa stattfinden.

Ein Schritt hin zu Kundenautos?

Zuletzt hatten die kühlen Temperaturen und das schlechte Wetter bewirkt, dass die Formel 1 nach Bahrain umgezog, um mehr repräsentative Daten zu sammeln. Die nächste Baustelle sind die Motorenkosten von geschätzten 31 Millionen Euro pro Saison, bei denen sich die Teams eine Senkung um 60 Prozent wünschen. Allerdings legen die Hersteller schon jetzt massiv drauf und könnten ihr Engagement im Fall noch üppigerer roter Zahlen wohl kaum noch rechtfertigen.

Sergio Perez, Bahrain

Es scheint unklar, ob künftig die Vorbereitung weiter in Bahrain stattfindet Zoom

Der einzig gangbare Weg führt also über den Umfang der Kontingente, die die Teams pro Saison einsetzen dürfen. Außerdem könnte die Deadline für Regeländerungen vom 30. Juni eines jeden Jahres auf den 28. Februar vorverlegt werden, um den kleinen Teams mehr Reaktionszeit einzuräumen. Das würde ihnen wohl deutlich mehr helfen als der Vorschlag, jede Saison einen fixen Windkanal für die Entwicklungsarbeit zu nominieren. Besitzt eine Mannschaft keinen eigenen, dann sind die Gelegenheiten für entsprechende Tests deutlich geschmälert.

Das Thema Kundenautos könnte durch die Hintertür zurückkehren, indem die im Reglement festgehaltene Liste der Teile, die ein Team selbst bauen muss, zusammengestrichen wird. Außerdem wird in London einmal mehr über den Motorensound, die Entscheidungsstrukturen mit der umstrittenen Strategiegruppe und eine mögliche FIA Hall of Fame debattiert. Außerdem könnte das rumänische Formel-1-Projekt Forza Rossa neben Haas Formula endgültig in den Kreis der Teams aufgenommen werden - sofern nicht noch immer über Kosten diskutiert wird.