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  • 14.07.2007 16:46

  • von Barbara Welsch

Fokus Logistik: Wettrennen von Strecke zu Strecke

Toyota-Teammanager Richard Cregan gibt Einblicke in die Arbeit des Logistikteams, das meist im Verborgenen arbeitet

(Motorsport-Total.com) - In der Formel 1 dreht sich alles um Autorennen. Aber neben den Kilometern, die die Autos am Sonntag auf der Strecke abspulen, findet hinter den Kulissen ein weiteres Rennen statt - das der Logistikteams, die im ständigen Wettlauf mit der Zeit die Boliden, hunderte von Ersatzteilen und Ausrüstungsgegenständen rechtzeitig zur Strecke transportieren müssen. Außerdem muss das rund 90-köpfige Team vor Ort verpflegt und dorthin gebracht werden, es müssen Hotels gebucht und angemessene Arbeitsbedingungen geschaffen werden.

Titel-Bild zur News: Richard Cregan

Richard Cregan ist bei Toyota für die komplette Logistik verantwortlich

Das ist keine einfache Aufgabe. Bei Toyota in Köln ist Teammanager Richard Cregan für die Logistik verantwortlich. Sobald der Rennkalender für eine Saison feststeht, beginnen Cregan und sein Team mit der Buchung von Flügen und Hotels und - sehr wichtig - mit der Planung, wie die Autos zu den über fünf Kontinente verstreuten Rennstrecken kommen. Und zwischen den Rennen bleibt kaum Zeit, einmal richtig durchzuatmen.#w1#

Dieser Wettlauf gegen die Zeit zeichnet den Motorsport aus und laut Cregan braucht man für eine solch komplexe Aufgabe jede Menge Erfahrung: "Wichtigste Grundvoraussetzung für eine gute Logistikplanung ist Erfahrung im Bereich Motorsport allgemein", erläutert er. "Wir müssen uns klare Ziele setzen. Wir stellen am Anfang jeder Saison einen Jahresplan auf. Sobald der Rennkalender von der FIA abgesegnet wurde, setzen wir uns mit den verschiedenen Abteilungen zusammen und legen fest, wann die Trucks starten müssen, wann das Equipment vor Ort sein soll, und dann planen wir alles so, dass es passt."

Für die Rennen außerhalb Europas werden die Autos, Ersatzteile und das restliche Equipment per Flugzeug befördert. Innerhalb Europas jedoch, wo 2007 neun der 17 Rennen stattfinden, wird alles von Köln aus im LKW quer durch den Kontinent transportiert. Sieben LKW-Fahrer sind dafür verantwortlich, die vier Trucks mit allem, was das Team vor Ort brauchen könnte, zu beladen. Und dabei darf nichts, aber auch gar nichts - von der Glühbirne angefangen bis zu Ersatzteilen für den Motor - vergessen werden. Dafür stehen zwei Tage zur Verfügung, danach geht es auf die Straße. Ein LKW-Fahrer spult pro Saison rund 30.000 Kilometer ab.

Markus Bürger, Teamleiter Boxenequipment und Trucks erklärt: "Wir nehmen circa 38 bis 39 Tonnen an Ausrüstung mit zu jedem Grand Prix. Bei den Europarennen ist es ein bisschen mehr, weil wir hier das ganze Equipment per PKW transportieren - Arbeitstische und jede Menge Extrasachen für die komplett ausgestatteten Büros." Die eigentliche Arbeit beginnt dann aber vor Ort, wenn die Trucks an der Rennstrecke ankommen. Dort muss alles ausgeladen und die Boxen müssen aufgebaut und eingerichtet werden.

Bis alles perfekt ist und die Computer für die Telemetriedaten, die Werkzeugschränke und die ganzen Teile, die für einen Formel-1-Boliden wichtig sind, ausgepackt und aufgebaut sind, vergehen bis zu acht Stunden. Eine Box misst zwischen 120 und 180 Quadratmeter. Fehler und Probleme in der Infrastruktur der Boxen können schwerwiegende Konsequenzen haben, wenn die Arbeit auf der Strecke beginnt. Alle Ersatzteile müssen bei Bedarf sofort bereit stehen. Und das sind nicht nur Ersatzreifen oder ein paar Ersatzglühbirnen wie in einer normalen Autowerkstatt - in einer Formel-1-Box muss im Notfall ein ganzes Auto zusammengeschraubt werden.

Dazu Cregan: "Normalerweise haben wir genügend Teile in den LKWs, um ein weiteres Auto zu bauen. Wir haben also insgesamt vier Autos dabei - eines in Form von Ersatzteilen und drei komplette. Gerade am Anfang der Saison, wenn das Auto und die technischen Vorschriften noch neu sind, ist dies schwieriger. Aber wir müssen diese Aufgabe meistern." Natürlich kann nicht für jede Eventualität vorgesorgt werden. Manchmal werden eben mehr Ersatzteile benötigt als gedacht oder Teile gehen unterwegs verloren. Jedes Teil hat aber eine eigene Seriennummer und kann ohne großen Zeitverlust aus dem Werk direkt an die Strecke gebracht werden.

Für Cregan besteht die Herausforderung in seinem Job nicht darin, das Auto so gut wie möglich zu machen. Sein Ziel ist, dem Team an der Strecke alles zur Verfügung zu stellen, damit es das Maximum aus seinen Fähigkeiten herausholen kann: "Wir aus der Logistikabteilung haben keinen großen Einfluss auf die Performance des Autos, wir können aber die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Leute an der Strecke die bestmögliche Leistung bringen können. Unsere Arbeitstage sind zum Teil sehr lang und wir arbeiten bis spät in den Abend. Aber wir tun unser bestes, damit das Team perfekte Arbeitsbedingungen vorfindet", so der Teammanager abschließend.