Force Indias Emanzipation: Simulator läuft, kommt Windkanal?

Ab 2014 muss Force India ohne McLaren als Technikpartner auskommen - Wie man dies bewältigen will und das Motoren-Wettrüsten die Inder in die Bredouille bringt

(Motorsport-Total.com) - Force India hat es als kleines Team besonders schwer. In der ehemaligen Jordan-Fabrik in Silverstone hat man im Vergleich zu den Topteams nur einen Bruchteil der Kapazitäten zur Verfügung. Aus diesem Grund ist man auf deren Hilfe angewiesen. Die Überraschungstruppe der ersten Saisonhälfte 2013 verwendet bis Ende dieser Saison den gleichen Antriebsstrang wie McLaren, neben dem Mercedes-Motor stammen Hydraulik, Getriebe etc. aus Woking. Zudem gab es bislang eine technische Partnerschaft zwischen den Teams, die Vijay Mallyas Mannschaft die Möglichkeit gab, den Simulator mitzubenutzen.

Titel-Bild zur News: Andrew Green

Force-India-Technikchef Andrew Green blickt in eine neue Ära des Teams Zoom

Ab 2014 wird Force India selbstständiger: Man bezieht ab der kommenden Saison, wo enorme Reglementänderungen bevorstehen, den kompletten Antriebsstrang von Mercedes und darf nicht mehr auf die Einrichtungen, Simulatoren und Prüfstände von McLaren zurückgreifen. Der Hintergrund: Man spart damit Geld, das man für die doppelt so teuren Motoren benötigt, zudem hat man zuletzt in den Standort Silverstone investiert und will sich vom Whitmarsh-Team emanzipieren.

Force India verwendet seit halbem Jahr eigenen Simulator

"Wir haben zwei Jahre lang am Bau unseres eigenen Simulators gearbeitet", verrät Force-India-Technikchef Andy Green gegenüber 'Motorsport-Total.com'. "Es handelt sich dabei um eine komplette Eigenkonstruktion, die wir hauptsächlich im eigenen Haus entwickelt haben - mit Hilfe von ein paar externen Zulieferern."

Bislang nutzte man mit dem Simulator im McLaren Technology Center einen der besten seiner Art - die Erfahrungen aus Woking flossen auch in die Force-India-Konstruktion ein, erklärt Green: "Wir haben regelmäßig Berichte erstellt, was wir am McLaren-Simulator gut und was wir schlecht finden und was wir davon in Anbetracht unserer Ressourcen umsetzen können."

Seit sechs Monaten läuft der Force-India-Simulator bereits. Das Timing war auf den Entwicklungsstart für die neue Saison abgestimmt. "Der Simulator wird als Entwicklungseinrichtung eingesetzt, damit wir verstehen, was wir in Hinblick auf das neue Auto tun müssen", bestätigt der Technikchef. Mit bislang guten Ergebnissen: "Die Korrelation funktioniert."

Uralt-Windkanal als Problemzone

Force-India-Fabrik in Silverstone

Die Force-India-Fabrik ist im Vergleich zum McLaren-Tempel eher beschaulich Zoom

Dennoch ist es für Force India noch ein weiter Weg, komplett auf eigenen Beinen stehen zu können und den Topteams in Sachen Einrichtungen Konkurrenz zu machen. Der Windkanal des Teams wurde bereits vom Jordan-Rennstall benutzt und ist nicht mehr zeitgemäß. "Er ist 25 Jahre alt", gibt Green zu. "Es handelt sich also um einen sehr alten Windkanal, und wir versuchen, so viel aus ihm herauszuholen wie nur möglich. Wir haben ihn jedes Jahr erneuert, aber er ist wirklich ausgereizt."

Das Problem: Der Force-India-Windkanal funktioniert noch mit 50-Prozent-Modellen, ein Update auf den Einsatz von 60-Prozent-Modellen ist unmöglich. Große Teams wie Ferrari, Mercedes oder Lotus haben in den vergangenen Jahren ihre Einrichtungen sogar für eine gewisse Zeit abgeschaltet, um diese für den Einsatz größerer Modelle umzurüsten.

Investiert Force India in neuen Windkanal?

Warum das so wichtig ist? "Das wirkt sich in Bezug auf die Reifen sehr stark aus", erklärt Green. "Die 50-Prozent-Windkanal-Reifen verwinden sich komplett anders als die 60-Prozent-Reifen." Daher sind die Ergebnisse des Force-India-Windkanals nur bedingt repräsentativ.

"Unser Windkanal ist wirklich ausgereizt." Andy Green

Da der Bau eines neuen Windkanals sehr teuer ist, hoffte man laut Green bis zuletzt, "dass uns die Reglementänderungen in Hinblick auf die Tests die Möglichkeit geben, einen Windkanal mit einem größeren Team zu teilen, aber es sieht nicht so aus, als würde das passieren." Daher überlegen Mallya und sein Partner Subrata Roy nun, "in einen neuen Windkanal zu investieren", so Green.

2014: Kundenstatus als Nachteil

Davor muss Force India aber noch die Herausforderungen des neuen Reglements bewältigen. Bislang genoss man den enormen Vorteil, dass das Motorenreglement seit Ende 2006 stabil ist und man daher - abgesehen vom Herstellerwechsel von Ferrari zu Mercedes im Jahr 2009 - wusste, mit welchen Dimensionen und Werten man es zu tun hatte.

Das ändert sich 2014 gravierend. "Der Motor wird sich wie etwas anfühlen, das wir zum ersten Mal überhaupt sehen", vermutet Green. Da kommt es dem Team zugute, dass man durch die Verlängerung mit Mercedes zumindest "weiterhin mit den gleichen Leuten" arbeitet: "Wir kennen und verstehen unsere Arbeitsweise. Das hilft." Problematisch ist allerdings, dass Mercedes selbst ans absolute Limit gehen muss, um 2014 einen konkurrenzfähigen Antriebsstrang zu entwickeln. "Sie werden alles bis zur letzten Minute ausreizen", befürchtet der Technikchef. "Und das wird uns zusätzlich unter Druck setzen."

Warum? "Sie können das Getriebe für sich so bauen, dass es genau beim ersten Test im Januar fertig wird", erklärt Green. "Sie haben nämlich die Kapazitäten um zu reagieren. Sie arbeiten bereits mit dem minimalen Arbeitsfenster bei der Herstellung - für uns ist es aber noch kleiner, denn wir haben dann erst die Daten gesehen. Außerdem sind wir ein kleineres Team - das ist wirklich ziemlich schwierig. Wir werden sehen, ob wir das schaffen. Es ist eine schwierige Vorgabe."