Formel-1-Anteile: Plant Ecclestone den fünften Streich?

Volle Kontrolle statt Rückzug und Gefängnis? Um Bernie Ecclestone, CVC & Co. kursieren hinter den Kulissen der Formel 1 in Sepang wilde Gerüchte...

(Motorsport-Total.com) - Bereits im April soll Bernie Ecclestone in München der Prozess gemacht werden, aber der 83-Jährige hat nicht vor, danach ins Gefängnis zu gehen. Vielmehr deutet einiges darauf hin, dass er hinter den Kulissen gerade versucht, die volle Kontrolle über die Formel 1 zurückzuerlangen.

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone

Bernie Ecclestone hat die Formel 1 schon viermal verkauft und ist immer noch ihr Chef Zoom

Ecclestone hält nach aktuellem Wissensstand* 5,3 Prozent der Anteile an der obersten Formel-1-Holding Delta Topco selbst; weitere 8,5 Prozent liegen unter der Kontrolle des von ihm gegründeten Familienfonds Bambino. Erst kürzlich hatte er angedeutet, dass er sich vorstellen kann, seine Anteile zu verkaufen - zumindest dann, wenn sich Mehrheitseigentümer CVC Capital Partners entscheiden sollte, sein Formel-1-Engagement zu beenden.

Stimmen die aktuellen Spekulationen gut informierter Kreise, dann könnte aber genau das Gegenteil der Fall sein. Demnach soll Ecclestone hinter den Kulissen sondieren, ob es Wege gibt, um noch in diesem Jahr wieder mehr als 50 Prozent der Anteile von Delta Topco zu erlangen. Sollte ihm das gelingen, wäre er zumindest eine Sorge los, nämlich jene, dass ihn CVC aufgrund eines möglichen negativen Prozessausgangs in München als Formel-1-Geschäftsführer entlassen könnte.

CVC könnte Return on Investment sicherstellen

Insider gehen davon aus, dass Ecclestone in München einen Vergleich anstreben wird. Dieser würde ihm womöglich das Gefängnis ersparen, aber praktisch einem Schuldeingeständnis gleichkommen - für CVC eine untragbare Situation, sodass man vermutlich gar keine andere Wahl hätte, als den 83-Jährigen zu feuern. Was läge für CVC also näher, als die Formel-1-Anteile gleich an Ecclestone zu verkaufen? So wäre man alle Sorgen los und hätte den Return on Investment sichergestellt.

CVC hält derzeit 35,5 Prozent an Delta Topco, die - auf Basis der jüngsten Transaktionen geschätzt - zwei bis zweieinhalb Milliarden Euro wert sein dürften. Eine Summe, die Ecclestone sicher nicht aus eigener Tasche stemmen kann, aber möglicherweise gemeinsam mit Geschäftspartnern. Einer davon könnte Red-Bull-Konzernchef Dietrich Mateschitz sein, der in vielen Fragen voll auf Ecclestones Wellenlänge schwimmt, etwa bei jener nach dem aktuellen Sound der Königsklasse.

Laut Informationen von 'Motorsport-Total.com' haben an diesem Wochenende in Malaysia mehrere Treffen zwischen Ecclestone und CVC-Manager Donald Mackenzie stattgefunden. Bei zumindest einem davon war auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner, Ecclestones Trauzeuge bei der Hochzeit mit Fabiana Flosi im August 2012, dabei. Das ist noch lange kein Beweis für die wilden Spekulationen, die momentan kursieren, heizt diese aber durchaus an.


Ecclestone-Biograf Tom Bower im Interview

Vier CCB-Teams Teil eines Management-Buy-outs?

Neben Red Bull wäre auch Ferrari ein logischer Investor bei einem Management-Buy-out eines Ecclestone-Konsortiums - generell ist die Idee, die Teams auch als Anteilseigner an der Formel-1-Holding zu involvieren, nicht neu. Auch McLaren und Mercedes könnten zu einer solchen Konstellation eingeladen werden, wobei eine Partnerschaft mit Ecclestone für Mercedes aus Compliance-Gründen schwierig werden könnte. Tatsache ist aber, dass Ecclestone selbst mit den aktuellen CVC-Anteilen nur auf 49,3 Prozent an Delta Topco käme.

Nur: Aller Voraussicht nach wäre es ein Leichtes, einen weiteren Anteilseigner zum Verkauf zu überreden. Zum Beispiel die Bank Lehman Brothers, mit 12,3 Prozent an Delta Topco beteiligt, denn die soll sich laut internen Dokumenten bis 30. Juni von ihren Anteilen trennen. Oder der norwegische Staatsfonds Norges (4,5 Prozent), der sein Engagement lieber heute als morgen beenden würde. Und dann gibt es da noch diverse Kleininvestoren, teilweise langjährige Ecclestone-Partner, die ihre Anteile bei dieser Gelegenheit zu Geld machen könnten.

Christian Horner, Dietrich Mateschitz

Christian Horner und Dietrich Mateschitz schätzen Bernie Ecclestone sehr Zoom

Großer Vorteil einer solchen Lösung: Ecclestone könnte bis an sein Lebensende die Fäden ziehen und die Formel 1 nach seinen Vorstellungen gestalten, die sich weitgehend mit jenen von Mateschitz und Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo decken. Und sollte er eines Tages das Zeitliche segnen, könnten die Teams in den Vordergrund treten und ihren Sport endlich selbst kontrollieren, wie sie es sich seit Jahren wünschen.

Viermal verkauft, nie die Kontrolle verloren...

Der erste große Coup Ecclestones wäre das nicht: "Wo sonst gibt es ein Business, das viermal von derselben Person verkauft wurde, während diese aber trotzdem noch immer die volle Kontrolle hat und jedes Mal das gesamte Geld einstreift? Nur Bernie hat die Eier, so etwas durchzuziehen", hat Eddie Jordan schon 2006, beim Verkauf an CVC, gesagt. "Dabei muss man auch noch Ken Tyrrells altes Argument in Betracht ziehen: Am Anfang gehörte ihm der Laden nicht einmal!"

1974, damals noch Brabham-Teamchef, gründete der ehemalige Londoner Gebrauchtwagenhändler Ecclestone gemeinsam mit Frank Williams, Colin Chapman, Teddy Mayer, Ken Tyrrell und Max Mosley die Formula One Constructors Association (FOCA), um den Verkauf der TV-Rechte zu professionalisieren. Vier Jahre später übernahm er - mit Mosley als Rechtsberater - die Führungsrolle in der Vermarktung, aus der seine spätere Stellung als Formel-1-Chef entstanden ist.

Vermutete Anteilseigner-Struktur von Delta Topco*:
35,5% CVC Capital Partners
20,9% Waddell & Reed
12,3% Lehman Brothers
8,5% Bambino Holdings
5,3% Bernie Ecclestone
4,5% Staat Norwegen (Norges)
3,0% JP Morgan Whitefriars
3,0% Lehrer-Rentenfonds des US-Bundesstaates Texas
2,4% BlackRock
0,7% Churchill Capital
3,9% Streubesitz mehrerer Einzelpersonen


Fotostrecke: "Wir sind die Mafia"

* offiziell nicht bekannt, Angaben daher ohne Gewähr